
Hannover. Eine „sehr gute Zweitligapartie“ und ein „Highlight-Spiel“ hatte sich Arminia-Trainer Mitch Kniat von der Begegnung bei Hannover 96 versprochen. Und tatsächlich bot das Duell beste Unterhaltung. Auch weil die Arminen dem Favoriten eine Halbzeit lang Paroli boten. Kniat und seinen Mannen war das aber allenfalls ein schwacher Trost. Zu klar wurden dem DSC bei der 1:3-Niederlage im zweiten Durchgang die Grenzen aufgezeigt, zu naiv schenkten die Bielefelder die Gegentore her.
Insbesondere beim 1:1-Ausgleich trat diese Naivität offen zutage. Mit einer Führung im Rücken verteidigten die Ostwestfalen bei einer eigenen Standardsituation auf der letzten Linie im Eins-gegen-eins. Diese Nachlässigkeit bestraften die Hausherren prompt. Keeper Nahuel Noll machte mit einem Abschlag das Spiel schnell und Marius Wörl stellte sich im Duell mit Husseyn Chakroun zunächst nicht clever an und hatte dann erhebliche Temponachteile.
„Die Aufteilung in der Situation war nicht so, wie wir es wollten. Wir standen falsch. Wenn du dann ins Laufduell mit einem schnelleren Spieler musst, sieht es immer blöd aus. So etwas darf nicht noch einmal vorkommen“, monierte Kniat das Verhalten seines Teams. „Wichtig ist, dass Wörl sich keine Rote Karte abholt.“
Doppelschlag kostet Arminia die Führung
Der erste Treffer der Hannoveraner, die mit Wiederanpfiff gehörig Wucht entfachten, bildete bei Arminia allerdings noch nicht das Ende der defensiven Konfusion. Keine zwei Minuten später durfte Chakroun über die rechte Seite vollkommen unbehelligt bis in den Strafraum marschieren und legte Hayate Matsuda das auf 2:1.
„Es ist extrem bitter, dass wir diesen Doppelschlag kassieren. Das ist extrem unnötig. Wir holen sie dadurch ins Spiel“, haderte Verteidiger Maximilian Großer. Auch Keeper Jonas Kersken ärgerte sich, das Spiel nach guter erste Halbzeit samt Führung durch Startelfdebütant Joel Felix „sehr schnell aus der Hand gegeben“ zu haben. „Wir waren zweimal nicht zu 100 Prozent aufmerksam. Hannover ist eine Topmannschaft in der Liga und nutzt das eiskalt aus, um zwei Tore zu machen.“
Bitter war der Doppelschlag insbesondere deshalb, weil sich die Arminen innerhalb von 111 Sekunden um den Lohn einer guten ersten Hälfte brachten. Trainer Kniat sah in den ersten 45 Minuten ein Spiel auf Augenhöhe. „Die zweite Halbzeit“, erklärte der 39-Jährige, „ging dann klar an Hannover. Aufgrund dessen geht die Niederlage in Ordnung.“
Kania bei Arminia außen vor
Den entfesselten Niedersachsen hatte der DSC kaum mehr etwas entgegenzusetzen. „Wir konnten nicht mehr hinterherlaufen, sind nicht mehr in die Zweikämpfe gekommen und haben das Feld nicht mehr kontrolliert bekommen.“
Dennoch wäre Arminia bis zum Elfmeter von Boris Tomiak in der Nachspielzeit aufgrund des knappen Rückstandes zumindest für einen Zähler infrage gekommen. Umso überraschender war es, dass Kniat bei seinen Einwechslungen Vincent Ocansey den Vorzug vor Julian Kania gab. Der 25-jährige Ocansey war im Sommer von Regionalligist Wuppertal zum DSC gewechselt, um die zweite Mannschaft zu verstärken. Kania hatte mit immerhin 14 Toren zum Aufstieg der Profis in die 2. Bundesliga beigetragen und mit seiner Trefferquote beeindruckt. „Es war eine taktische Entscheidung. Wenn Vince ein Kopfballduell gewinnt, kann er mit 34 km/h tief gehen. Bei Jule sieht das anders aus. Der würde ein paar Haken machen“, begründete Kniat.

Unter dem Strich stand für die Arminen die erste Niederlage nach einer Führung seit der 1:2-Derbypleite bei Preußen Münster im Januar 2024. Nach dem perfekten Saisonstart mit zwei Siegen und dem Erfolg über Werder Bremen im DFB-Pokal hält in Bielefeld mehr und mehr der harte Zweitligaalltag Einzug. Zwar seht der DSC mit zehn Punkten und Rang acht noch immer ordentlich da, doch von den vergangenen fünf Partien wurde lediglich eine gewonnen. Auch wenn die Hannoveraner zweifellos nicht die Kragenweite des Aufsteigers sind.
Schalke 04 kommt nach Bielefeld
„Es war der beste Gegner, den wir bisher hatten“, unterstrich Sportchef Michael Mutzel. „In den vergangene drei Wochen haben wir ein bisschen das Matchglück verloren. In den ersten Wochen sind die Schlüsselmomente noch auf unsere Seite gekippt.“ Der 46-Jährige blieb angesichts der Ergebnisse und des anstehenden Programms – die kommenden vier Gegner rangieren derzeit in der Liga in den Top 5 – dennoch gelassen. „Wir haben richtige Brocken vor der Brust, wir haben aber in jedem Spiel gesehen, dass wir auf Augenhöhe agieren können“, hob er hervor und ergänzte: „Ich habe am Anfang der Saison bewusst gesagt, dass man zehn, elf Spiele braucht, um zu wissen, wo man steht.“
Nächste Gegner für die Ostwestfalen ist der wohl größte Name in der 2. Bundesliga. Am Sonntag (13.30 Uhr) gastiert Schalke 04 in der Schüco-Arena. Wieder ein Highlight-Spiel. Die Arminen werden dann allerdings auf ein anderes Resultat hoffen.