Anwalt der Familie fassungslos über Missbrauchsfall in Höxter

Bielefeld/Höxter. Das Jugendamt Höxter hat einen Teenager mit auffälligem Sexualverhalten direkt neben einem Kindergarten untergebracht. Wenig später missbrauchte er ein Kind in unmittelbarer Nähe, mittlerweile steht er dafür vor Gericht. Zwar besuchte das Opfer die betreffende Kita nicht. Die Familie des Dreijährigen und ihr Anwalt sind dennoch fassungslos über das Vorgehen der Verantwortlichen. Der damals 14-Jährige soll schon länger in Obhut von verschiedenen Jugendämtern sein. Sein auffälliges Sexualverhalten, das sich auf Gleichaltrige bis hin zu Kleinkindern beziehen soll, sei auch schon seitdem bekannt gewesen, immerhin soll er deswegen bereits aus einer Unterbringung in Warburg geflogen sein. Mehr als 100 Einrichtungen soll das Jugendamt Höxter angefragt haben, um den Jungen unterzubringen – jedoch ohne Erfolg. Eine angeblich passende Unterbringung fand das Jugendamt Höxter schließlich im Herbst 2023 in Höxter in einer Wohnung der Lebenshilfe Brakel, ausgerechnet direkt neben einem Kindergarten. Junge schaffte Ausbruch trotz Sicherheitsmaßnahmen Zum Schutz trafen das Amt und die Lebenshilfe nach Recherchen dieser Redaktion einige Vorkehrungen. Im Haus soll extra für den Jugendlichen ein privater Sicherheitsdienst positioniert worden sein, der den Jungen auch außerhalb der Einrichtung begleitet haben soll. Fenster mit Blick zum Kindergarten sollen verklebt worden sein, allerdings nur von innen. Ebenso sollen die Fenster abgeschlossen worden sein. Wenn die Kindergartenkinder draußen spielten, soll der Fernseher extra laut gestellt worden sein, heißt es – damit der mittlerweile 15-Jährige die spielenden Kinder nicht hören konnte. Selbst Kinderbücher sollen nach Fotos durchsucht worden sein, die den Jungen womöglich hätten sexuell erregen können. Doch die Maßnahmen halfen offensichtlich nicht. Die Verklebung soll der Junge abgeknibbelt haben. Auch die verschlossenen Fenster sollen den Teenager nicht abgehalten haben. Mit etwas Gewaltanwendung, so heißt es, habe er das Badezimmerfenster geöffnet und sei auf das Dach des Hauses gelangt. Wenig später, im Juni 2024, soll er erneut unbemerkt ausgebüxt sein, diesmal schaffte er es, durch den kleinen Ortsteil von Höxter zu spazieren. Mehrere Gärten will er besucht haben, schließlich ist er in einen wenige Hundert Meter entfernten Kurpark gegangen. In dem Park spielte damals ein Vater mit seinem Kleinkind. Für einen kurzen Moment war das Kind dabei nicht im direkten Blickfeld des Vaters. Der Junge soll das Kind angesprochen und direkt danach angefangen haben, sexuelle Handlungen an ihm vorzunehmen. Als der Vater dazukam und offenbar Schlimmeres verhinderte, lief der damals 14-Jährige davon. Teenager gesteht Tat vor Gericht Die alarmierte Polizei stellte den Jungen schließlich in der Unterkunft. Wenig später wurde er in eine psychiatrische Einrichtung gebracht, wo er nach wie vor untergebracht ist. Laut Beteiligten soll er auch dort sexuelle Auffälligkeiten gezeigt haben. Der 15-Jährige steht aktuell vor Gericht wegen sexuellen Kindesmissbrauchs. &bdquo;Mein Mandant hat sich vollumfänglich eingelassen“, sagt sein Anwalt Thorsten Fust aus Lichtenau. Wahrscheinlich wird der Junge im Falle einer Verurteilung dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. &bdquo;Sprachlos“, wie er selbst sagt, zeigt sich derweil der Anwalt der Familie des Opfers. &bdquo;Mir fehlen die Worte“, fängt Daniel Koch-Meyer aus Brakel an. Die Eltern des Dreijährigen geben dem Teenager für die Tat nicht die Schuld. &bdquo;Der Junge ist krank und kann womöglich nichts für sein Handeln“, sagt der Fachanwalt für Strafrecht. Vorwürfe machen die Eltern und Koch-Meyer dagegen den Entscheidungsträgern: &bdquo;Wie kann es sein, dass ein Jugendlicher, dessen problematisches Sexualverhalten bekannt war, ausgerechnet neben einem Kindergarten untergebracht wurde? Und wie konnten die Verantwortlichen nur Sicherungsmaßnahmen ergreifen, die keinerlei Nutzen hatten?“ Auch Anwalt des Teenagers übt Kritik Auch Anwalt Fust übt Kritik an Behörden und Verantwortlichen. &bdquo;Bei meinem Mandanten handelt es sich grundsätzlich um ein krankes Kind. Statt diesem frühzeitig zu helfen, sorgen die Behörden dafür, dass es noch weiter traumatisiert wird.“ Zum Zeitpunkt des Prozessbeginns sei das Jugendamt Paderborn für den Jungen zuständig gewesen. &bdquo;Vor dem ersten Prozesstag gegen meinen Mandanten rief mich ein Mitarbeiter der Behörde an und fragte, ob ich den Jungen aus der psychiatrischen Einrichtung abholen und ins Gericht bringen könne“, sagt Fust. Das habe jedoch nicht geklappt. &bdquo;Also hat das Jugendamt eine künstliche Gefahr geschaffen: Seitdem wird der Junge jedes Mal mit Hand- und Fußfesseln von der Polizei ins Gericht gebracht.“ Für den Anwalt unverständlich. &bdquo;Kaum auszumalen, was das mit einem ohnehin kranken Jugendlichen macht.“ Der Kreis Höxter, stellvertretend für das Jugendamt, wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Eine Sprecherin verwies auf die Persönlichkeitsrechte des 15-Jährigen. Die Lebenshilfe Brakel ließ eine Anfrage unbeantwortet.

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