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„Songs of Conquest“ im Test: Würdiger Erbe für „Heroes of Might and Magic“

Nach zwei Jahren im Early Access ist das Indie-Spiel für Fans von Rundenstrategie-Fantasy ein gefundenes Fressen – auch wenn man den Pixel-Look mögen und Geduld fürs Feintuning haben muss.

Die Pixeloptik ist stimmig, aber natürlich kein Grafikbrett. Aber dass es das nicht sein muss, hat „Heroes 3“ schon vor 25 Jahren gewusst. | © Coffee Stain

24.05.2024 | 24.05.2024, 17:58

Den Soundtrack von “Heroes of Might & Magic 3” mache ich mir auch heutzutage noch an, wenn ich konzentriert arbeiten muss. Kein Gesang, nur die klassischen Hymnen, die mich früher auf der wunderschönen Pixel-Map durch zahllose Schlachten und vor den bildschönen interaktiven Stadtansichten begleitet haben. Nostalgie kann man das schon nicht mehr nennen. Es ist ein Ganzkörperbad in einem Gefühl.

25 Jahre ist „Heroes 3“ jetzt schon alt. Material für die Hall of Fame der Spiele! Und dann kommt – für mich – aus dem Nichts das Indie-Spiel „Songs of Conquest“, nennt sich eine Hommage an die Rundenstrategie-Klassiker von damals – und wischt mit denen dann auch gleich mal den Boden auf.

Ist „Songs of Conquest“ das bessere „Heroes“?

Vor dem Kampf können wir unsere Truppen an strategisch klugen Positionen aufstellen. Bogenschützen auf die Hügel! - © Coffee Stain
Vor dem Kampf können wir unsere Truppen an strategisch klugen Positionen aufstellen. Bogenschützen auf die Hügel! (© Coffee Stain)

„Songs of Conquest“ schafft es wie jede gute Hommage, die Essenz des Originals zu bewahren. Aber es verändert das Gameplay so schlau, dass mir die Neuauflage bald besser gefällt.

Erstmal zu dem, was es beibehält: Wir bewegen unsere Helden rundenweise über eine pixelige Weltkarte, sammeln Ressourcen und Einheiten ein, verbessern unseren Helden mit gefundener Rüstung und Waffen, neuen Fähigkeiten und Zaubern, die wir dann im Kampf gegen Monster immer neu ins Gefecht werfen. Im Laufe der vier Kampagnen dürfen wir irgendwann auch Städte errichten, die wir mit neuen Gebäuden für Buffs oder zur Ausbildung neuer Einheiten erweitern.

So decken wir nach und nach die Karte auf, und wenn alles Klein- und Großvieh vernichtet ist, reiten wir siegreich in den Sonnenuntergang. Die Story ist dabei nicht viel mehr als die Leinwand für die Schlachtengemälde, die wir darauf verewigen. Auch das darf man Genre-Standard nennen. Trotzdem ist es einfach immer wieder aufs Neue großartig, eine frische Karte zum ersten Mal zu betreten und sich nach und nach alle Ressourcen unter den Nagel (und unseren Gegnern den Hintern auf-)zu reißen. So weit, so bekannt.

Vier Ideen machen ein besseres Spiel

Hexfelder! In den Kämpfen sind die Einheiten nacheinander an der Reihe, besonders schnelle dürfen früher angreifen – und manche sogar zweimal. - © Coffee Stain
Hexfelder! In den Kämpfen sind die Einheiten nacheinander an der Reihe, besonders schnelle dürfen früher angreifen – und manche sogar zweimal. (© Coffee Stain)

Doch „Songs of Conquest“ schafft es durch ein paar geniale Kniffe, das Spielgefühl sanft zu verfeinern, wo „Heroes“ bisweilen etwas statisch war. Die wichtigsten hier einmal kurz zusammengefasst:

Städte bauen wir direkt auf der Karte aus, auf der wir auch umherziehen. Mit jedem Upgrade schalten wir mehr Bauplätze frei, auf denen wir je nach Bedarf unterschiedliche Gebäude hochziehen, die ebenfalls ausgebaut werden können. Einheiten rekrutieren wir am jeweiligen Gebäude. Das heißt: Wir können, was wir doch nicht brauchen, auch wieder abreißen und was Neues aufbauen. Das alles führt dazu, dass man nicht in jeder neuen Mission dieselben Städte aufbaut, sondern immer eine für die Mission passende Bastion errichten kann. Clever!

