Mit vielen Fotos: Vom süßen Tierbaby zum Problemfall im Kreis Gütersloh

Kreis Gütersloh. Sind sie jung, sind sie ultraniedlich. Werden sie älter, werden sie zum Problemfall. So wie Pamela. Als Minischwein geboren, eroberte sie vor zwölf Jahren das Herz ihres Besitzers. Der kaufte gleich zwei Stück davon und quartierte die beiden in seinem Garten ein. Weil Pamela aber nie so richtig zutraulich wurde und inzwischen ihren Garten mit einem Kleinkind teilen musste, landete sie zwischen all den anderen Minischweinen bei &bdquo;Ebay &bdquo;Kleinanzeigen“. Die Entscheidung des Besitzers lautete: Das Schwein muss weg! &bdquo;Sie wird kein Model und keinen Schönheitswettbewerb gewinnen“, heißt es in der Annonce. Pamela schielt gewaltig und ihre Vorderfüße sind verkrüppelt. Was lustig klingt, ist in Wahrheit wenig witzig. &bdquo;Wer nimmt denn so ein altes Minischwein, wenn es aus einem Privatgarten ausrangiert wird“, fragt Astrid Reinke und liefert die Antwort gleich dazu: &bdquo;Keiner! Die will niemand haben.“ Und so steht Pamelas Schicksal stellvertretend für viele andere. Astrid Reinke vom Verein &bdquo;Achtung für Tiere“ in Varensell hat Erfahrung mit Minischweinen. Fünf Jahre lang lebte Freddy auf dem Hof, der nach seiner Rettung aus widrigen Umständen in Varensell alt werden durfte. Ein Glück für Freddy. Mit 17 Jahren ist er im März gestorben. &bdquo;Schweine werden locker 15 Jahre alt. Daran denkt nur bei der Anschaffung kaum einer“, so die Tierärztin. Lesen Sie auch: Mit Videos: Diese Tiere aus dem Gütersloher Tierheim suchen dringend ein neues Zuhause Lebenshof bekommt viele Anfragen wegen Minischweinen &bdquo;Die Leute denken, sie bekommen ein Schweinchen, das 25 Kilo wiegt.“ Aber die Tiere würden regelmäßig größer und schwerer als gedacht, 70 bis 80 Kilo seien keine Seltenheit. &bdquo;Neuerdings werden sie auch gerne als Teacup-Minischweine angeboten“, das Experimentieren mit der Rasse ist Reinke ein Graus. &bdquo;Mal ehrlich: Was wollen die Leute denn mit einem Schwein im Garten?“ Der Lebenshof in Varensell fängt auf, was als menschliches Vergnügen vorab Gefallen fand. &bdquo;Ich bekomme ständig Anfragen, ob ich Minischweine aufnehmen kann“, Reinke hat für diesen Trend kein Verständnis. Pamela fühlt sich sichtbar wohl auf ihrer neuen Wiese. Anfang Juli ist sie auf dem Areal von &bdquo;Achtung für Tiere“ eingezogen. Die große Bude von Freddy gehört jetzt ihr. &bdquo;Sie hatte weder eine Ohrmarke, noch waren ihre Klauen geschnitten“, und statt zwölf war sie plötzlich 14 Jahre alt, wie der Besitzer Astrid Reinke beim Abholen des Schweins erklärte. Er war froh, dass die 66-Jährige sich davon am Ende auch nicht mehr schrecken ließ. Wochenlang hatte er versucht, das Tier loszuwerden. Zugegeben, keine leichte Sache. &bdquo;Man darf Minischweine schlachten lassen“, erklärt Astrid Reinke. Kostenfrei ist das freilich alles nicht. Und stirbt ein solches Tier, hat der Besitzer klare Regeln einzuhalten. Weder darf man es im Garten beerdigen wie etwa die eigene Hauskatze, noch darf man es zum Tierkrematorium geben. Es muss in einer Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt werden, ein entsprechender Abtransport bestellt und bezahlt werden. Keine Ausnahmegenehmigung für Minischweine &bdquo;Bei Pferden