Woodstock kommt nach OWL: Vier Zeitzeugen berichten in Paderborn

Paderborn. Eigentlich sind es nur vier alte Leute. Die haben etwas zu erzählen. Da mag mancher schon abwinken. Doch was die zu erzählen haben, hat es in sich. Alle vier waren nicht nur einfach live beim legendären Woodstock-Festival 1969 als Besucher dabei. Nein, sie haben mit organisiert, waren Festival-Fotograf, Ansager und Chef-Zeremonienmeister, rechte Hand von Cheforganisator Michael Lang oder PR-Managerin des Mega-Ereignisses. Damals waren sie in den 20ern ihres Lebens und hinter den Kulissen wichtige Leute. Und nun gastieren sie, in die Jahre gekommen, einen Abend in Paderborn, um in einer Slideshow mit vielen Fotos und natürlich Live-Musik über die Tage auf der Wiese nördlich von New York zu berichten. Für sie waren es mehr als nur die drei Konzerttage, denn das Orgateam war lange vorher da und blieb auch anschließend noch. Sie können auch über den Spirit of Woodstock berichten, an den es sich zu erinnern lohnt in der aktuellen, aufgeregten und zerstrittenen Zeit. &bdquo;The Spirit of Woodstock – still alive“ heißt die Reihe mit nur vier Auftritten in Deutschland, einer am 18. September im Deelenhaus in Paderborn. Woodstock als Musik- und Protestveranstaltung Woodstock war mehr als Musik. Es war auch eine Protestveranstaltung in, wie heute, aufgeregten Zeiten in den USA. Zerstritten über Rassenfragen und Krieg, Kultur und Drogen, Sex und Anstand begann möglicherweise in den 60er Jahren in den Vereinigten Staaten das, was heute in Zeiten der Regierung Trump offenbar wird. Die Gesellschaft verlor sich in toleranzlosem Streit der unterschiedlichen Lager. Schon damals prallten Andersdenkende auf einen unerbittlichen Staat mit seiner Polizeimacht. Nicht so in Woodstock. Die langhaarigen, seltsam gekleideten jungen Männer provozierten schon durch ihre Erscheinung die Elterngeneration und das Establishment. Und dass die jungen Frauen ähnlich seltsam gewandet waren, genauso dabei waren und provozierten, schockierte &bdquo;die Alten“ möglicherweise noch mehr. Die Mädels hatten doch eigentlich die Aufgabe, brav zu Hause zu sein. Ein friedvolles Mega-Ereignis in Zeiten des Streits In diese Zeit fiel die Idee von Michael Lang und anderen, ein großes Folk- und Rockereignis zu veranstalten. Woodstock. 50.000 Tickets wurden verkauft. &bdquo;Doch von überall machten sich viele, viele kleine bunte Autos auf den Weg zur Wiese von Bauer Max Yasgur“, sagt Ralph-Jörg Wezorke. Er betreibt inzwischen gemeinsam mit seinem Sohn in Paderborn das Unternehmen Lightpower, das Weltmarktführer für Lightshows großer und größter Konzerte ist. Die Paderborner sind bei Taylor Swift, den Rolling Stones, Adele, Ed Sheran und anderen Superstars als Lightverantwortliche dabei. So ist Wezorke mit vielen großen Künstlern der Branche und deren Management in Kontakt gekommen. Da war es dann nur ein kleiner Schritt, die Woodstock-Slideshow in seine Heimatstadt nach OWL zu holen. Der riesen Tross mit Ziel White Lake schwoll immer mehr an und den Veranstaltern wurde langsam mulmig. Davon und von den Tagen des Mega-Events berichten die vier Gäste. Vier Woodstock-Zeitzeugen berichten in Paderborn &bdquo;Sie erzählen ihre erlebte Geschichte von Woodstock, von den Schwierigkeiten, das Festival gegen den Willen der Behörden überhaupt auf die Beine zu stellen, vom Chaos während der Umsetzung und dem glücklichen Ausgang mit 500.000 Besuchern, von denen nur 50.000 ein Ticket hatten“, berichtet Wezorke voller Vorfreude auf den Abend. Da ist Rona Elliot (78). Sie war PR-Managerin von Woodstock und sollte später die bekannteste Musikjournalistin der USA werden. Edward Herbert Beresford &bdquo;Chip“ Monk (86) verantwortete die gesamte Technik und den Ablauf. In seinem Berufsleben war er der &bdquo;Godfather of R’n’R Productions“. Ticia Bernuth Agri (80) war die rechte Hand von Michael Lang und für alle Verträge zuständig. Und schließlich Henry Diltz (86), der einzige offizielle Fotograf. Seine späteren Werke der Musikfotografie gelten in Fachkreisen als legendär. Alle vier werden putzmunter 56 Jahre nach Woodstock erzählen. Live-Musik gibt`s natürlich auch. Sogar die Polizei war erstaunt Der Massenauflauf der vielen &bdquo;irren“ Musikfans verlief zwar chaotisch, aber friedlich. Selbst die eingesetzten Polizisten wunderten sich, dass die jungen Leute ihnen sogar halfen, ihre Polizeiautos aus dem Schlamm zu schieben, der aufgrund des Wetters das gesamte Gelände fast in einen Sumpf verwandelt hatte. Schließlich verstanden sie sich ja eigentlich als Gegner. Als ein Polizist beordert wurde, die Nacktbadenden aus einem nahe gelegenen Weiher zu treiben, sah er sich von der Aufgabe überfordert. Weil sich Hunderte im Wasser vergnügten. Wezorke grinsend: &bdquo;Heute heißt das Gewässer Naked Sea“. Wer sich mit Wezorke unterhält, muss Zeit mitbringen, denn auch er hat eine Anekdote nach der anderen aus der Musikszene zu erzählen. &bdquo;Es war Ausnahmezustand auf der Wiese, aber alles verlief friedlich. Da muss man sich heute noch drüber wundern“, sagt er, ohne selbst dabei gewesen zu sein. Zu jung war er damals – elf. Es sei erstaunlich, dass sich diese Friedfertigkeit auf andere Menschen übertrug. Über &bdquo;Chip“ Monk, den er bei seinen Konzertbegleitungen kennengelernt hatte, hat er die Organisatoren der kleinen Woodstockreihe der Gegenwart kennengelernt und sich gesagt: &bdquo;Das muss unbedingt auch nach Deutschland kommen.“ Die Einnahmen der Abende kommen bedürftigen Bühnenarbeitern zugute. Inzwischen treibt die Paderborner Veranstalter die Sorge um, dass das kleine Deelenhaus mit 150 Plätzen nicht ausreichen könnte, das Interesse der Menschen in OWL zu befriedigen. Nicht, dass es ihnen so gehe, wie dem original Woodstock, und viel mehr Besucher kommen als zu bewältigen. Eine Ersatzlocation ist schon in Aussicht.

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