Von den Einheiten darf unser Held nicht unbegrenzt viele mitnehmen. 20 Bogenschützen, 30 Soldaten, 50 Armbrustschützen: Jeder Stapel ist gedeckelt, Upgrades heben die Obergrenze ebenfalls nur leicht an. Dafür kann unser Held bei Stufenaufstiegen neue Stapelplätze freischalten (bis zu 9).

In Summe beseitigt das einen meiner persönlich größten Kritikpunkte an „Heroes“: Dort tauchte nach Stunden des mühevollen Auf- und Ausbauens unserer Heldenfähigkeiten gerne mal plötzlich der völlig übermächtige KI-Gegner auf, der meine von den Scharmützeln mit wilden Kreaturen dezimierte Armee im Handstreich erledigt. Dann blieb meist nur die Möglichkeit, neu zu laden – oder von vorne zu beginnen. Das löst „Songs of Contest“ deutlich fairer, zumindest in den zwei Kampagnen, die wir bisher absolviert haben. Wer’s knackiger mag, kann aber auch in die höheren der drei Schwierigkeitsgrade wechseln.

Einheiten vermehren sich nicht wöchentlich, sondern täglich. Man kann also jederzeit fix auch kleine Verluste in den eigenen Reihen wieder auffüllen und muss nicht bis zum Beginn einer neuen Woche warten.

Die Kämpfe lassen sich durch schlaues Einheitenplatzieren zu unseren Gunsten beeinflussen. Das können wir vor jedem Kampf je nach Terrain neu machen. Fernkämpfer schießen zum Beispiel von erhöhter Position aus weiter, sind aber für gegnerische Schützen auch exponierter. Wir überlegen also jedes Mal wieder genau, welche Taktik sinnvoll ist. Und selbst wer alle Kämpfe simulieren lässt, bekommt je nach Einheitenplatzierung unterschiedliche Ergebnisse. Die gut erreichbare Schnellladen-Taste war jedenfalls nach kürzester Zeit unser bester Freund.

„Songs of Contest“ und das Steam Deck

Insgesamt dürfen wir in vier Kampagnen à vier Missionen unsere Fähigkeiten unter Beweis stellen. Je nach Volk verändern sich die Umgebungen teilweise spürbar. - © Coffee Stain
Insgesamt dürfen wir in vier Kampagnen à vier Missionen unsere Fähigkeiten unter Beweis stellen. Je nach Volk verändern sich die Umgebungen teilweise spürbar. (© Coffee Stain)

Was wir außerdem nicht erwartet hätten: Das Spiel steuert sich hervorragend auf dem Steam Deck, also quasi mit Controller, der hier wie der Mauszeiger funktioniert. Manches Menü lässt sich zwar nur etwas umständlich erreichen, aber die gute Optimierung von zwei Jahren im Early Access merkt man nicht nur hier, sondern auch beim Stromverbrauch. „Songs of Conquest“ lutscht den Akku bei weitem nicht so schnell leer wie andere neue Spiele.

Was natürlich auch an der reduzierten Pixel-Optik liegt. Die ist noch einmal ein gutes Stück gröber als bei „Heroes 3“ – den Stil muss man mögen. Ein weißes Quadrat als Heldenauge? Muss reichen. Weil handgezeichnete Zwischensequenzen und situative Dialogfelder für einen Hauch Dramaturgie sorgen, haben wir uns an den liebevollen Art Style aber schnell gewöhnt.

Unser Fazit

„Songs of Conquest“ kratzt mich als Fan der „Heroes“-Serie an genau den richtigen Stellen. Das Abenteuer einer frei erkundbaren Karte, die Taktik der Kämpfe, das ständige Verbessern und Ausbauen: So muss sich „Heroes“ anfühlen – auch wenn’s nicht so heißt. In den Kampagnen lernen wir als Serienveteranen nach und nach, was hier anders funktioniert als beim großen Vorbild. Und danach können wir auf vorgefertigten oder sogar zufällig generierten Karten unser ganzes Können ausspielen. Damit fühlt sich „Songs of Conquest“ für mich als Serienveteran wie eine Reise in die Vergangenheit an, auf die ich meinen ganzen Hightech-Kram aus der Moderne mitnehmen durfte. Ein wenig wie nach Hause kommen, aber weiser.

„Songs of Conquest“ ist erhältlich für PC (Steam), kostet rund 30 Euro und ist empfohlen ab 12 Jahren.