Bielefeld. Experten zeigen sich besorgt: Die Zahl der kinderpornografischen Delikte nimmt von Jahr zu Jahr zu. Doch nicht immer sind Minderjährige nur Opfer bei der Verbreitung solcher Aufnahmen. Eine Expertin gibt Rat, wie Eltern aber auch Betroffene handeln sollten.
Minderjährige sind immer öfter Täter
Doch Minderjährige sind im Bereich Kinderpornografie nicht nur Opfer, sondern manchmal auch Täter. Immer häufiger würden Fälle bekannt, bei denen Jugendliche kinderpornografische Videos über Messenger-Dienste wie WhatsApp tauschten - oft aus Gedankenlosigkeit, wie BKA-Chef Holger Münch sagte.
Es kann ein einfacher Klick sein - doch dieser Klick kann auch weitreichende Folgen haben. Davor warnt Julia von Weiler von "Innocence in Danger". Die Organisation setzt sich gegen Kindesmissbrauch und dieVerbreitung von Kinderpornografie ein. Man müsse bei Kindern und Jugendlichen, die solches Material verbreiten, jedoch differenzieren: Zum einen gebe es Kinder, die sich eigene intime Fotos oder Videos gegenseitig schicken, zum Beispiel ihrem Schwarm. "Das birgt natürlich ein Risiko, dass solche Dateien in Umlauf geraten", sagt von Weiler. Doch der Besitz solcher Aufnahmen könne bereits strafbar sein.
Kinder sind sich oft der Konsequenzen nicht bewusst
Zum anderen gebe es Minderjährige, die Fotos oder Videos verschicken, welche ganz offensichtlich Missbrauch von Kindern zeigen können. Der Besitz oder die Verbreitung solchen Materials ist sowieso strafbar. Gleiches gilt für sogenannte Jugendpornografie, auf denen Personen zwischen 14 und 18 Jahren zu sehen sind. Zudem meint von Weiler, dass sich Kinder und Jugendliche häufig der Konsequenzen nicht bewusst sind.
Strafmündig sind Jugendliche ab 14 Jahren. Thorsten Fust, Fachanwalt für Strafrecht aus Lichtenau, erklärt: "Solche Fälle können mit einer Jugendstrafe enden." Im Erwachsenenstrafrecht drohen langjährige Haftstrafen.
Eltern sollten Strafanzeige gegen den Absender erstatten
Doch was sollten Eltern tun, wenn sie bemerken, dass der Nachwuchs mit solchen Dateien in Kontakt gerät? Die Expertin meint: Auch hier gilt es zu unterscheiden. Wenn Eltern merken, dass ihr Kind Missbrauchsdarstellungen zum Beispiel bei Messenger-Diensten erhält, gilt es das Gespräch zu suchen. Wichtigste Frage ist, woher stammen die Aufnahmen? Darüber hinaus sollte unbedingt Strafanzeige gegen den Absender der Nachricht erstattet werden, denn das Versenden – gerade an Kinder – ist strafbar. Von Weiler sagt: "In solchen Fällen muss das Smartphone zum Auslesen der Daten bei der Polizei abgegeben werden - davon darf man sich aber nicht abschrecken lassen!"
Bemerken Eltern, dass das eigene Kind Missbrauchsdarstellungen weiter versendet - auch, wenn es womöglich gedankenlos ist -, ist ein Gespräch ebenfalls essenziell. "Das Verschicken solcher Dateien ist eine Straftat und kein Kavaliersdelikt."
Kinder müssen aufgeklärt werden
Doch was tun, wenn plötzlich intime Bilder des Kindes im Umlauf sind? Das Risiko, dass die eigenen intimen Bilder plötzlich in Umlauf geraten, sei beim Verschicken allgegenwärtig. "Darüber müssen wir Kinder aufklären und Eltern sollten das Gespräch suchen", meint von Weiler. Wichtig sei aber auch, das Verhalten der Kinder - also das Verschicken eigener intimer Aufnahmen an beispielsweise den Schwarm - nicht zu kriminalisieren.
Sie betont auch: Solche Bilder können aus Liebe und Leichtsinn verschickt worden sein, sie können aber auch mit einer Menge Druck erpresst worden sein. Wichtig sei, die Kinder und Jugendlichen zur Rechenschaft zu ziehen, die diese intimen Bilder weiterverbreiten. Es gilt ihnen klarzumachen, dass dieses Verhalten kein Kavaliersdelikt ist. „Wir nennen es Sharegewaltigung, zusammengesetzt aus dem englischen 'share' für teilen, und Vergewaltigung, um deutlich zu machen, dass es hier um sexuelle Gewalt handelt", sagt von Weiler.
Den betroffenen Kindern rät sie in solchen Fällen derweil, so schwer es auch sei das offene Gespräch, etwa mit den Eltern, zu suchen. Und: "Wer auch immer die Bilder an Dritte gegeben hat; auch hier sollte man über eine Strafanzeige nachdenken." Denn laut Expertin landen heute "intime Selfies" nicht selten in pädokriminellen Sammlungen.
Die Expertin rät: "Eltern sollten ihre Kindern aufklären, und darüber informieren, was recht ist und was nicht." So muss es erst gar nicht zu solchen Situationen kommen.