HK+
Mutter geschockt: Schüler (12) verschickt Pornos im Homeschooling

Statt am Digital-Unterricht teilzunehmen, hat ein zwölfjähriger Schüler aus Werther mit seinen Freunden Pornos geguckt und geteilt. Die Mutter findet es heraus und ist geschockt. Sie fordert einen besseren Schutz der Kinder.

Ein zwölfjähriger Schüler guckte während des Unterrichts Pornofilme. | © Jonas Damme

Anja Hanneforth
24.03.2021 | 24.03.2021, 17:28

Werther. Es kommt vieles zusammen: Die Corona-Pandemie, der Lockdown, kein Treffen mit Freunden, kein Unterricht in der Schule, stattdessen Homeschooling in den eigenen vier Wänden. Dem zwölfjährigen Jungen fällt es schwer, sich auf den Lernstoff zu konzentrieren, viel zu leicht lässt er sich während des digitalen Unterrichts ablenken.

Er surft im Internet, sieht sich dabei auch Pornos an. „Als mein Mann und ich ihn dabei erwischt haben, hat mich das total erschüttert", erzählt seine Mutter. „Wie kann es sein, dass Kinder solche Seiten öffnen können? Ganze Filme einfach so, kostenlos und frei verfügbar, mit teils perversen, abartigen Inhalten, die niemals für Kinderaugen geeignet sind. Das darf nicht sein."

„Ich will nicht jammern. Ich will aufrütteln"

Die Geschichte des zwölfjährigen Gesamtschülers aus Werther ist kein Einzelfall. Doch seit die Kinder corona-bedingt zu Hause statt in der Schule lernen müssen und entsprechend lange vor dem Computer sitzen, könnte sich die Zahl derer, die sich auf solchen Seiten bewegen, deutlich erhöht haben. Davon ist die Mutter überzeugt. „Ich will nicht jammern. Ich will andere Eltern aufrütteln und warnen, dass wir hier ein massives Problem haben."

Reflektiert beschreibt sie, wie sie versucht hat, mit ihrem Sohn über das Thema zu sprechen. „Die Kinder hinterfragen solche Filme nicht. Sie denken, dass das die Normalität ist." Sie schauten sich die Filme an aus einer Mischung von Neugier und Angeekelt-Sein an – und weil es die anderen auch tun.

Als sie ihren Sohn beim Pornoschauen ertappt und hört, dass die Filme auch unter Freunden geteilt werden, ist sie so erschrocken, dass sie sofort ihre Elterngruppe warnt – verbunden mit der Aufforderung, mit ihren Kindern zu reden. Schlimm findet sie, wie manche Eltern reagieren – nämlich gar nicht. Das sei doch ganz normal in dem Alter, sagen sie. „Ist es nicht", findet die Wertheranerin.

Es hätte Zeiten gegeben, da hätte ein Foto einer nackten Frau in aufreizender Pose schon für Aufregung gesorgt. „Und wo stehen wir heute?" Frei zugänglich könnten von Kindern Filme gesehen werden, in denen Frauen missbraucht würden.

Nach dem Vorfall hat die Mutter erst einmal mit dem Siebtklässler geschimpft, aber auch lange mit ihm gesprochen. „Kinder zu bestrafen, bringt nichts. Viel besser ist es, wenn sie ein Bewusstsein dafür kriegen, was moralisch erlaubt ist. Ich verstehe ja, dass er neugierig ist", zeigt die Mutter Verständnis. Trotzdem habe sie seine erste Reaktion gestört – und auch enttäuscht: Andere machten das doch auch, habe ihr Sohn gesagt.

Die Mutter ruft in der Schule an und meldet ihren Sohn krank. „Ich wusste mir nicht anders zu helfen, wollte nicht, dass er wieder zu Hause vor dem PC sitzt." Dann nimmt sie Kontakt mit der Lehrerin auf. „Das war mir schon peinlich", gibt die Wertheranerin zu. Sie habe wissen wollen, ob sie ihren Sohn erst einmal in die Notbetreuung schicken kann. Die Antwort: Dort säße der Junge ja auch vor dem Rechner. „Außerdem hat sie mir zu verstehen gegeben, dass das Ganze zwar nicht schön wäre, aber für einen Jungen in dem Alter ganz normal, die probierten sich halt aus. „Ich begreife das als ein Zeichen ihrer Hilflosigkeit, weil sie auch nicht wusste, was sie tun sollte." Auf die Bitte der Mutter, ob ihr Sohn seine Aufgaben statt über den Computer schriftlich auf Papier nach Hause bekommen könne, habe sie eine Absage erhalten. Nein, habe die Lehrerin gesagt, der Unterricht fände digital statt.

