Versmold. 210 Kilogramm. Soviel bringt Michael Bohnemeier am 8. August 2016 auf die Waage. Alltägliche Bewegungen fallen ihm schwer. Der Schlaf ist unruhig. Treppensteigen bringt ihn aus der Puste. Seine Kleidung muss er in Spezialgeschäften kaufen. „Auch wenn man damit lebt und die Leute einen so kennen, habe ich mich nicht wohl gefühlt", erzählt der 33-jährige Speditionskaufmann. Daher kann er sich an das Datum im vergangenen August auch genau erinnern. Denn an diesem Tag beginnt er ein neues Leben.
Wie viele andere übergewichtige Menschen probiert der Versmolder immer mal wieder Diäten aus. Ohne Erfolg. „Ich weiß genau, warum ich so viel gewogen habe. Außerdem fehlte die Kontrolle, da ich bis vergangenen Juli keine passende Waage hatte", sagt Bohnemeier. Herkömmliche digitale Haushaltswaagen enden in der Regel bei 150 Kilogramm.

Schließlich hört er im Freundeskreis von der sogenannten HCG-Diät. Bei dieser dürfen pro Tag nur 500 Kilokalorien aufgenommen werden. Außerdem werden Kohlenhydrate auf ein Minimum beschränkt. Dadurch soll der Stoffwechsel neu programmiert und damit der gefürchtete Jo-Jo-Effekt vermieden werden. Um einer durch die geringe Nahrungsaufnahme bedingten Mangelernährung vorzubeugen, müssen zusätzlich Vitalstoffe zugeführt werden. „Bei 500 Kalorien brauchst du die, um klar in der Birne zu bleiben", betont Bohnemeier, der von Anfang an großen Wert auf rein natürliche Nahrungsergänzungsmittel legt. Außerdem nimmt er das Schwangerschaftshormon HCG in Form von homöopathischen Globuli-Kügelchen ein, da dieses Heißhungerattacken und schlechte Laune verhindern soll.
„Früher habe ich gemacht, was gerade noch geht. Heute mache ich, worauf ich Bock habe"
„Am Anfang war ich skeptisch, da man die Ergänzungsmittel ja kaufen muss und die auch nicht billig sind", sagt Bohnemeier. Daher beginnt er die Diät ohne große Ziele und Erwartungen. Doch bereits nach einem Monat sind 22 Kilogramm runter. „Da brauchte ich nicht lange überlegen, ob ich weiter mache", berichtet Bohnemeier, „auch wenn ich in den ersten vier Wochen ungenießbar war". Verständlicherweise, angesichts einer Tagesration von 200 Gramm Magerquark mit ein paar Früchten sowie einem Salat mit etwas magerem Fleisch.
Doch »Bohne« gewöhnt sich daran. Seinen Job als Speditionskaufmann erledigt er weiterhin zuverlässig. In seiner Freizeit führt er die Handballer der Spvg. Hesselteich als Trainer zum Aufstieg in die Landesliga. Außerdem entwickelt er ein Bewusstsein für Ernährung und seine Inhaltsstoffe. Dinge, mit denen er sich vorher nie beschäftigte. Bis Weihnachten speckt er so 65 Kilogramm ab. Eigentlich will Bohnemeier die Diät zum Jahreswechsel beenden. Der Ehrgeiz ist aber geweckt. Und so lautet das neue Ziel 100 Kilogramm. Als Belohnung verspricht er sich ein neues Auto.
Anfang Mai hat er es geschafft. Nach einer dreiwöchigen Auszeit im Juni mit Zeltlager, mehreren Geburtstagsfeiern und der Mannschaftsfahrt nach Mallorca fängt Bohnemeier erneut an. Aktuell wiegt er 102 Kilogramm und hat damit 108 Kilogramm abgenommen. Sein neues Ziel sind 92 Kilogramm. Dann soll Schluss sein. Eine halbe Portion im klassischen Sinne wird er bei 1,78 Meter Körpergröße dann zwar auch nicht sein. Doch das ist ihm egal. „Früher habe ich gemacht, was gerade noch geht. Heute mache ich, worauf ich Bock habe", sagt »Bohne«.
Dass es zu der Art der Diät durchaus kritische Stimmen gibt, die aufgrund der rapiden Gewichtsabnahme vor gesundheitlichen Risiken warnen, ist Bohnemeier bewusst. Daher rät er eindringlich davon ab, mit der Methode auf eigene Faust zu beginnen: „Ich habe das zwar nicht mit ärztlicher Betreuung gemacht, aber ich hatte die komplette Zeit einen Experten an meiner Seite. Es ist wichtig, jemanden zu haben, der einem alles zu den Vitalstoffen im persönlichen Gespräch erklären kann. Denn was im Internet steht, muss nicht immer richtig sein."
Bohnemeier selbst kann bislang nur Gutes berichten. Sein Bluthochdruck ist weg. Seit Ende Oktober braucht er dafür keine Medikamente mehr. Sein Hautbild ist deutlich reiner geworden. Er schläft besser. Kleidung kauft er in normalen Geschäften: Statt Größe 6XL sind es Hemden in XL. Im Fitnessstudio treibt er nun selbst wieder Sport. Für die Mannschaftsfahrt nach Mallorca ist er zum ersten Mal in seinem Leben geflogen. Kurzum: „Das ist Lebensqualität mal hundert."