
Borgholzhausen. Wenn Mareike Thalau an die vergangenen Wochen zurückdenkt, bekommt sie immer noch Gänsehaut. Mit so viel Hilfsbereitschaft und Anteilnahme haben sie und ihr Mann David nicht gerechnet, als sie Anfang des Jahres den Schritt gingen, der so viel Überwindung kostete.
Weil ihr schwer kranker Sohn Lenjo (10) nicht mehr allein die Treppen des Eigenheims in Borgholzhausen bewältigen konnte, suchten sie die Öffentlichkeit. Sie baten um Spenden für einen 25.000 Euro teuren Lift. Schnell verbreitete sich der Aufruf in den Sozialen Netzwerken. Heute sagen die Zwei: „Das war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten.“
Lenjo leidet an Trisomie 21 - dem Down-Syndrom. In früher Kindheit diagnostizierten Mediziner zudem eine Muskeldystrophie Typ Duchenne (DMD). Die Kombination der beiden Gendefekte ist weltweit extrem selten. Dem Kinderarzt der Familie ist deutschlandweit kein weiterer Fall bekannt.
Höchste Spende beträgt 5.000 Euro
Behandelt wird der lebensfrohe Junge unter anderem mit Cortison. Das Medikament hilft dabei, das Fortschreiten der DMD-Erkrankung zu verlangsamen. Gleichzeitig sorgt es aber auch dafür, dass Lenjo extrem an Gewicht zunimmt. „Ich kann ihn nicht mehr tragen. Deshalb brauchten wir den Lift, den wir dank vieler Menschen da draußen jetzt auch schnell bekommen haben“, sagt Mareike Thalau.
Innerhalb weniger Wochen erreichte die Familie ihr Spendenziel von etwas mehr als 20.000 Euro. Den Rest der Kosten übernimmt die Krankenkasse. Viele kleine Beträge, aber auch einige höhere Summen - die großzügigste betrug 5.000 Euro - trafen auf dem Konto ein. „Wir sind immer noch überwältigt und danken jedem Einzelnen, der uns mit welchem Betrag auch immer unterstützt hat“, sagt David Thalau: „Wir hatten gedacht, dass wir einen kleinen Zuschuss erhalten - dass wir am Ende die ganzen Ein- und Umbauarbeiten davon finanzieren können, haben wir so niemals erwartet.“
Was die beiden zudem freut, sind die vielen netten Worte, die ihnen die Leute mit auf dem Weg gaben. Nicht selten standen kleine Botschaften und Mutmacher als Verwendungszweck auf den Überweisungsträgern. „Die ganze Aktion hat unser Vertrauen in die Gesellschaft noch einmal gestärkt“, sagt Mareike Thalau: „Wir haben eine unfassbare Solidarität gespürt.“
Bielefelder Firma baut den Lift Mitte April ein
Auch Sportvereine im Altkreis Halle beteiligten sich daran, indem sie den Aufruf teilten und ihre Reichweite im Internet nutzten. David Thalau hat lange im TuS Langenheide Fußball gespielt - seine zwei ältesten Söhne Jamie und Mio treten beim BV Werther gegen das runde Leder. „Beide Clubs haben die Aktion mit ins Rollen gebracht“, sagt David Thalau.
Mittlerweile ist der 41-Jährige passionierter Läufer - gerade erst hat er den Hermannslauf in unter drei Stunden beendet. „Sportlerinnen und Sportler halten im Ernstfall zusammen, das habe ich durch diese Aktion jetzt wieder aufs Neue erfahren“, sagt er.
Mitte April baute eine Bielefelder Firma den Lift ein. In wenigen Tagen waren die Arbeiten erledigt. Das Besondere an dem Hilfsmittel: Lenjo kann es selbst steuern. „Ihm macht es großen Spaß, mit dem Gerät zu fahren“, sagt Mareike Thalau: „Er winkt uns immer zu, wenn er ihn benutzt.“
Borgholzhausener bereiten Danksagung vor
Das Ehepaar ist froh, ein Stückweit Lebensqualität zurückgewonnen zu haben. Es schöpft dadurch ganz neuen Mut. Aktuell bereitet es eine Danksagung für die Unterstützerinnen und Unterstützer vor, die sich dann ebenfalls schnell im Netz verbreiten soll. „Gerne würden wir jedem persönlich die Hand geben. Wir sind einfach unendlich froh“, sagt Mareike Thalau.