Frau Esdar, es scheint ein Aufreger-Thema zu sein, dass Sie am Freitag in Bielefeld gegen die Stadtbild-Aussagen des Bundeskanzlers demonstriert haben. Einige Medien haben breit darüber berichtet. Warum waren Sie dabei?
Wiebke Esdar: Das Motto war „Wir sind das Stadtbild“. Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass Bielefeld eine bunte und weltoffene Stadt ist, bei der niemand aufgrund seines Aussehens nicht dazugehört oder diskriminiert werden darf. Als Mit-Begründerin des Bündnisses gegen Rechts bin ich – wann immer es mir zeitlich möglich ist – bei den Demos dabei.
Was missfällt Ihnen am meisten an den Aussagen von Friedrich Merz?
Aufgabe eines Bundeskanzlers ist es, Lösungen für Probleme zu finden und die Gesellschaft zusammenzuführen. Die von ihm vorgenommene Pauschalierung führt aber eher dazu, unsere Gesellschaft zu trennen – und das nach dem Kriterium Aussehen. Das halte ich für falsch und verletzend.
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Wenden Sie sich damit gegen den eigenen Regierungschef?
Ich nehme mein Demonstrationsrecht wahr – wie es zum Glück in Deutschland jedem zusteht. In Berlin werde ich weiterhin konstruktiv mit dem Kanzler und der Union um Lösungen für unser Land ringen.
Sie sind auch Sprecherin der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion. Haben Sie mit so großem Aufsehen wegen der Demo-Teilnahme gerechnet?
Mir ist klar, dass ich eine Person des öffentlichen Lebens bin. Darum ist das schon okay. Mich irritiert nur, dass die Medien, die jetzt eine so große Aufregung daraus machen, gar meinen Rücktritt fordern, ohne mit mir gesprochen zu haben. Vielleicht hätte aber genau das die Empörung gefährdet?
Haben Sie noch weitere Reaktionen erhalten?
Seit der Berichterstattung in der Boulevardpresse und auf rechten Portalen laufen meine Mailpostfächer mit Beleidigungen und Gewaltfantasien voll. Wir werden prüfen, was wir davon zur Anzeige bringen. Gleichzeitig gibt es viel Zuspruch – auch von Kolleginnen und Kollegen aus der Bundestagsfraktion.