Spion an der Decke: Vermieter zwingen Rauchmelder auf, die Daten sammeln

Bochum/Bielefeld. &bdquo;Das Plus für Ihr Zuhause: Sicherheit und Komfort“. Mit diesen Worten wirbt Deutschlands größter Wohn-Konzern Vonovia für den Einsatz des smarten Rauchmelders &bdquo;Multisensor plus“. Das Gerät warnt nach Angaben des Unternehmens vor Rauch, Hitze, Kohlenmonoxid und zeigt an, wenn gelüftet werden sollte. Datenschützer sind genau wegen dieser Funktionen alarmiert. Denn in ihren Augen verstößt der Einsatz der Geräte gegen das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Vermietern dagegen bieten die Geräte die Möglichkeit, die Miete zu erhöhen. Bislang kocht das Thema vor allem in Süddeutschland hoch. Denn in Hessen und Baden-Württemberg gilt die Rauchmelderpflicht für Bestandsbauten seit 2015. Gemäß den Vorgaben müssen die Geräte alle 10 Jahre ausgetauscht werden. Ergo hat das Wohnungsunternehmen Vonovia, das allein in Deutschland über 480.000 Wohnungen bewirtschaftet, &bdquo;einen Teil“ der Mieter seiner dortigen 60.000 Wohnungen angeschrieben, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilt. Ihnen hat man die Installation des &bdquo;Multisensor Plus“ angekündigt – inklusive einer monatlichen Mieterhöhung von sechs Euro. Dagegen wehren sich in beiden Bundesländern Mieter, die nicht wollen, dass ihre Wohnungsdaten gesammelt werden. Denn Datenschützer argumentieren, es sei anhand der ermittelten Werte möglich, Rückschlüsse über die Anzahl von Menschen in der Wohnung zu ziehen oder darüber, wann Menschen zu Hause seien. &bdquo;Häufig verwehren Mieter den Installateuren deshalb den Zugang“, sagt Maximilian Fuhrmann, Experte für Wohnungsunternehmen beim Deutschen Mieterbund NRW. Dagegen geht der Vonovia in Hessen jetzt mit Duldungsklagen vor. Auch auf NRW-Mieter kommt das Thema zu Doch nicht nur das Sammeln der Daten steht in der Kritik. Denn es gehört auch zu den von Vonovia angepriesenen Vorzügen des Geräts, dass es &bdquo;in datenschutzkonformer Weise“ anonyme Werte sammle und die über eine Funk-Funktion an eine App übermittle. Über die &bdquo;Mein Vonovia“-App könne der Mieter anschließend eine Klima-Auswertung und Lüftungshinweise erhalten. &bdquo;Doch wie soll das möglich sein, wenn die Daten doch anonym sind?“, fragt sich Mieterbund-Experte Fuhrmann. Vonovia argumentiert weiter, die Einwilligung sei freiwillig und könne jederzeit widerrufen werden. Wer die Zusatzfunktion nicht wünsche, dem würden die Rauchmelder mit deaktivierter Funkeinstellung geliefert. &bdquo;Das allerdings war bis Anfang November noch ganz anders“, sagt Fuhrmann. &bdquo;Bis dahin wurden die Geräte ausschließlich aktiviert geliefert. Mietern, die sich beschwerten, teilte Vonovia mit, sie könnten die Einstellung nach Lesen der 20-seitigen Bedienungsanleitung selbst deaktivieren.“ Erst nach massiven Protesten sei diese Vorgehensweise geändert und der Eintrag auf der Homepage des Konzerns umgeschrieben worden. Auch in NRW hält Vonovia Wohnungen, 110.000 sind es, 4.600 davon in Bielefeld. Vorerst wird es hier keinen Austausch der Rauchmelder geben, denn in NRW ist der erst zum 1. Januar 2027 fällig. &bdquo;Dann wird der Konflikt auch hier ankommen und nicht nur Vonovia-Mieter betreffen“, sagt Fuhrmann, der davon ausgeht, dass sich dann auch andere Groß-Vermieter für die Geräte interessieren werden. Denn die sind lukrativ fürs Geschäft: &bdquo;Durch die Zusatzfunktionen gilt der Austausch als Modernisierung – und die rechtfertigt vor dem Gesetz eine Mieterhöhung. Würde man die alten Rauchmelder durch ähnliche Geräte ersetzen, wäre das eine Instandhaltung – und die rechtfertigt keine Mieterhöhung.“ Im Fall Vonovia geht Fuhrmann davon aus, dass der Konzern abwarten wird, was die Richter in Hessen entscheiden und darauf sein Vorgehen in anderen Bundesländern abstimmt. &bdquo;Als Nächstes sind Sachsen-Anhalt und Bremen beim Rauchmelder-Tausch dran.“ Vonovia weist Vorwürfe als unwahr und spekulativ zurück Vonovia antwortet auf Anfrage, dass es derzeit keine konkreten Pläne für die Installation des &bdquo;Multisensor plus“ in NRW-Wohnungen gebe. Die Darstellung einer Journalistin von Zeit-Online aber, auf die sich in Folge weitere Medien bezogen haben, &bdquo;ist in weiten Teilen komplett unwahr und spekulativ und wir weisen sie zurück.“ Die Zeit-Journalistin Eva Wolfangel hatte angeprangert, der Konzern spioniere seine Mieter aus und setze sie einem unnötigen Sicherheitsrisiko aus. Kriminelle beispielsweise könnten die Daten abgreifen und so ausspitzeln, wann Mieter nicht zu Hause seien. Vonovia-Sprecher Olaf Frei teilte auf Anfrage dieser Redaktion mit, selbstverständlich stünden dem Mieter alle Funktionen wie beispielsweise Hitze- und Kohlenmonoxid-Warnung auch ohne Einwilligung zur Aktivierung der Funk-Funktion zur Verfügung. &bdquo;Knapp die Hälfte unserer Kunden haben jetzt schon der Übermittlung der Daten als Zusatzservice zugestimmt.“ Datenschutzbeauftragte NRW sieht Geräte kritisch In NRW und auch in anderen Bundesländern wappnen sich derzeit Datenschutzbeauftragte und Mieterschutz-Vereine für das Thema. So teilt ein Sprecher aus dem NRW-Ministerium mit: &bdquo;Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) untersucht derzeit hier eingegangene Beschwerden, die die konkrete Installation von Rauchwarnmeldern mit Zusatzfunktion betreffen.“ Unabhängig von einem konkreten Fall halte die LDI NRW es für geboten, dass Geräte mit Zusatzfunktionen nur installiert würden, wenn diese ausgeschaltet seien. &bdquo;Nutzer müssen laut Datenschutz-Grundverordnung selbst entscheiden können, ob sie diese zusätzlichen Funktionen auch nutzen und einschalten wollen.“ Beim Mieterbund OWL zeigt man sich besorgt angesichts des Themas. &bdquo;Der Einsatz dieser Geräte ist sehr bedenklich“, sagt Geschäftsführerin Sarah Bohnke. &bdquo;Und mit Sicherheit rechtlich unzulässig, weil in die Persönlichkeitsrechte von Mietern eingegriffen wird.“ Doch noch aus anderen Gründen kritisiert Bohnke die Geräte. &bdquo;Wir haben es ohnehin mit einem sehr ungleichen Kräfteverhältnis zwischen Mieter und Vermieter zu tun. Wo soll das hingehen, wenn Vermieter jetzt noch massenhaft Daten aus dem engsten privaten Lebensraum sammeln und vielleicht sogar bei Streitigkeiten vor Gericht verwenden dürfen?“

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