Der Vater hat inzwischen ein Schutzprogramm auf den Computer gespielt, damit der Sohn keine Pornos mehr schauen kann. „Ich würde mir wünschen, dass es eine Anlaufstelle gibt, wo man seinen Rechner für sein Kind einrichten lassen kann", so die Wertheranerin. „Wenn gefordert wird, dass ein Kind auf diesem Weg am Bildungssystem teilnimmt, muss auch der Kinderschutz sichergestellt sein."

Viele Male sucht die Mutter danach das Gespräch mit ihrem Sohn. Sie redet mit ihm darüber, dass Pornos erst ab 18 Jahren erlaubt sind, dass man diese auf keinen Fall jüngeren Geschwistern zeigen oder sie herumschicken darf.

Mutter fordert: „Hier muss etwas passieren"

Keine leichten Gespräche. „Aber wichtige. Mein Sohn hat inzwischen verstanden und arbeitet auch im Unterricht wieder gut mit."

Trotzdem: „Hier muss etwas passieren", fordert die Wertheranerin Aufklärungsarbeit durch die Schule. „Das muss selbstverständlich sein wie Mathe, Englisch oder Schwimmunterricht." Dazu fordert sie von Behörden und der Politik, sich des Themas anzunehmen und Wege zu finden, die Kinder besser zu schützen. Einfach zu akzeptieren, dass Pornos und Gewaltvideos frei zugänglich und für jede Altersklasse anzuschauen sind, könne nicht richtig sein.

„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist für uns ganz wichtig", betont Ursula Husemann. Die Leiterin der Böckstiegel-Gesamtschule schließt sich der Mutter ausdrücklich an und fordert gleichfalls von der Politik, das Thema verstärkt in den Blick zu nehmen. „Wenn zum Öffnen von Pornoseiten ein einfacher Klick auf die Frage, ob man 18 Jahre alt ist oder nicht, reicht, dann hat das mit Kinderschutz nichts zu tun."

Sie bedauert, dass sich die Mutter nicht an sie, sondern nur an eine Lehrerin gewandt hat. Gleichzeitig verweist sie auf die Medienscouts an der Schule, die sich mit eben solchen Themen befassen.

Das bedauert auch Gisela Wölke, Abteilungsleiterin für die Jahrgänge fünf bis sieben. „Prävention findet bei uns nicht nur im Unterricht, sondern auch in den Projektwochen statt. Gerade jetzt wären wir in einer solchen Phase – wenn nicht Corona wäre." Ansonsten, auch das betont sie, sei es Sache der Eltern, dafür zu sorgen, dass solche Seiten auf den heimischen Rechnern gesperrt werden. „Wir als Schule können das allein aus technischen Gründen nicht."

„Hier sind eindeutig die Eltern gefragt, die ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen und regelmäßig Präsenz im Kinderzimmer zeigen sollten", sagt Beate Behlert, Sprecherin des Kreises Gütersloh. Ganz wichtig sei es, eine Schutzsoftware auf dem Rechner der Kinder zu installieren. Sie verweist in dem Zusammenhang auf Lehrerfortbildungen des Landes zu genau diesen Themen.

„Es ist leider eine Tatsache, dass sich im Internet der ganze Spiegel des menschlichen Abschaums findet", beklagt Mark Kohnert, Sprecher der Kreispolizeibehörde Gütersloh. Die Polizei habe allerdings keine Karten im Spiel, wenn es darum ginge zu kontrollieren, wer sich im Internet auf welchen Seiten bewegt. „Das ist von der Gesellschaft auch nicht gewollt. Hier sind in erster Linie die Eltern gefordert, im Blick zu behalten, auf welchen Seiten ihre Kinder unterwegs sind."

Links zum Thema
Kinderpornografie durch Minderjährige verbreitet - das müssen Eltern wissen