Halle. Er wäre wahrscheinlich auch ein ganz passabler Handballer geworden. Bis in die Kreisauswahl hatte es der D-Jugendliche der TG Hörste geschafft, als er sich vor zwei Jahren entschied, den Sport aufzugeben. Ein Grund dafür lag im wahrsten Sinne des Wortes vor der Haustür: „Mit dem Fahrrad bin ich in einer Minute am Golfplatz", erzählt Fynn Hessenkämper.
Ein anderer ist, dass der Neuntklässler in den vier Jahren, in denen er nun versucht, den kleinen Ball mit möglichst wenigen Schlägen ins Loch zu bugsieren, viel Talent und große Fortschritte bewiesen hat. „Ich sehe Fynn in einer Kategorie mit Julian Kunzenbacher und Timo Vahlenkamp", vergleicht sein Trainer Ralf Berhorst das Mannschaftsküken mit den beiden Aushängeschildern des Vereins. Und die haben es immerhin zum Profi und in den Nationalkader gebracht.
Neben Fynn Hessenkämper hat der GC Teutoburger Wald für das Heimspiel am Sonntag auch Spitzenspieler Julian Kunzenbacher gemeldet. „Wenn er beim Challenge-Tour-Turnier in Belgien den Cut verpasst, steht er für die Einzel zur Verfügung", sagt Trainer Ralf Berhorst. Unabhängig von der personellen Besetzung peilen die Gastgeber auf eigenem Platz mindestens Platz zwei unter fünf Teams an. „Unsere Konkurrenten Dresden und Ahrensburg haben beide noch Heimspiele. Da brauchen wir ein Polster", sagt Berhorst mit Blick auf den Abstiegskampf. Vor seiner Rückkehr nach Halle steht Timo Vahlenkamp. Der Jugendnationalspieler war vor der Saison zum Ligarivalen GC Stolper Heide nach Berlin gewechselt. Der Spieltag beginnt um 7.30 Uhr mit den Einzeln, die Vierer sollen ab 13.45 Uhr auf den Kurs gehen.
Talent, Fleiß und Fitnesstraining mit Vater Hagen
Nachdem er im Vorjahr den geteilten elften Platz bei der deutschen AK14-Meisterschaft belegt hatte und in den nordrhein-westfälischen Perspektivkader berufen wurde, erwischte Fynn Hessenkämper auch in die laufende Saison einen guten Start. „Ich habe mein gesamtes Spiel verbessert. Vor allem mache ich jetzt nicht mehr so viele dumme Fehler", stellt er zufrieden fest. Belege waren etwa eine starke 73er-Runde beim ersten DM-Qualifikationsturnier der AK16 Mitte Mai oder auch die 76 Schläge, die er bei seinem Einzeldebüt am zweiten Spieltag in Hamburg-Hittfeld für die Clubmannschaft hinlegte.
Sein Handicap steht aktuell bei 4,3. „Die Bedingungen für ihn sind optimal. Aber neben dem Platz zu wohnen, macht allein noch keinen guten Golfspieler aus. Fynn ist superfleißig und hat sich ins Team hineingefuchst", lobt Berhorst und stellt dem Youngster für Sonntag den nächsten Einsatz in Aussicht.

Obwohl, oder gerade weil, der Heimvorteil für den Realschüler auf dem schwierigen Haller Kurs so wörtlich zu nehmen ist wie für keinen anderen Spieler, kann Fynn Hessenkämper seine Aufregung kaum verbergen. „Ich versuche so zu spielen wie bei jedem anderen Turnier. Aber natürlich ist das ein echter Höhepunkt für mich", sagt er.
Um optimal vorbereitet zu sein, steht der Realschüler beinahe täglich auf dem Platz, manchmal bis in die späten Abendstunden. Vom Golffieber ist mittlerweile die ganze Familie gepackt. Seine kleine Schwester Julia (11) gehört schon zum Mädchenkader des GCTW. Vater Hagen (42) sattelte nach elf Jahren als erfolgreicher Handballcoach (bei HSG Gütersloh, TSG Harsewinkel und TG Hörste) im vergangenen Sommer um: Als ausgebildeter Golf-Physiotrainer und Diplom-Sportwissenschaftler gibt er seine Erfahrungen und sein Wissen aus dem Leistungssport nun an Spieler aller Alters- und Leistungsklassen im Verein weiter. „Auch wenn es viele nicht glauben: Eine 18-Loch-Runde zu spielen bringt für einen Golfer enorme körperliche Belastungen mit sich", weiß Hagen Hessenkämper.
Auch mit seinem Sohn hat er in den vergangenen Monaten viel an der Fitness gearbeitet. Der möchte eines Tages sein Geld mit dem Golfspielen verdienen. „Mein Ziel ist es ein guter Spieler auf der European Tour zu werden", sagt Fynn Hessenkämper. Der Abschied vom Handball hat sich für ihn aber schon heute gelohnt.