Das Wertheraner Gymnasium sucht überraschend eine neue Schulleitung

Werther. Zumindest für Außenstehende kommt die Nachricht überraschend: Christian Kleist, seit 2017 Leiter des Evangelischen Gymnasiums, ist Ende April in den vorzeitigen Ruhestand gegangen. Wie Marcus Wöhrmann, Geschäftsführer des Schulvereins, gegenüber dem Haller Kreisblatt bekannt gibt, sei die Stelle bereits neu ausgeschrieben worden. Mit einer schnellen Neubesetzung rechnet er allerdings nicht: "Es ist unwahrscheinlich, dass wir zum kommenden Schuljahr bereits eine neue Leitung haben", sagt er. Realistischer sei eine Neubesetzung wohl eher zum Schulhalbjahr Anfang 2024 oder sogar erst zum neuen Schuljahr 2024/25. Schüler, Lehrer, Eltern und das übrige Team des EGW werden sich also noch eine Weile gedulden müssen, bevor sie wissen, wer künftig die Schule leiten wird. Laut Stellenausschreibung wird die Person die Geschicke von aktuell 680 Schülerinnen und Schülern sowie 60 Lehrkräften der drei- bis vierzügigen, staatlich anerkannten Privatschule lenken, die auf eine mehr als 130-jährigen Tradition zurückblicken kann. Ausgeschrieben ist die Stelle daher auch nicht von staatlicher Seite, sondern vom Schulverein, Träger des EGW. Gesucht wird eine Person mit Führungsqualitäten, die die vielfältigen Aufgaben einer Schulleitung "kompetent, strukturiert und sachbezogen" bewältigt. Erwartet wird, dass der Bewerber/die Bewerberin die Schule positiv entwickelt und "Bedingungen für gelingendes Lernen und Lehren" wirkungsvoll gestaltet. Dazu sollte er/sie ein "überzeugendes Personalmanagement, einen kooperativen Führungsstil und Effizienz bei der Gestaltung der Verwaltungs- und Organisationsprozesse" sowie eine "ausgeprägte persönliche Kompetenz" mitbringen. Erwartet wird darüber hinaus eine loyale und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem ehrenamtlichen Vorstand des Schulvereins, dem hauptamtlichen Geschäftsführer, dem Kollegium, den Abteilungsleitungen, dem Team der Verwaltung, dem Sekretariat, dem Offenen Ganztag und natürlich mit den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern. Übernahme einer Schulleiterstelle ist für einen Lehrer praktisch ein Berufswechsel Obwohl die offizielle Bewerbungsfrist am 18. Juni endet und die Stelle zum 1. August dieses Jahres neu besetzt werden soll, hält Marcus Wöhrmann dies in Anbetracht der Kürze der Zeit für eher unrealistisch. "Als Schulleiter muss man gewisse Qualifikationen und Fortbildungen nachweisen, die der Kandidat oder die Kandidatin möglicherweise erst noch erwerben muss", nennt er einen Grund. Je nach Bewerbungslage werde man die Frist daher noch einmal verlängern. Gar nicht einschätzen kann Wöhrmann, ob sich Kolleginnen oder Kollegen aus den eigenen Reihen bewerben. "Mir gegenüber hat sich jedenfalls bislang noch niemand geäußert." Vielleicht auch darum, weil der Wechsel vom Lehrer zum Schulleiter kein leichter ist. Marcus Wöhrmann formuliert es so: "Für einen Lehrer bedeutet die Übernahme einer Schulleiterstelle praktisch einen Berufswechsel - weg vom Unterrichten hin zum Organisieren, Managen und Administrieren. Das ist nicht für jeden etwas." Sabine Koch wird sich nicht auf die Schulleiterstelle bewerben Das bestätigt Sabine Koch. Seitdem Christian Kleist Anfang 2022 nicht mehr als Schulleiter tätig ist, hat sie als Stellvertreterin das Amt kommissarisch übernommen, unterstützt von Thorsten Becker, der als Mitglied der erweiterten Schulleitung eigentlich für die Stundenplanung zuständig ist. "Nein, ich werde mich nicht auf die Stelle der Schulleitung bewerben", sagt Sabine Koch mit Bestimmtheit. Sie sei zwar seit vielen Jahren stellvertretende Schulleiterin, seit 13 Jahren Oberstufenkoordinatorin und seit 15 Monaten nun kommissarische Schulleiterin - "aber ich bin hier als Lehrerin angetreten, das war und ist mein Berufswunsch. Und diesen Beruf möchte ich gerne wieder ausüben." Eigentlich seien ihre Fächer Mathe, Englisch und Sport. "Aktuell unterrichte ich nur sechs Stunden Sport in der Woche, mehr ist zeitlich einfach nicht drin. Doch mein Herz schlägt für die Kinder und Jugendlichen, darum möchte ich unbedingt wieder voll als Lehrerin arbeiten." Das EGW hat inzwischen eine Findungskommission aus Vertretern von Vorstand, Schulleitung, Kollegium, der Gleichstellungsbeauftragten und dem Geschäftsführer eingerichtet, um zu gegebener Zeit über die Neubesetzung zu entscheiden. Dass ausreichend gute Bewerbungen bei der Schule eingehen, zieht Wöhrmann nicht in Zweifel. "Es ist eine attraktive Stelle, zumal es bei einer Privatschule wie der unseren mehr Gestaltungsmöglichkeiten als an einer staatlichen Schule gibt." Bis er die neue Leitung begrüßen kann, schätzt er sich glücklich, Sabine Koch und Thorsten Becker im Amt zu wissen. "Sie machen ihre Sache ausgezeichnet. Darüber bin ich wirklich froh."

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