Kugelbombe für 45 Euro: Das Geschäft, das einem Mann aus OWL den Tod bringt

Bielefeld/Paderborn. Die Sprengkraft muss enorm gewesen sein, als ein 24-Jähriger aus Bad Wünnenberg (Kreis Paderborn) durch einen illegalen Böller in Geseke getötet wurde. Der Mann sei sofort tot gewesen und &bdquo;regelrecht zerfetzt“, heißt es aus Polizeikreisen. Den illegalen Sprengkörper zündete er selbst, gekauft hatte er ihn vorher über soziale Medien. Dort tummeln sich inzwischen Dutzende Händler für illegale Böller aus dem Ausland, darunter offenbar einige Personen aus OWL. Die Sicherheitsbehörden blicken besorgt auf den neuen Trend. Nach Informationen dieser Redaktion hatte der 24-Jährige den illegalen Sprengkörper über Snapchat gekauft. Kostenpunkt: 45 Euro. Am Silvesterabend zündete er den Böller auf einem Feld, nach aktuellem Ermittlungsstand alleine. Doch offensichtlich lief etwas schief – durch die Detonation wurde der Bad Wünnenberger getötet, seine Leichenteile sollen bis zu 60 Meter weit geflogen sein. Ein Bad Lippspringer (19) soll der Verkäufer der Sprengsätze sein. Er wurde festgenommen, seine Wohnanschrift durchsucht. Dabei fanden die Ermittler eine größere Menge Bargeld und pyrotechnische Gegenstände. Darunter auch sogenannte &bdquo;Kugelbomben“, die laut Staatsanwaltschaft Paderborn eine Nettoexplosivstoffmasse von 680 Gramm aufweisen und etwa so groß wie ein Handball sein sollen. Mit einem solchen Sprengkörper soll der 24-Jährige sich selbst auch in die Luft gesprengt haben. Nach Informationen dieser Redaktion wurden auch Drogen bei dem Verdächtigen gefunden, Staatsanwalt Kai-Uwe Waschkies wollte sich dazu nicht äußern. Hat der Verdächtige weitere Kunden versorgt? Der 19-Jährige, gegen den wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen und des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt wird, habe sich in den Vernehmungen geäußert, so Waschkies. Zu dem Inhalt wollte sich der Staatsanwalt jedoch nicht äußern. Offen bleibt vorerst auch, ob und in welchen Mengen der Verdächtige (womöglich illegale) Pyrotechnik an andere Personen verkauft haben könnte. Eine Auswertung der gefundenen Telefone dauert an, die Böller werden durch Spezialisten beim Landeskriminalamt (LKA) untersucht. Laut Waschkies spreche einiges dafür, dass auch weitere Personen bei dem jungen Mann Pyrotechnik gekauft haben. &bdquo;Wir haben leere Kartons gefunden“, sagt der Staatsanwalt. Auch in OWL bieten Kanäle Böller aus dem Ausland an In sozialen Medien (zum Beispiel Instagram und Telegram) gibt es Dutzende Kanäle, über die Pyrotechnik verkauft wird. Darunter Böller aus dem Ausland, die in Deutschland zum Teil verboten sind und beispielsweise deutlich mehr Sprengstoff beinhalten als zulässig. Dieser Redaktion sind mehrere entsprechende Profile bekannt, darunter auch Kanäle, deren Namen Rückschlüsse auf Orte in OWL zulassen. Solche &bdquo;Kugelbomben“, wie der Mann aus Bad Lippspringe verkauft haben soll, scheinen jedoch eher selten zu sein. Das LKA in NRW spricht dennoch von einem &bdquo;ernstzunehmenden Problem“ und einer &bdquo;Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit“. Deshalb seien speziell geschulte Kräfte gezielt in sozialen Medien unterwegs, um gegen die Verkäufer von Pyrotechnik vorzugehen. Generell habe der illegale Verkauf von Feuerwerkskörpern über soziale Medien zugenommen. LKA: Angebote erreichen oft junge Menschen Dabei nutzen die Verkäufer laut LKA bevorzugt Plattformen mit vielen Nutzern sowie unkomplizierter und anonymer Kommunikation. &bdquo;Dies ermöglicht es den Tätern, schnell und einfach eine große Anzahl potenzieller Kunden zu erreichen“, führt eine Sprecherin aus. &bdquo;Die Kommunikation für die Bestellung der Waren wird in der Regel über verschlüsselte Messaging-Dienste wie beispielsweise Telegram abgewickelt.