Herford/Werther/Borgholzhausen. Der Kreis Herford, und dort besonders Enger, Spenge und Bünde, gilt als Region mit einem hohen Bestand an Feldhasen. Aktuell droht den Verwandten der Kaninchen aber gleich durch zwei Erreger Gefahr: Zum einen durch ein verändertes Myxomatose-Virus, das statt Kaninchen nun Hasen befällt. Zum anderen durch die sogenannte Hasenpest, die Tularämie.
Erreger Nummer 1
Eigentlich sind die Feldhasen aus den Steppengebieten Osteuropas mit ihren kalten, trockenen Wintern und trockenen Sommern nach Westeuropa eingewandert, als im Mittelalter die Eichen- und Buchenwälder gerodet wurden. Ihre Anpassung an das kontinentale Klima ist auch ein Grund, weshalb die Tiere mit der aktuellen Witterung gut zurechtkommen, so Experten. Nach der aktuellen Hasenzählung des Deutschen Jagdschutzverbandes leben durchschnittlich 19 Hasen pro Quadratkilometer auf Feldern und Wiesen zwischen Nordsee und Alpen.
Der Kreis Herford lag in den vergangenen Jahren mit Zahlen von teils mehr als 35 Tieren weit über diesem Bundesschnitt. Er gilt zum Bereich „Westdeutsches Mittelgebirge“, wo ein Plus von 11 Prozent bei den Tierzahlen erfasst wurde.
Aktuell gibt es aber zwei Krankheiten, die den Bestand des mutmaßlichen Ostereier-Lieferanten in der Region beeinträchtigen könnten. Vom Niederrhein aus hat das Myxomatose-Virus OWL erreicht. „Wir beobachten, dass sich das Virus derzeit mit großer Geschwindigkeit ausbreitet“, erklärte Andreas Schneider vom Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen im Herbst 2024.
Gefährdete Art: Feldhasen-Nachwuchs - NRW liegt über Bundesschnitt
Myxomatose wird umgangssprachlich als Kaninchenpest bezeichnet
Das Virus wurde mittlerweile auf dem Gebiet der Stadt Bielefeld und in Gütersloh nachgewiesen. Der Erreger, der in der Vergangenheit allein für Kaninchen tödlich war, ist mutiert, und befällt jetzt die deutlich größeren Hasen, die bis dato immun gegen das Virus erschienen.
Unklar ist noch, wie genau sich der Erreger verbreitet. Derzeit gehen Wissenschaftler wie Luisa Fischer, promovierte Wildbiologin und Leiterin der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung NRW in Bonn, davon aus, dass der Erreger durch Stechmücken übertragen wird und sich deshalb so schnell verbreiten kann. Stechmücken, sogenannte Gnitzen, übertragen auch die für Wiederkäuer wie Schafe oder Kühe gefährliche Blauzungenkrankheit.
Um einen Überblick über das regionale Fortschreiten der umgangssprachlich als Kaninchenpest bezeichneten Myxomatose zu erhalten, sollten verendete Hasen von den Jägern zur Untersuchung eingeschickt werden. Übertragen wird der Erreger durch Stechmücken, die das Virus beim Blutsaugen an ihren Wirt weitergeben. Christian Rasche, Kreisjagdberater im Wittekindsland, geht davon aus, dass bei wärmerem Wetter und der Zunahme der Mücken letztlich auch in Herford Myxomatose-Fälle auftreten werden.
Das sagt ein heimischer Experte zur Hasen-Krankheit

„Die Sensibilität ist nach dem Ausbruch der Myxomatose beim Feldhasen in NRW sicher erhöht und bereitet uns durchaus Sorgen um eine unserer liebsten Wildarten“, erklärt Christian Rasche. Er ist Kreisjagdberater im Wittekindland.
„Grundsätzlich soll und will sich jeder Revierinhaber für einen angepassten und gesunden Wildbestand einsetzen. Dementsprechend werden die auf das jeweilige Revier zugeschnittenen Bejagungsstrategien angepasst“, erklärt Rasche. Das gelte sowohl bei zu hohen Beständen, um zum Beispiel Infektions- oder Wildunfallrisiken zu reduzieren, als auch bei Wildarten, die im Bestand rückläufig sind.
Rasche weiter: „Im Fall des Feldhasen heißt das, dass jetzt jeder Jagdpächter angehalten ist, auf mögliche Krankheitsausbrüche in seinem Revier zu achten, den Feldhasenbesatz im Vorfeld der Jagdsaison zu bestimmen und danach zu entscheiden, ob er guten Gewissens diese Wildart nachhaltig bejagen und verwerten kann oder ob in diesem Jahr darauf verzichtet wird.“ So werde aber von den Jägern im Kreis Herford grundsätzlich in jedem Jahr vorgegangen – unabhängig von möglichen Krankheitsausbrüchen.
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Zweite Krankheit kann auf den Menschen übertragen werden
Darüber hinaus gibt es einen zweiten Erreger, der zunächst im Nachbarkreis Lippe nachgewiesen wurde, mittlerweile aber auch über den Landkreis Osnabrück gefährlich nahe an den Kreis Herford herangerückt ist: die sogenannte Tularämie, umgangssprachlich auch Hasenpest genannt. 2024 wurden neun Fälle von Tularämie beim Feldhasen im Kreisgebiet Lippe nachgewiesen.
Nach dem Nachbarkreis Lippe ist der Erreger auch bei Tieren aus der unmittelbaren Nachbarschaft Spenges und Bündes nachgewiesen worden. Nach dem bisherigen Stand wurden mehrere Tiere in Melle tot aufgefunden und der Erreger bei Untersuchungen in den Tieren gefunden. Demnach könnten auch Tiere im Altkreis Halle, besonders in Borgholzhausen und Werther, bedroht sein. Im Wittekindsland wurde bisher noch kein Fund eines an Tularämie verwendeten Feldhasen bestätigt, gleichzeitig erscheint es angesichts der Funde nahe der Kreisgrenze allerdings nur eine Frage der Zeit zu sein.
So stecken sich Menschen an den Krankheiten an
Bei der Tularämie handelt es sich um eine durch Bakterien hervorgerufene Erkrankung. Während Tularämie beim Hasen zumeist binnen Tagen zum Tode führt, hängen die Symptome beim Menschen davon ab, wie das Bakterium in den Körper gelangte: So können sich grippeähnliche Symptome mit hohem Fieber, Lymphknotenschwellung, Kopf- und Gliederschmerzen, Durchfall oder Erbrechen einstellen, so das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Tritt der Erreger über kleine Wunden in den menschlichen Körper ein, bilden sich schlecht heilende Geschwüre.
Auch Hunde können sich in seltenen Fällen infizieren. „Privatpersonen, die einen verendeten Hasen oder Kaninchen auffinden oder Tieren mit mangelndem Fluchtverhalten begegnen, sollten sich an die Revierleitung wenden oder die Polizei verständigen, die Tiere aber nicht anfassen“, so die niedersächsischen Experten auf ihrer Internetseite.Neben der Hasenpest hat auch ein mutierter Erreger der Myxomatose die umliegenden Kreise erreicht. Er wurde bisher in Bielefeld und im Kreis Gütersloh festgestellt. In ?den Jahren zuvor war das Virus auf der Iberischen Halbinsel nachgewiesen worden und hatte dort Feldhasen getötet.