Halle. Acht Kliniken aus Ostwestfalen und dem Münsterland schlagen Alarm: Wegen der Corona-Pandemie drohen ihnen finanzielle Engpässe. In einer gemeinsamen Presseerklärung schreiben sie: "Isolierstationen wurden erweitert. Intensivstationen aufgerüstet und die Kapazitäten in den Krankenhäusern mussten aufgrund von Corona-Auflagen deutlich reduziert werden. Logische Folge: Die Erlöse der Kliniken sinken und die Liquidität der Krankenhäuser schwindet." Der Versorgungsauftrag für die Bevölkerung bleibe jedoch in vollem Umfang bestehen.
Beteiligt an der Erklärung sind das Klinikum Gütersloh, das Sankt Elisabeth Hospital Gütersloh, das Klinikum Bielefeld, das Franziskus-Hospital Bielefeld sowie das Mathilden-Hospital Herford, das Sankt-Vinzenz-Hospital Rheda-Wiedenbrück, das Marienhospital Oelde und das Klinikum Halle.
2020 hatte die Bundesregierung mit Ausgleichszahlungen schnell reagiert. Doch diese Regelung gilt nicht mehr. Jetzt wird alle paar Monate über den Modus neu verhandelt. Das halten die Krankenhäuser für gefährlich. Die finanzielle Schieflage könne binnen weniger Wochen bedrohlich werden, schreiben sie. Entscheide sich das Bundesgesundheitsministerium am 24. Februar nicht für eine Liquiditäts- und Budgetsicherung für 2021, drohe vielen der wirtschaftliche Kollaps. Je nach Klinikum betragen die Belegungsrückgänge seit knapp einem Jahr bis zu 20 Prozent, in Einzelfällen bis zu 40 Prozent.
Behandlung von Covid-Patienten erfordert mehr Personal
Dies bedeute aber nicht, dass der Arbeitsaufwand weniger geworden wäre: Die Behandlung von Covid-19-Patienten erfordere deutlich mehr Personal, teilweise müsse um Infektionen im Haus zu vermeiden, der vierfache Personalaufwand betrieben und Patienten könnten in Mehrbettzimmern aus hygienischen Gründen nicht mehr untergebracht werden. „Wir müssen einen hohen Aufwand betreiben, erlösen im Vergleich zum Normalbetrieb aber deutlich weniger Geld", sagt Dr. Stephan Pantenburg, Geschäftsführer des Sankt Elisabeth Hospitals und betont: „Wir müssen ökonomisch in der Lage sein, unsere Kapazitäten im Rahmen der Daseinsvorsorge im Jahr 2021 aufrecht zu erhalten".
„Bislang konnten wir diese Unterbelegung durch die vom Staat gewährten Ausgleichszahlungen gut kompensieren", sagt Maud Beste, Geschäftsführerin des Klinikum Gütersloh. Bekomme man ab Ende Februar bei sinkenden Inzidenzen diese Ausgleichszahlungen aber nicht mehr und könne gleichzeitig seine Kapazitäten nicht hochfahren, entstehe aber eine nicht kompensierbare Finanzierungslücke in der Gesundheitsvorsorge.
Viele geplante Operationen mussten verschoben werden
Hinzu komme, dass viele geplante Operationen verschoben wurden, da entweder die Anforderungen an die Intensivstationen zu hoch gewesen seien oder die Patienten sich aus Angst vor Corona einfach nicht mehr im Krankenhaus behandeln lassen. „Die Spätfolgen einer beispielsweise zu spät erkannten und behandelten Krebserkrankung führen oft zu Verlust an Lebensqualität und schlimmstenfalls auch Lebenszeit", sagt Dr. Georg Ruiter, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalvereinigung Ostwestfalen.
Fakt ist: Für alle acht betroffenen Kliniken und Krankenhäuser sinken die Erlöse und Umsätze massiv durch die verringerten Belegungen. Die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung kann deswegen ohne finanzielle Unterstützung durch den Bund in der Pandemie nicht ordnungsgemäß aufrecht gehalten werden.
"Wir möchten uns nicht an der Pandemie bereichern"
„Wir benötigen für das gesamte Jahr 2021 wirtschaftliche Stabilität und Planungssicherheit mit einem Finanzierungskonzept bis zum Jahresende und nicht nur im 14-Tages-Rhythmus", sagt Michael Ackermann, Geschäftsführer vom Klinikum Bielefeld. Gleichzeitig sei es wichtig, Entscheidungen zur Entbürokratisierung wieder wie in der ersten Pandemie-Welle zu bekommen. „Wir möchten uns nicht in der Corona-Pandemie bereichern, sondern bieten deswegen einen fairen Ganzjahresausgleich an", sagt Maud Beste.
Der Vorschlag: Die Liquiditätshilfe wird auf 90 Prozent der Ausgleichszahlungen des vergangenen Jahres begrenzt und die Ausgleichszahlungen am Ende des Jahres abgerechnet. Mehr- oder Mindererlöse im Vergleich zum Jahr 2019 können so ausgeglichen werden und es kommt zu keiner Überfinanzierung. Gefordert werden Liquiditätshilfen für alle Krankenhäuser. Kriterien wie Inzidenzquoten und Intensivbelegungen seien keine ausreichenden Belastungsmerkmale. Finanziert werden sollen die Ausgleichszahlungen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, an dem auch die privaten Krankenversicherungen zu beteiligen sind.
"Wenn man uns braucht, sind wir dann noch da?"
Vorteil wäre, dass die Krankenkassen durch diese Liquiditätshilfen keine Zusatzausgaben im Vergleich zu 2019 hätten, die nicht durch einen tatsächlichen Mehraufwand belegbar sind. Eine Refinanzierung durch zusätzliche Steuermittel sei nicht notwendig. Die Pandemie sei für alle eine besondere Herausforderung und man müsse ihr mit kreativen finanziellen und bürokratiefreien Lösungsansätzen begegnen. Die Krankenhausgeschäftsführer stellen sich die Frage: „Wenn man uns braucht, sind wir dann noch da?"