und Eseln kann man eine Ausnahmegenehmigung beantragen, bei Schweinen nicht“, erklärt Astrid Reinke, die nach dem Tod von &bdquo;Charakterschwein“ Freddy versucht hatte, ihn vor der Verarbeitung zu Schmierstoffen zu bewahren. Keine Chance. Beim Tod der sogenannten Nutztiere kennt der Gesetzgeber keine Ausnahme - auch dann nicht, wenn das Schwein zuvor als zahmes Haustier gehalten wurde. Wer ein Minischwein kauft, muss es melden. Die Tiere müssen angemeldet werden beim Veterinäramt und der Tierseuchenkasse. &bdquo;Auch das wissen die wenigsten“, erklärt Reinke. Wegen der Afrikanischen Schweinepest sei eine doppelte Einzäunung der Wiesen vorgeschrieben &bdquo;und ein Schwein im Haus zu halten ist gar nicht erlaubt.“ Wie viele Schweine von Privatleuten gehalten werden, ist tatsächlich nicht klar. &bdquo;Die Zahl der Minipighaltungen kann nicht genannt werden, weil diese Tierkategorie im System nicht separat erfasst wird“, heißt es dazu aus dem Veterinäramt des Kreises Gütersloh. Tierschutzbeschwerden zur Haltung von Minipigs beziehungsweise Hängebauchschweinen seien eine Ausnahme - zwei, drei in den vergangenen fünf Jahren. Das Veterinäramt bestätigt die Beobachtungen von Astrid Reinke: &bdquo;Bei Routinekontrollen von Schweinehaltungen ergeben sich bei Hobbyhaltung von (Mini-)Schweinen besonders die Problemfelder der sicheren Einzäunung, Kennzeichnungsmängel und Klauenpflege.“ Und die Behörde nutzt die Gelegenheit, ausdrücklich auf das strikte Verbot des Verfütterns von Küchen- und Speiseabfällen an jegliche Schweine hinzuweisen. Lesen Sie auch: Gassi-Gänge mit 25 Tieren: Hallerin ist mit Hundesitter-Service erfolgreich Minischwein im Kreis Gütersloh ist etwas mager Pamela bekommt Müsli. Extra Schweinemüsli. Raschelt ihre neue Gastgeberin mit einer Schale Tomate, Gurke oder Banane, stoppt Pamela die intensive Gestaltung ihres Geheges freiwillig, schlendert aus dem Brennessel-Busch und wird ein wenig zutraulich. &bdquo;Schweine erkunden leidenschaftlich gerne ihre Gegend, sind neugierig und haben eine empfindliche Nase“, diesen Eigenschaften könnten Privatbesitzer kaum nachkommen, zumal Minischweine Herdentiere seien und nicht allein gehalten werden dürften. Pamelas Weggefährte von einst gibt es nicht mehr, eine Vergesellschaftung mit Artgenossen dürfte schwierig werden. Aber an tierischer Gesellschaft mangelt es dem Schwein nicht. &bdquo;Sie ist ein wenig mager“, stellt Reinke fest, &bdquo;sie bekommt jetzt Zinktabletten.“ Pamelas Klauen sind geschnitten und in den nächsten Wochen darf sie sich in Ruhe eingewöhnen. Anders als die Tierheime für die Aufnahme von Fundtieren erhält &bdquo;Achtung für Tiere“ für die Aufnahme von Tieren und deren lebenslange Versorgung keinerlei Unterstützung der Kommunen. Das gesamte Geld für die Tierversorgung und alle anderen Aktivitäten muss mit freiwilligen Spenden aufgebracht werden. &bdquo;Das macht die Arbeit sehr schwierig“, so Reinke, die seit vielen Jahren im Tierschutz aktiv ist. &bdquo;Der Verein würde sich über finanzielle Unterstützung, neue Mitglieder und aktive Hilfe sehr freuen.“ Und Pamela freut sich vielleicht auch über etwas: &bdquo;Wir werden sie künftig Rosi nennen. Ist doch viel schöner, oder?“

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