Games-Kritik

„Silence of the Siren“ im Early-Access-Test: „Heroes” mit Space-Maulwürfen

Klone des Klassikers „Heroes of Might and Magic” gibt es viele. Aber so „Heroes“ wie diese Sci-Fi-Variante war lange keiner mehr – leider mit allen Schwächen.

Unsere Widersacher finden wir schon im Logo des Spiels: Die Kinder der Quelle, aka humanoide Rieseninsekten. | © Oxymoron Games

07.10.2024 | 07.10.2024, 18:30

Wenn man uns fragt, was natürlich niemand tut (wie schon Gimli, der Zwerg, wusste), kann es gute Neuauflagen bewährter Spiele eigentlich nicht genug geben. Als jüngstes Beispiel dafür darf „Silence of the Siren“ gelten, das der Formel des Klassiker-Rundenstrategiespiels „Heroes of Might and Magic III“ bisher mit am treuesten bleibt – auch wenn der kryptische Name das nicht unbedingt erahnen lässt. Das hat Vor- und Nachteile, denn natürlich war auch „Heroes“ nie so perfekt wie in unserer Erinnerung. Leider erbt „Silence of the Siren“ deshalb auch ein paar Schwächen. Wir ziehen nach rund zehn Spielstunden ein erstes Fazit zum Early-Access-Titel (der also in den kommenden Monaten noch erweitert und verbessert werden soll).

Was hat uns gefallen?

Zeitlos schön und wuselig: Die Karte voller Gegner, Ressourcen und Boni-Gebäude. - © Oxymoron Games
Zeitlos schön und wuselig: Die Karte voller Gegner, Ressourcen und Boni-Gebäude. (© Oxymoron Games)

Erst mal: Das Spiel ist in einem für Early-Access-Verhältnisse schon ziemlich reifen Zustand erschienen. Technische Probleme wie Ruckler oder Abstürze gibt es schon jetzt nur sehr selten. Klar: Wer wie wir auf dem Steam-Deck spielt, der sollte das Ladekabel wegen der noch fehlenden Optimierung eingesteckt lassen. Sonst ist der Akku allzu schnell leer.

Dafür glänzt die isometrische Optik (also von oben herab) im schönsten „Heroes“-Stil: Einheiten, Städte, Ressourcen und die fremdartigen Planetenoberflächen der Spielwelt sind knackscharf, das Design reduziert, aber stimmig. Und auch der Umfang ist mehr als ordentlich: Fünf Kampagnen mit jeweils mehreren mehrstündigen Missionen soll das fertige Spiel bieten. Und einen Editor, um sich selbst eigene Maps zu erstellen. Klasse!

Gehört in jeden Heroes-Klon: Die Stadtansicht, in der wir jedes neu gebaute Gebäude sofort sehen. - © Oxymoron Games
Gehört in jeden Heroes-Klon: Die Stadtansicht, in der wir jedes neu gebaute Gebäude sofort sehen. (© Oxymoron Games)

Und: Das Spiel holt uns genau da ab, wo uns „Heroes“ mal zurückgelassen hat. Praktisch alle Mechaniken funktionieren so wie beim großen Vorbild von vor 25 Jahren. Wir erkunden mit unseren Helden rundenweise die Karte, haben dafür immer nur ein paar Schritte zur Verfügung, tragen Kämpfe aus und bauen unsere Stadt mit neuen Gebäuden aus, die uns neue Einheiten, Boni und Attacken bescheren. Die Kämpfe sind fordernd, die Einheiten haben spannende Eigenheiten, die erfolgreich einzusetzen wir erst nach und nach lernen. Trotzdem: Eingewöhnungsprobleme werden Serienveteranen keine haben, die Nostalgie spielt für die Entwickler zumindest beim Gameplay die erste Geige.

In Sachen Story schlägt „Silence of the Siren” dafür eher in die Kerbe Monty Python. In der Kampagne geben sich Weltraum-Maulwürfe und übergroße, religiöse Insekten die Ehre. Der heilige Ernst rechtschaffener Königreiche, die Helden in den „Heroes“-Spielen zur Schau trugen, wird hier regelmäßig veralbert. Wenn unser Maulwurf-Held mal wieder zu einer „Ich werde mich fürchterlich rächen“-Tirade ansetzt, erntet er dafür vom genervten Sidekick nur ein angestrengtes Seufzen. Die Textboxen haben wir jedenfalls deutlich lieber gelesen als so manche in „Heroes III“.

