Mutmaßlicher Drogenbaron aus OWL lebte Luxusleben in Spanien – wer ist Marc H.?

Minden/Barcelona. Das markante Hochhaus im Stadtteil Diagonal Mar in Barcelona gilt als nobel. Wer an dieser Adresse in der spanischen Mittelmeer-Metropole wohnt, hat Geld. So wie Marc H., ein Deutscher mit Brille und dunklen Haaren, der gebürtig aus dem Kreis Minden-Lübbecke stammen soll. Er wohnt Tür an Tür mit Barcelonas Elite, von seinem Balkon hat er besten Blick auf das Viertel und das Meer. Was wohl keiner seiner Nachbarn ahnt: H. soll – so der Vorwurf deutscher Sicherheitsbehörden – sein Geld mit einer Onlineplattform für Drogenhandel verdient haben. Als die spanische Policia National Mitte Juni plötzlich zuschlägt, ist der 30-Jährige davon augenscheinlich völlig überrascht. Die Einsatzkräfte haben Teile des Einsatzes gefilmt. Auf dem Video ist zu sehen, wie H. in den frühen Morgenstunden in Handschellen, mit heller Hose und auffälligem Hemd aus dem Luxusbau geführt wird. Andere Aufnahmen zeigen Polizisten, die Bargeld zählen und Luxusgüter wie eine beträchtliche Parfümsammlung. Laut Medienberichten soll er unter anderem eine Corvette und einen Mercedes besessen haben. Die Corvette trug nach Recherchen dieser Redaktion ein rumänisches Kennzecheichen. Erst vor wenigen Wochen wurde der teure Sportwagen von sogenannten &bdquo;Carspottern“ in einem Küstenort bei Barcelona gemeldet. Fotos in sozialen Netzwerken zeigen zudem, wie er mit Familienangehörigen in einem Nobelrestaurant teuren Champagner trinkt. Kosten laut Website des Restaurants: 900 Euro pro Flasche. Geht es nach den Ermittlern des Bundeskriminalamtes und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, dann konnte H. sich seinen Luxus nur aus einem Grund erlauben: Er soll das Darknet-Forum &bdquo;Archetyp Market“ geführt haben. Ein Forum, in dem Tausende Drogenbestellungen abgewickelt wurden – unter anderem für Cannabis, Heroin oder Fentanyl. Unter dem Namen &bdquo;ASNT“ soll er Administrator gewesen sein, mehrere Moderatoren sollen ihm geholfen haben. Laut Medienberichten soll er jeweils Provision von fünf Prozent aller Bestellungen erhalten und es so zu Reichtum gemacht haben. Razzien in mehreren Ländern Am Tag der Festnahme von &bdquo;ASNT“ zerschlugen die Sicherheitsbehörden auch das Netzwerk von &bdquo;Archetyp Market“. In den Niederlanden wurde in einem Rechenzentrum die Serverinfrastruktur sichergestellt und abgeschaltet. Vermögenswerte in Höhe von fast acht Millionen Euro stellten Polizisten bei Razzien in Spanien, Deutschland und Rumänien sicher. Später durchsuchten Ermittler weitere Objekte in Deutschland, nahmen in Schweden zudem sieben Personen fest. Doch wer ist der Mann, über dessen Darknet-Forum laut Ermittlern mindestens eine Viertelmilliarde Euro umgesetzt worden sein sollen? Eine spanische Zeitung nannte zuerst den ganzen Namen von Marc H. Sie identifizierte ihn auch als Hobbymusiker und Computerexperten. Und gab als Herkunft den Kreis Minden-Lübbecke an. Digitale Spuren führen nach OWL – und zur AfD Tatsächlich deuten einige Spuren auf das nördliche OWL hin. Zeitgleich mit H.s Festnahme durchsuchten Beamte des Bundeskriminalamtes auch ein Objekt in dem Landkreis. Im Internet finden sich alte Einträge über Marc H. als Experte aus dem Kreis Minden-Lübbecke für ein freies Content-Management-System zur Erstellung von Websites. Ein anderes Mal fällt sein Name als Großspender für die AfD: Laut Parteispenden-Datenbank soll er nahezu 13.000 Euro für die Partei im Kreisgebiet gespendet haben. Die Partei in Minden-Lübbecke betont, H. sei dort nie als Förderer oder Mitglied bekannt geworden. Ein Sprecher geht davon aus, dass die Spende an den Bundesverband gegangen sei. Hier kündigte ein Sprecher an, der Bundesschatzmeister werde den Vorgang prüfen, sobald er aus dem Urlaub zurück sei. Verdächtiger strebte dominierende Rolle an Darüber hinaus trat H. als Großspender für ein herzkrankes Mädchen auf, das zeitweise in einer Spezialklinik in Bad Oeynhausen behandelt wurde. Initiiert hatte die Spendenaktion eine Frau aus dem Kreis Minden-Lübbecke. Unter seinem mutmaßlichen Aliasnamen &bdquo;ASNT“ finden sich diverse Aussagen gegenüber alternativen Medien, in denen er von seinem Aufwachsen berichtet, von erstem Drogenkonsum und von seinem Kampfsporttraining berichtet. 2021 versprach er in einem solchen Interview: &bdquo;In fünf Jahren ist Archetyp der dominante europäische Marktplatz für Drogen.“ Aus jüngerer Vergangenheit finden sich auch Spuren aus Barcelona, wo er zum Beispiel als Unterstützer und Investor in Start-ups auftrat. Er biete Geld, sein Netzwerk und IT-Wissen, hieß es. &bdquo;ASNT“ hatte seit Jahren Festnahme im Kopf Letzteres brauchte er auch für die Führung von &bdquo;Archetype Market“. Das Darknet-Forum galt in der Szene als besonders anonym, weil die Bezahlung ausschließlich über die Kryptowährung &bdquo;Monero“ gelaufen sei, mit der Transaktionen nicht nachzuverfolgen sind. &bdquo;Archetype“ galt auch als der Marktplatz mit den meisten Drogenangeboten aus Deutschland. Insgesamt berichten Ermittler von etwa 17.000 Verkaufsangeboten (davon 2.800 deutsche Angebote) sowie von mehr als 3.000 Verkäufern und 612.000 Kundenkonten. Die Sicherheitsvorkehrungen für das Forum reichten am Ende aber nicht aus. Gegenüber einem Alternativmedium prognostizierte H. bereits 2023, dass die Sicherheitsbehörden eine &bdquo;immense und unverhältnismäßig große Menge an Ressourcen“ bereitstellen werden, um ihn zu ermitteln und den Marktplatz abzuschalten. Wenn er verhaftet werde, würde er &bdquo;über Nacht“ ersetzt, selbes gelte für den Markt. Dieser, so &bdquo;ASNT“ weiter, werde &bdquo;durch den nächsten Kopf der Hydra“ ersetzt.

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