Aus der Not geboren: Versmolder betreibt etablierten Handel für Bogensport

Versmold. Wer Bogen kennt, denkt gleich an Indianer, Steinzeitmenschen oder Robin Hood. Sie benutzten die Geräte als Waffen und zur Jagd. Davon ist heute nur noch wenig übrig. Bogen sind Sportgeräte, mitunter High-End-Technik. Und sie stehen alle vier Jahre im Mittelpunkt öffentlicher Aufmerksamkeit. Der Sport ist Teil des olympischen Programms. Dass die Wettkämpfe auf höchstem Niveau nur wenig mit der Realität hiesiger Vereine zu tun hat, weiß ein Versmolder ganz genau. Paul-René Meyer hat sich dem Recurve- oder Compound-Bogen verschrieben. Er führt einen kleinen, fast unscheinbaren Laden an der Langen Straße in Oesterweg. Im Inneren befindet sich alles, was das Herz der Sportler höherschlagen lässt. Von neuen Modellen bis hin zu Pfeilen, Sehnen und Zubehör - in dem kleinen Verkaufsraum fertigt und verkauft Meyer seit 2019. &bdquo;Das alles entstand aus der Arbeitslosigkeit heraus“, sagt er. Zuvor war Meyer als Bogenschütze durchaus erfolgreich, sahnte einige Auszeichnungen auf Bundes- und Landesebene ab. Als Achtjähriger kam er zu dem ungewöhnlichen Sport, bringt also heute jede Menge Fachkenntnisse mit. Versmolder kennt Vorteile vom Olympia-Sport Durch viele Zufälle kam er günstig an die Immobilie an der Langen Straße. Anfangs musste er noch auf seine Kunden warten. &bdquo;Es gab Tage, da kam niemand“, erinnert er sich. Inzwischen ist sein Geschäft in der Szene etabliert, Kunden kommen aus der gesamten Umgebung. Das alles ist so groß geworden, dass Paul-René Meyer heute nur noch selten selber zum Bogen greift. Dafür berät er seine Kunden nur allzu gern. Denn der Versmolder weiß, wie sinnvoll der Nischensport insbesondere für den Nachwuchs ist. &bdquo;Das ist schon anspruchsvoll“, meint der Einzelhändler. Denn - obwohl auf den ersten Blick nicht direkt ersichtlich - Bogenschießen fordert Körper und Geist. Meyer nennt ein Beispiel: &bdquo;Ein 14-jähriges Mädchen kam mit seinen Eltern in den Laden und wollte mit dem Bogenschießen beginnen. Es hatte aufgrund seines Wachstums Probleme mit dem Rücken.“ Einige Zeit später kam die Familie wieder. Die Probleme der Tochter waren passé. Bogenschießen ist nämlich ein Kraftakt. Bei den Wettbewerben ziehen die Athleten insgesamt über drei Tonnen Gewicht. Zumindest, wenn man die Sehnenspannung umrechnet. Das fördert die Kraft im Rücken. Hinzu kommt, dass Pfeile aus der Scheibe geholt werden müssen. Dann legen die Schützen zwar nur kleine Strecken zurück, aber das leppert sich. Vier bis fünf Kilometer kommen so zusammen. Außerdem wichtig: die psychische Komponente. Um die Geschosse ins Ziel zu bringen, braucht es jede Menge Konzentration. Olympia: Fernab der Realität Laut dem Nationalen Olympischen Komitee (NOC) ist Bogenschießen seit 1972 (wieder) fester Bestandteil der Spiele und wird auch in Paris ausgetragen. Seit Tokio 2020 gibt es sowohl einen Einzel- als auch Team-Wettbewerbe. &bdquo;Bogenschießen erfordert große Konzentration und Geschicklichkeit. Die Teilnehmenden müssen ihre Nerven behalten, da nur ein einziger Punkt über Sieg und Niederlage entscheiden kann“, heißt es dort. Da kann der Versmolder Experte noch mitgehen. Aber das Teilnehmerfeld ist ganz dicht zusammen. Manchmal entscheiden nur Zentimeter. &bdquo;Um dort hinzukommen, muss man eigentlich professionell trainieren“, sagt Meyer. Dass ein Pfeil daneben geht, passiert selten. Das bemerken Anfänger aber häufig, gerade wenn sie zum ersten Mal zum Schussgerät greifen. Außerdem fällt Bogenschießen in der öffentlichen Wahrnehmung - trotz des Höhepunktes Olympia - oft hinten rüber. &bdquo;Der Sport ist schon exotisch und dann im TV das fünfte Rad am Wagen.“ Dabei ist der Einstieg gar nicht so schwer. Verschiedene Vereine bieten Schnuppermöglichkeiten an. In Versmold geht das beispielsweise bei der Versehrtensport-Gemeinschaft (VSG). Dort machte auch die Versmolderin Celine Kronsbein ihre ersten Schritte. Sie schießt zwar inzwischen in Rietberg, konnte aber bei Meisterschaften auf Bezirks- und Landesebene Erfolge feiern. Einstiegshürden vergleichsweise gering Auch wer einfach testen möchte, wie es sich mit Pfeil und Bogen anfühlt, hat dazu in der Umgebung immer wieder Gelegenheit. Schützenvereine haben den Bedarf erkannt und bieten Schnupperprogramme an. Wer sich dann entscheidet, dass Bogenschießen zum Hobby werden kann und sogar ein Sportgerät erwerben möchte, ist mit einem mittleren dreistelligen Betrag dabei. Die Investition hält dann aber auch lange. &bdquo;Historisch gesehen wurde das Bogenschießen für die Jagd und Kriegsführung verwendet. Die frühesten Beweise für die Verwendung von Bogen und Pfeil stammen aus den südafrikanischen Stätten wie der Sibudu-Höhle, wo Pfeilspitzen aus der Zeit vor etwa 64.000 Jahren gefunden wurden“, heißt es beim NOC. Vom Kriegsgerät ist der Bogen heute meilenweit entfernt - auch zur Jagd wird er zumindest in Deutschland nicht eingesetzt. &bdquo;Das ist Tierquälerei“, meint Paul-René Meyer. Bögen sind Sportgeräte. Mit dem ursprünglichen Gedanken von Robin Hood oder frühzeitlichen Menschen haben Bögen nichts mehr zu tun. Das sieht man auf den ersten Blick, wenn man in Paul-René Meyers Laden in der Langen Straße kommt.

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