Universität Bielefeld

Spitzenforschung: Wertheranerin hilft beim Beschaffen von vielen Millionen Euro

Erika Sahrhage ist EU-Referentin an der Bielefelder Uni. Die studierte Biologin hat den weißen Laborkittel abgelegt und unterstützt Wissenschaftler heute an entscheidender Stelle.

Ursprünglich ist Erika Sahrhage studierte Biologin. Inzwischen ist sie ins Dezernat Forschungsförderung und Transfer gewechselt und unterstützt Wissenschaftler der Uni Bielefeld beim Stellen von EU-Anträgen. | © Anja Hanneforth

Anja Hanneforth
28.10.2025 | 28.10.2025, 11:13

Werther/Bielefeld. Nein, in englischer Sprache denkt Erika Sahrhage noch nicht. Ausgeschlossen wäre es nicht, denn die Wertheranerin ist an der Universität Bielefeld als EU-Referentin tätig. Sie unterstützt Professoren dabei, Anträge für Forschungsprojekte zu stellen. Häufig geht es um Anwendungs- und Grundlagenforschung, oft um Millionenbeträge - und alles in Englisch.

Eigentlich ist Erika Sahrhage studierte Biologin. 1992 hat die heute 63-Jährige ihr Diplom an der Uni Bielefeld gemacht. Danach war sie in verschiedenen Unternehmen tätig, stellte aber bald fest: „Die Laborarbeit ist nichts für mich.“

Sie tauschte den weißen Kittel gegen zivile Kleidung, wechselte erst ins Marketing zu einer Firma für Biotechnologie - und las 2011 zufällig die Ausschreibung zu einer EU-Referentinnen-Stelle an der Bielefelder Uni. „Ich habe mich beworben, und sie haben mich genommen.“

Jeder will die Gelder haben, die Konkurrenz ist groß

Seitdem ist Erika Sahrhage einfach gesprochen für das Beschaffen von Fördergeldern zuständig. Oder besser: Sie hilft Wissenschaftlern der Universität, an diese heranzukommen.

„Die Europäische Union unterhält ein riesiges Forschungs-Förderprogramm - eines der größten weltweit“, schildert die Wertheranerin. Es trage den Namen Horizon Europe, unterstütze Projekte in den Bereichen Forschung und Innovation und habe ein Volumen von mehr als 95 Milliarden Euro. Ausgelegt sei es für den Zeitraum von 2021 bis 2027.

Wer an diese Gelder kommen will, muss sie beantragen - und dies gut begründen. Hier kommt Erika Sahrhage ins Spiel. „Die Antragstellung ist sehr aufwendig. Jeder will die Gelder haben, die Konkurrenz ist groß“, schildert die 63-Jährige.

Die Professoren sind dankbar für die Unterstützung

Üblicherweise schreibt der Professor den wissenschaftlichen Teil des Sachverhalts, den er erforschen will, und formuliert einen Antrag auf Förderung. „Wir unterstützen dabei, lesen gegen und vervollständigen“, schildert Erika Sahrhage. Manche Anträge seien 70 Seiten lang. In ihnen ginge es auch um Aspekte wie Öffentlichkeitsarbeit, Budget-Planung, Gender-Equality, Patentschutz und geistiges Eigentum.

„Die Vorgaben für eine Förderung werden immer strenger. Auf der einen Seite finde ich das richtig, es macht eine Antragstellung aber auch immer anspruchsvoller.“ Viele Professoren seien daher dankbar für die Unterstützung.

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Oft handele es sich bei den EU-Projekten um Verbundprojekte, zu denen sich die Wissenschaftler internationale Partner ins Boot holen. Manchmal bis zu zehn verschiedene. „Und nicht nur aus der EU“, beschreibt Erika Sahrhage. Das könnten andere Hochschulen sein, oder auch Firmen.

Es geht auch um das Renommee der Bielefelder Universität

Die Bielefelder Uni ist auch im Bereich der Spitzenforschung tätig. - © NW
Die Bielefelder Uni ist auch im Bereich der Spitzenforschung tätig. (© NW)

Finanziell umfassten die Projekte schnell Volumina von mehreren Millionen Euro, seien aber meist auch über mehrere Jahre angelegt. „International tätig zu sein ist wichtig“, sagt Erika Sahrhage. Nicht zuletzt für das Renommee der Universität. „Je mehr Mittel wir einwerben, desto sichtbarer werden wir und desto größer unsere Reputation.“

Was die Inhalte angeht, hilft Erika Sahrhage bei Projekten quer durch alle Fakultäten. Es kann um Fluchtbewegungen gehen oder um die Untersuchung von Wechselwirkungen verschiedener Medikamente.„Das Spannende an meinem Beruf ist, dass ich hautnah mitbekomme, wo die Forschung aktuell steht und wohin sie sich entwickelt.“

Wertheranerin von der großen Abwechslung begeistert

Es gäbe aber auch den umgekehrten Weg. So würde die EU auch Wünsche äußern, in welchen Bereichen sie gern mehr Forschung hätte. „Bei fast allen Projekten geht es um die großen Linien. Um Projekte, die der Menschheit weiterhelfen.“

Auch für eine studierte Biologin mit einem guten Verständnis von Naturwissenschaften ist dabei nicht immer sofort der Kern eines Antrags ersichtlich. „Gerade hatte ich ein Projekt im Bereich Astrophysik auf dem Tisch“, muss Erika Sahrhage schmunzeln. Harte Kost. „Aber natürlich spannend. Mir macht die Abwechslung großen Spaß.“

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Eingereicht werden die Förderanträge alle online, und alle in englischer Sprache. „Die typische Bewilligungssumme liegt bei etwa 400.000 Euro“, so Erika Sahrhage. Sie habe aber auch schon bei Projekten unterstützt, wo es um mehrere Millionen ging.

In der Spitzenforschung geht es nicht ohne Drittmittel

„Gerade in der Spitzenforschung geht es nicht ohne Drittmittel“, betont Erika Sahrhage. Zwar falle nicht alles, was die EU fördere, unter den Namen Spitzenforschung. „Aber die Projekte müssen gut sein. Und dieser Bereich ist sehr kompetitiv.“

Sobald die EU eine neue Ausschreibung veröffentlicht, würden die Wissenschaftler schauen, ob das eigene Thema oder Forschungsprojekt dazu passt. Meist habe man dann mehrere Monate Zeit, den Antrag einzureichen. „Es ist schon passiert, dass die Deadline um 17 Uhr war, und der Professor um 16.59 Uhr den Antrag per Mail abgeschickt hat“, muss Erika Sahrhage lachen. „Wir versuchen allerdings, so etwas zu vermeiden.“

Nicht immer klappt es mit einer Förderung. „Dann sage ich den Forschenden immer, sie sollen nicht enttäuscht sein.“ Manchmal könnten sie ihren Antrag ein zweites Mal einreichen. „Das Gute ist, dass man einen Bewertungsbericht erhält, in dem aufgeführt ist, wo die Stärken und die Schwächen des Antrags lagen.“

Die EU überprüft den ordnungsgemäßen Einsatz der Gelder

So habe die EU ein streng festgelegtes Gutachterverfahren, beschreibt Erika Sahrhage. Alle Anträge würden mit Punkten bewertet, „und am Ende reicht es eben und es fließt Geld - oder eben auch nicht“.

Die EU überprüfe schließlich auch, ob die Gelder ordnungsgemäß eingesetzt wurden. Und das sei richtig, findet Erika Sahrhage. „Schließlich handelt es sich ja um Steuergelder.“

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