Was hat uns nicht gefallen?

Die Kämpfe sind bildschön animiert und erfordern Hirnschmalz. Ohne Verluste aus ihnen hervorzugehen, ist noch immer ein erhebendes Gefühl. - © Oxymoron Games
Die Kämpfe sind bildschön animiert und erfordern Hirnschmalz. Ohne Verluste aus ihnen hervorzugehen, ist noch immer ein erhebendes Gefühl. (© Oxymoron Games)

„Silence of the Siren“ spart mit echten Neuerungen. Das ist an vielen Stellen kein Problem, Nostalgie ist dem Spiel auf den meisten Wegen ein guter Begleiter. Blöderweise nervt uns eine Idee der Entwickler im Spielverlauf zunehmend.

Gab es in „Heroes“ noch alle sieben Tage neue Einheiten in der Hauptstadt, so verlaufen die Feldzüge hier in Viererschritten. Das heißt: Um neue Einheiten für die zahlreichen und herausfordernden Kämpfe abzuholen, müssen wir viel häufiger in unsere Städte zurückkehren. Meist haben wir in den Kampagnenmissionen zwar zwei Helden zur Verfügung, können also einen als Truppentransporter nutzen. Trotzdem haben wir das Gefühl, dass wir langsamer vorankommen. Was uns zum zweiten Problem führt.

Denn die Kämpfe können wir dank freier Speicherfunktion zwar jederzeit neu laden (und dann sein lassen), wenn sie uns mal arg viele Einheiten kosten. Aber wenn nach einer freien Erkundungsphase, in der wir unsere Truppen in etlichen Scharmützeln aufgerieben haben, plötzlich der Gegner (mit einer vordefinierten Truppenstärke) in unser Gebiet einfällt, sind wir meist einfach chancenlos. Und dann hilft auch kein Neuladen mehr, denn die zuvor verlorenen Einheiten gibt uns natürlich keiner zurück.

Schon in der zweiten Mission der ersten von irgendwann fünf Kampagnen waren wir deshalb gezwungen, nach mehreren Stunden noch mal ganz von vorne anzufangen. Das nervte schon in „Heroes“ und das nervt auch jetzt wieder in „Silence of the Siren“. Die Idee des vor ein paar Monaten erschienenen „Songs of Conquest“, statt einer Hauptstadt mehrere Vorposten über die gesamte Karte zu verteilen, hatte dieses Problem schlau bekämpft. Die Wege zur nächsten Kaserne sind so kürzer, Truppenbestände schneller wieder aufgefüllt.

Jedenfalls ist es ärgerlich, wenn wir, nur um eine Kampagnenmission beenden zu können, weniger von der Karte erkunden dürfen. Hier hat die Nostalgie die Entwickler in dieselbe Sackgasse geführt, in die schon das Vorbild gelaufen ist.

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Unser Fazit zu „Silence of the Siren“

„Silence of the Siren“ ist bestmögliche Unterhaltung für alle, die nicht genug von der altgedienten „Heroes“-Formel bekommen können und denen zu kreative Neuerungen eher die Erinnerungen an das Original verwässern. Die paar Ideen der Entwickler bekommen „Silence of the Siren“ aber leider auch nicht immer. Das Setting und der humorige Ton in den Dialogen sind da noch die besten, weil tatsächlich erfrischend.

Serienveteranen wie wir, die mittlerweile einfach nicht mehr so viel Zeit zum Spielen haben, halten also fest: Ein schöner Ausflug in die Erinnerung ist „Silence of the Siren“ schon jetzt. Das spiegeln auch die Steam-Reviews. Das Potenzial ist da – und wer sein Spiel in einem so ermutigenden Zustand veröffentlicht, den begleitet unsere ehrliche Hoffnung, dass es bis zum vollständigen Release nur noch besser werden kann.

„Silence of the Siren“ ist im Early Access für PC (Steam, Epic) erhältlich, kostet in diesem Zeitraum rund 30 Euro und ist freigegeben ab 12 Jahren.