Pünktlich zum Start der Skisaison hat die Zugspitze ihr goldenes Gipfelkreuz zurückbekommen. Kaum waren die ersten Skifahrer aus der Gondel der Bayerischen Zugspitzbahn gestiegen, schwebte das Kreuz bei strahlendem Sonnenschein am Gipfel auf 2.962 Metern Höhe ein: Ein Helikopter brachte das 4,88 Meter große und 300 Kilogramm schwere Stück an Tragegurten vom Tal zurück auf Deutschlands höchsten Berg. Das Kreuz musste restauriert werden, weil Besucher es mit Aufklebern zugepflastert hatten.
Für die Kunstschmiedin Andrea Würzinger war die Rückkehr ein bewegender Moment: Gut zwei Wochen hat sie in ihrer Werkstatt in Eschenlohe an dem Kreuz gearbeitet und es von oben bis unten mit neuem Blattgold überzogen - eine echte Herausforderung, auch wegen der Größe des Kreuzes, sagt sie.
Sticker, Sticker und nochmal Sticker
Zuerst musste sie mit größter Vorsicht hunderte Aufkleber entfernen, die teils in drei Lagen am Kreuz klebten. Rund 900 Stück Blattgold von acht mal acht Zentimetern Größe brauchte sie, um dem berühmten Gipfelkreuz an der Zugspitze seinen Glanz zurückzugeben.
Früh am Morgen brachte sie das Kreuz selbst auf dem Hänger zum Startplatz des Helikopters am Fuß der Zugspitze. Schon der Start seit aufregend gewesen, sagt sie - am wichtigsten sei gewesen, «dass es gut hängt».
Braucht ein Gipfel Gold?
Allein die Restaurierung kostet nach Angaben der Zugspitzbahn einen niedrigen fünfstelligen Eurobetrag, nicht eingerechnet der komplizierte Transport.
Muss es da oben, bei Wind und Wetter, wirklich echtes Gold sein? Doch da sehen weder Bayerische Zugspitzbahn noch Würzinger eine Alternative. Schließlich sei das Kreuz ein Wahrzeichen, und schon das erste originale Kreuz aus dem Jahr 1851, sei vergoldet, gewesen, erläutert die Sprecherin der Zugspitzbahn, Laura Schaper.
Als es nicht mehr zu restaurieren war, bekam Vater Franz Würzinger in den 1990er Jahren den Auftrag zum Bau des neuen Kreuzes. «Gold ist das edelste und beste, was man für einen Überzug nehmen kann», sagt Tochter Andrea. Schließlich seien auch Kirchturmkuppeln in Moskau vergoldet. «Lack hält auch nicht besser.»
Kleben verboten
Die Zugspitzbahn will die Sticker-Wut nun gezielt eindämmen. Erstmals weist ein Schild auf das Klebe-Verbot hin. Viele wüssten nicht, dass es sich beim Anbringen von Aufklebern um Sachbeschädigung handele, sagt Schaper. «Wir appellieren an die Vernunft der Gäste, das Gipfelkreuz mit Respekt zu behandeln.» Vorsorglich hat Würzinger das Kreuz nun mit einer Schutzfolie bezogen, auf der Sticker nicht gut haften.
Die Kunstschmiedin hat vorsorglich das gesamte Kreuz genau unter die Lupe genommen. Schon zweimal waren die unteren Zacken des Strahlenkranzes abgebrochen. «Wir haben alles überarbeitet und die Zacken neu befestigt.»
Akrobatik am Abgrund und ein Zweit-Kreuz
Würzinger vermutet, dass Besucher sich fürs Foto an die Strahlen hängen. Dabei könnten kleine Risse entstehen, sodass später ein Sturm reicht, um Zacken abzureißen, zumal in der Höhe neben dem Wind extreme Temperaturschwankungen auf das Material wirken. An der Kugel unterhalb der Strahlen musste sie zwei Dellen entfernen. Sie hätten ausgesehen, als habe sie jemand mit einem Eispickel verursacht.
Vielleicht beim Versuch, sich hochzuziehen. Mit teils akrobatischen Verrenkungen versuchten Besucher oft, ihren Aufkleber an noch freie Stellen zu bringen - oder ein spektakuläres Selfie nah am Abgrund zu schießen. Oben herrscht oft Gedränge - und der kurze steile Weg von der Bergstation zum Gipfel ist nicht ohne Gefahr. Oft liegt Schnee, der Fels ist von vielen Besuchern glatt gescheuert. Mancher trägt Turnschuhe oder ungeeigneteres Schuhwerk.
Zweit-Kreuz für Sticker
Um Gästen eine sichere Möglichkeit zu geben, Aufkleber anzubringen, hat die Bayerische Zugspitzbahn an der Bergstation ein kleineres Kreuz nach dem Abbild des Originals aufgestellt, das - golden foliert und lackiert - beklebt werden darf.
Bisher sei die Resonanz verhalten, nur wenige Sticker seien auf der Rückseite geklebt worden, sagt Laura Schaper. «Wir wollen jetzt unsere Gäste noch deutlicher dazu einladen, ihre Aufkleber an dem zweiten Kreuz anzubringen.»
Neuschnee schafft beste Bedingungen - Sorge um den Gletscher
Fast zeitgleich mit der Ankunft des echten Kreuzes am Gipfel liefen die Lifte am Zugspitzplatt an - bei besten Bedingungen, wie Schaper berichtet. In den vergangenen Tagen hatte es geschneit. «Das hat den Pisten gutgetan, so dass wir jetzt mit 60 Zentimetern Naturschnee in die Saison starten.» Der Andrang sei groß. «Es läuft alles gut. Wir freuen uns auf eine hoffentlich schneereiche Saison.»
Auch für den Skibetrieb hier oben wird allerdings der Klimawandel spürbar. Unklar ist, ob der Platt-Schlepplift laufen kann. Denn mit dem Abschmelzen des Nördlichen Schneeferners - einer von vier letzten deutschen Gletschern - ist der Ausstieg bei wenig Schnee zu steil für die Skifahrer. In der vergangenen Saison lief der Lift erstmals gar nicht.

