Preußisch Oldendorf. An diesem Haus ist nichts alltäglich. Aus der Vogelperspektive gleicht es einer begrünten Hügellandschaft aus sechseckigen, wabenförmigen Modulen. Vorbeifahrende Radfahrer nennen es das Maulwurfshaus. Für seine Bewohner und die Kinder aus der Nachbarschaft ist das Haus mit dem herrlichen Garten und dem Schwimmteich ein Paradies.
Als Claudia und Hans-Jürgen Beckmann sich 2011 nach einem Domizil umsahen, besichtigten sie auch das ungewöhnliche Haus mit Dachgarten in Bad Holzhausen. „Es ist zu groß, macht zu viel Arbeit, und trotzdem haben wir es gekauft", sagt Claudia Beckmann. Und bereut keine Minute. Das Paar hat viel Arbeit in das Grundstück investiert. Die Vorbesitzer hatten einen Investitionsstau hinterlassen. Der Garten war zugewachsen, der Teich verschlammt, das Haus aus dem Jahr 1991 benötigte eine Sanierung. Die Beckmanns haben die Ärmel hochgekrempelt und angepackt. Wasser und Gewächse mussten raus aus dem Teich und zehn Tonnen Kies hinein.

Ehepaar hat sich alles selbst beigebracht
Ihr Projekt ist nicht fertig, weil ihnen die Ideen für ihren Garten nicht ausgehen. Zeit und Mühe – das ist nötig für das 2.500 Quadratmeter große Grundstück mit dem 25 mal 19 Meter großen Teich. „Man muss kontinuierlich dranbleiben, von selber pflegt sich das nicht. Und ich würde keinem dazu raten. Aber es hat uns vom ersten Moment an nicht mehr losgelassen", so die 58-Jährige. Mit ihrem Mann macht sie alles selber. „Ich habe immer kurze Fingernägel, sonst wären sie schwarz", lacht sie. Sie kümmert sich um die Botanik und er ums Bauen wie Gartenwege pflastern sowie das Reparieren. Sie haben sich alles selbst beigebracht. Beide waren zuvor keine Gartenprofis. Hans-Jürgen Beckmann (67) stammt aus dem Münsterland und Claudia Beckmann ist Bielefelderin. Beide sind beruflich selbstständig.

„Der Teich entstand beim Hausbau, weil der Bauherr Lehm für die Wände des Hauses benötigte, der direkt aus dem eigenen Garten kam", weiß sie von den Vorbesitzern. Dass sie heute in dem 1,60 Meter tiefen Gewässer direkt vor ihren bodentiefen Wohnzimmerfenstern schwimmen gehen kann, hat eine Menge Arbeit gekostet. Schritt für Schritt haben sich die Beckmanns ihr Wissen um Garten und Teich erarbeitet. Sie nennen es ihr Bio-Kino und beobachten Schwalben, Meisen, Bussarde, Spechte, Milane, Libellen und sogar den Eisvogel am See. Auch die Schleiereule fühlt sich wohl.
Die Freude an ihrem Kleinod teilen sie gerne
„Manchmal arbeiten wir das ganze Wochenende durch im Garten und genießen am Abend unser Tageswerk auf unserer Sundowner-Bank am begrünten Wall", sagt sie. Gartenliegen gebe es nicht, die Beckmanns seien Macher und keine „Liegen-Typen". Aber sie seien niemand, „der den Rasen mit der Nagelschere schneidet". Hier sei nichts scheckheftgepflegt. „Der Garten soll leben", so Claudia Beckmann. Das meint sie wörtlich, denn jederzeit seien Nachbarskinder mit ihren Eltern willkommen.
„Wir möchten das kleine Paradies nicht exklusiv für uns haben, sondern mit anderen teilen", betont sie und freut sich, wenn Thore (5), Malea (3) und Caja (1) zum Spielen kommen. Thore hat sie sogar das Stand-up-Paddle-Fahren auf dem Teich gezeigt. „Menschen, die uns hier besuchen kommen, erleben ihren Aufenthalt als Urlaub. So haben doch insbesondere die Größe des Teichs und die vielen Rasenflächen eine beruhigende Wirkung auf gestresste Geister", sagt die Hausherrin.
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Neben unzähligen Gräsern und Seerosen zieren Froschlöffel und Sumpfdotterblume den Teichrand, es blüht mal gelb, mal blau. Auch am üppig bewachsenen Bachlauf, der als Filtergraben fungiert. Am See thront Lotti über allem und wurde schon häufig mit einer lebenden Person verwechselt. Lotti ist ein Kunstobjekt aus Terrakotta, eine lebensgroße Dame und ein Hingucker auf einer Holzterrasse am Ufer. Es sei Liebe auf den ersten Blick auf einem Gartenmarkt in Cloppenburg gewesen – genau wie zu dem goldenen Frosch, der am Ufer hockt.

In diesem Garten blüht immer etwas
Rosen sind die Leidenschaft von Claudia Beckmann. Gerade beginnt die zweite Blüte der Rosenbüsche im Innenhof neben den üppigen Hortensien. In der rosa-lilanen Ecke blühen Phlox, Gladiolen, Lavendel, Eisenkraut und Storchschnabel als Bodendecker. Der Kräutergarten mit Lorbeer, Rosmarin, Koriander oder die rote Ecke mit dem Perückenstrauch und Cana, Schmetterlingsflieder und das selbst designte Hochbeet mit Schnittlauch, Salat und Petersilie auf der Rückseite des Walls, auf dem Margeriten und Wolfsmilchgewächse gedeihen, die Astern im Herbst – das Grundstück ist ein Biotop voller Leben. Zwei bis drei Mal im Jahr klettert Claudia Beckmann auf den mit Steingewächsen bepflanzten pflegeleichten Dachgarten und zieht Löwenzahn und Schafgarbe heraus.

Aber: Wer es bei Trockenheit nicht schafft, der hat Pech gehabt. Im Garten der Beckmanns wird nicht gegossen. Und Kübelpflanzen gibt es nicht. Mit Schnecken, Maulwürfen oder Wühlmäusen, die andere Gartenbesitzer zur Verzweiflung treiben, gibt es in diesem Garten keine Probleme.
Wenn der Herbst kommt und die Blätter fallen, wird der Schwimmteich mit einem Netz abgedeckt. Dann helfen die Nachbarn mit, denn es habe sich eine über Jahre gewachsene, unkomplizierte Nachbarschaft entwickelt, die das besondere Ambiente auf diesem Grundstück noch ein bisschen lebenswerter macht. „Wir lieben es, unser Haus am See", sind sich Claudia und Hans-Jürgen Beckmann einig.