Wertheraner Windrad: Baubeginn trotz Klage

An der Holzstraße sind die ersten Maschinen angerückt. Dort soll ein 200 Meter hohes Windrad entstehen. Das Vorgehen des Oldenburger Bauherren ist risikoreich.

Protest gegen Windrad in Werther | © Privat

Jonas Damme
01.05.2020 | 01.05.2020, 05:30

Werther-Häger. Gute Nachbarschaft geht anders: Obwohl noch Klagen anhängig sind, hat vor kurzem der Bau des Windrades an der Holzstraße in Häger begonnen. Dass die Anwohner nicht einverstanden sind mit dem Mammutbauwerk, zeigt schon das Schild, dass die Baustellenzufahrt ziert.

Mit einer Stellungnahme wandten sich die Betroffenen an das Haller Kreisblatt. Der „Alleingang des Kreises Gütersloh" bei dem Genehmigungsverfahren sei eine „Sauerei" heißt es da. Ein „ganzer Ort" müsse nun „unter den viel zu niedrigen Abständen zur Wohnbebauung leiden". Die Hägeraner zeichnen in der Email ein düsteres Bild: „Schlagschatten, Geräusche und optische Belästigung werden Häger voll erwischen."

„Am 13. Mai will das Verwaltungsgericht tagen"

Bürgermeisterin Marion Weike sieht die Sache etwas nüchterner. Die Stadt Werther hatte 2019 selbst vor dem Verwaltungsgericht Minden gegen die Genehmigung der Anlage geklagt. „Es ist ein sehr a-typisches Verfahren", erläutert Marion Weike. „Dort geht es viel um Verfahrensfragen."

Ein Aspekt des Rechtsstreites lässt sich allerdings sehr gut darstellen. Dabei geht es um einen an der Holzstraße seit langem existierenden Bebauungsplan, der 2004 aufgestellt wurde. Damals lag dort noch eine Konzentrationsfläche für Windräder. Trotzdem wollte man sie an dieser Stelle verhindern, und so hatten die damaligen Politiker eine Höhenbegrenzung solcher Anlagen innerhalb des Gebiets auf 80 Meter festgeschrieben.

Der Flügel der jetzt geplanten 200 Meter hohen Anlage würde allerdings deutlich oberhalb in den Luftraum des Bebauungsplans hineinragen, mit einer Länge von etwa 25 Metern. Gilt der Bebauungsplan also für das Windrad? Gemeinsam mit einem Fachanwalt ist das Rathaus der Meinung, ja. Somit sei die Anlage rechtlich nicht zulässig.

„Am 13. Mai will das Verwaltungsgericht tagen", berichtet die Bürgermeisterin. Ob der Termin trotz Corona-Pandemie stattfindet, könne sie noch nicht sagen. Sie hoffe natürlich darauf. „Auch wegen der Anwohner wünsche ich mir Klarheit."

Windrad könnte 2021 in Betrieb gehen

Ein Anlieger, Frank Uphaus, ist ebenfalls rechtlich gegen das Windrad vorgegangen. Seine Argumentation: Lärm, Schall, Infraschall und die Optisch bedrängende Wirkung schränken ihn sehr ein. Uphaus scheiterte bereits im Eilverfahren, auch sein Termin für die Hauptverhandlung ist der 13. Mai in Minden.

Beklagter ist in beiden Verfahren nicht das Unternehmen, das das Windrad baut, die „Projekt Ökovest GmbH" aus Oldenburg, sondern der Kreis Gütersloh, der die Genehmigung erteilt hat.

Die Kreisverwaltung hatte auch dafür gesorgt, dass die Bauarbeiten in Häger schon beginnen können, obwohl noch unklar ist, ob das Windrad überhaupt zulässig ist. „Sie können bauen, weil der Kreis eine sofortige Vollziehung angeordnet hat", erläutert die Wertheraner Verwaltungschefin. Für das Unternehmen mache der schnelle Baubeginn vermutlich Sinn, um Förderfristen einzuhalten, erklärt Weike. Gelder könnten sonst verfallen.

Auch in Werther sind die Gräben in der Windradfrage tief. Die Betroffenen, die sich im Verein „Lebensraum Werther" zusammengetan haben, sehen nicht unbegründet ihre Lebensqualität gemindert. Die Grünen hatten sich – zumindest noch im vergangenen Sommer – „ohne Einschränkung" für eine zweites Windrad in Werther ausgesprochen.

Nach derzeitigem Stand soll das Windrad an der Holzstraße – sollte der Bauherr beide Prozesse gewinnen – Mitte kommenden Jahres in Betrieb gehen.