Powerfrau führt in Bad Rothenfelde eine der letzten „Ihr Platz“-Filialen

Bad Rothenfelde/Versmold. Nostalgie und eine sanfte Brise Seifenduft liegt in der Luft, wenn man den Laden von Gabriele Rembiok im Herzen von Bad Rothenfelde betritt. Es riecht nach &bdquo;Ihr Platz“. &bdquo;Das sagen viele“, bestätigt die Ladeninhaberin lächelnd. Die 68-Jährige ist die Hüterin einer der letzten &bdquo;Ihr Platz“-Filialen Deutschlands. 2012 ging die Drogeriekette samt ihres Mutterkonzerns Schlecker unter. Der große Ausverkauf begann, erinnert sich Gabriele Rembiok, die 45 Filialen als Bezirksleiterin betreute. Harte Zeiten für die damals 57-Jährige. Anfangs hoffte sie noch, als ehemalige Führungskraft schnell einen neuen Job zu finden. Doch in der Menge der plötzlich arbeitslos gewordenen Fachkräfte hatte die gelernte Drogeristin keine Chance. &bdquo;Niemand wollte mich, weil ich zu alt war.“ Um nicht für immer vom Putzen zu leben, fasste sie Mut und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Da sie die Zahlen der Filialen, für die sie zuvor zuständig war, gut kannte, wusste sie, dass das Geschäft mitten im Kurort viel Potenzial hatte. Einen Kredit bekam sie aufgrund ihres Alters für den beruflichen Neuanfang nicht. Aber innerhalb der Familie fand sie einen finanziellen Unterstützer. Trotzdem musste sie in den ersten Jahren extrem haushalten: &bdquo;Ich habe nur das bestellt, was nötig war, um eine Lücke zu füllen, und nicht einmal die Regale bis hinten angefüllt. Mein wichtigstes Ziel war, jeden Monat genug Geld für die Miete und Mitarbeiter zu haben.“ Kunden helfen, die Drogerie in Bad Rothenfelde zu retten Bereut hat sie den Schritt in die Selbstständigkeit nie. &bdquo;Im Gegenteil. Ich habe im Nachhinein gedacht, ich hätte das viel eher machen sollen.“ Ein halbes Jahr stand die Filiale leer. Eine Kundin sammelte in der Zeit Unterschriften, um sich bei dem Vermieter dafür starkzumachen, dass erneut eine Drogerie einzieht, erzählt Gabriele Rembiok. Auch das Haller Unternehmen Gerry Weber habe damals für die Marke Samoon Interesse an dem Standort gehabt. Obwohl sie dafür Lizenzgebühren in Kauf nehmen musste, entschied sie sich, beim alten Namen zu bleiben. &bdquo;Das ist einfach eine Marke, die man kennt“, begründet die Unternehmerin. Und die bis heute funktioniert - &bdquo;viele Kurgäste sind richtig begeistert, wenn sie sehen, dass es hier einen ’Ihr Platz’ gibt.“ 30 Filialen wurden auf diese Weise fortgeführt, doch mittlerweile nennen sich deutschlandweit nur noch zwei davon &bdquo;Ihr Platz“. Auch wenn die Kette nach dem Schlecker-Untergang trotzdem noch beliebt war, war der Anfang hart, berichtet Gabriele Rembiok: &bdquo;Ich konnte mit den Preisen von Rossmann und DM nicht mithalten“ - ein Problem, das bis heute besteht. Während die Bad Rothenfelder damals darüber hinwegsahen, um die zwischenzeitlich geschlossene Drogerie vor Ort zu retten, hört die Inhaberin heute vermehrt Unmut bei den Kunden über die höheren Preise. Als Inhaberin eines einzigen Geschäftes - und das auch noch in exponierter Lage innerhalb des Kurortes - hat sie keine Chance, mit den Billigpreisen großer Ketten mitzuhalten, erläutert die Expertin, die seit 46 Jahren im Job ist. Auch in Versmold und Halle sind die Drogerie-Geschäfte am Limit Auf ihre Stammkundschaft kann sie trotzdem zählen: &bdquo;Es gibt viele, die jeden Tag einmal vorbeischauen, damit sie mal ein paar Worte reden können.“ Um diese zu binden, legt die 68-Jährige viel Wert auf Kundennähe durch Beratung - das kennt sie noch von früher &bdquo;und damit unterscheiden wir uns auch von den Drogerieketten“, findet die Geschäftsfrau. Wenn es um die Arbeit geht, klingen bei der selbstständigen Unternehmerin, die neun Angestellte beschäftigt, alte Ideale durch. Sie schwärmt vom familiären Klima der ehemaligen Osnabrücker Drogeriemarktkette, deren Unternehmensgeschichte bereits 1895 begann. Obwohl die Kette zu Bestzeiten - Ende der 90er - fast 9.000 Mitarbeiter beschäftigte, habe man bei Problemen auch zum obersten Boss gehen können, erinnert sich Gabriele Rembiok. Deutschlandweit verteilten sich Hunderte Filialen - vor allem in Niedersachen und Nordrhein-Westfalen. Anfang der 2000er endete der Erfolgskurs. 2005 meldete das Unternehmen Insolvenz an und schien 2007 durch die Auflösung in die Schlecker-Gruppe gerettet. 2012 folgte das böse Erwachen für Tausende Beschäftige. Auch die Schlecker-Gruppe konnte aufgrund jahrelanger Misswirtschaft die Drogeriegeschäfte nicht erhalten. Und obwohl das Unternehmen Rossmann 490 Filialen kaufte, überrollte eine Welle von arbeitslosen Frauen aus den ehemaligen Drogerie-Geschäften den Arbeitsmarkt. Auch in Versmold und Halle fand in den 2000ern ein Wechsel statt, jedoch schon ein paar Jahre vor der Insolvenz. 2006 wurde die &bdquo;Ihr Platz“-Filiale an der Münsterstraße von den Franchise-Unternehmern, dem Ehepaar Kühling, an die Drogeriekette verkauft. &bdquo;Wegen des zerstörerischen Wettbewerbs sehen wir für uns und unsere Familie keine wirtschaftliche Zukunft mehr“, erklärten die Einzelhändler damals. Heute betreibt Kristian Kühling einen Unverpacktladen in Steinfurt, um Waren möglichst ohne Verpackungsmüll zu verkaufen. Der persönliche Kontakt ist ihm nach wie vor wichtig, betont er auf seiner Homepage. 68-jährige Powerfrau denkt noch nicht ans Aufgeben Ein Happy End also - wie auch für Gabriele Rembiok. Ein Ziel für den Ruhestand hat die 68-jährige Powerfrau noch nicht &bdquo;Solange es mir noch Spaß macht, mache ich weiter. Aber ich habe eine sehr gute Vertretung, die ich mir als Nachfolgerin sehr gut vorstellen kann. Ich trete dann nur noch als graue Eminenz gelegentlich in Erscheinung.“

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