“ Recherchen zeigen, dass viele Profile erst in der Zeit vor Silvester erstellt oder aktiv werden. Den Rest des Jahres passiert auf den Kanälen kaum etwas. Laut LKA-Sprecherin werden mit den Angeboten in sozialen Medien oft junge Menschen erreicht. Altersbeschränkungen oder Jugendschutz werden von den Anbietern illegaler Pyrotechnik oftmals ignoriert. Ermittler finden Kugelbomben in Bielefeld Für die Sicherheitsbehörden scheinen Ermittlungen trotz geschulter Kräfte oftmals schwierig. Immerhin nutzen die Täter laut LKA-Angaben Pseudonyme und verschlüsselte Kommunikationswege. &bdquo;Durch moderne Ermittlungsmethoden und gezielte Maßnahmen sowie eine enge Zusammenarbeit mit Plattformbetreibern schafft die Polizei NRW es jedoch regelmäßig, Täter zu identifizieren und strafprozessuale Maßnahmen einzuleiten“, betont die Sprecherin. Ein Beispiel verzeichnete die Polizei kurz vor Silvester. Am vergangenen Montag durchsuchte sie in Bielefeld eine Hinterhofverkaufsstelle, unter anderem für illegale Pyrotechnik. Dabei fanden die Ermittler auch Kugelbomben. Wieso illegale Böller so gefährlich sind Nicht erst der Fall in Geseke hat gezeigt, wie gefährlich Böller wie diese sind. An Silvester starben fünf Menschen durch teils illegale Pyrotechnik, darunter ein Mann aus Brandenburg, ebenfalls durch eine Kugelbombe. In Bielefeld soll eine Person von einem solchen Sprengsatz verletzt worden sein. Berichte über ähnliche &bdquo;Kugelbomben“ wie in Geseke und enorme Schäden gibt es aus diversen Städten in ganz Deutschland. Gefährlich sind solche illegalen Sprengkörper laut LKA unter anderem, weil die Sprengwirkung (oft bei hohem Sprengstoffgehalt) schlicht unterschätzt wird und die Zusammensetzung der Stoffe unbekannt ist. Ebenso fehle es oft an Erfahrung oder an Gefahrenbewusstsein. Selbst Terroristen werben offenbar für illegale Böller Erich Rettinghaus, NRW-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, spricht bei illegalen Böllern wie Kugelbomben von &bdquo;regelrechten Kriegswaffen“. &bdquo;Die Sicherheitsbehörden kommen trotz regelmäßiger Erfolge kaum hinterher, da die Ware oftmals unkontrolliert aus dem Ausland kommt und die Täter verschlüsselte Netzwerke für den Verkauf nutzen und absolut anonym auftreten“, betont er. Rettinghaus und andere Experten warnen, dass illegale Böller auch als brutale Waffe für Kriminelle oder Terroristen dienen können. Recherchen dieser Redaktion zeigen, dass die Böllertoten in Geseke und Co. auch von einem Sympathisanten der Terrororganisation &bdquo;Islamischer Staat“ (IS) aufgegriffen wurden. Auf einer Chatplattform schreibt er anderen Sympathisanten des IS auf Englisch mit Blick auf die Silvesternacht in Deutschland: &bdquo;Es ist erwähnenswert, dass Feuerwerkskörper als Waffen verwendet werden können.“ Sie seien eine Alternative zu Messern oder Schusswaffen.

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