Versmolderin läuft sich bis ins hohe Alter den Frust von der Seele

Versmold. Sie ist seit Kindesbeinen in Versmold zu Hause und ihr Gesicht ist stadtbekannt. Vielen ist sie vertraut als engagierte Ehrenamtlerin aus der Arbeiterwohlfahrt. Anderen ist Magret Brameier bekannt aus der Zeit, als sie die Obst- und Gemüseabteilung im ehemaligen Supermarkt Hogreve organisierte. Auch als Mitglied der Sozialdemokraten haben einige mit der heute 75-Jährigen Bekanntschaft gemacht. Aber als Marathonläuferin kennen nur wenige die Mutter eines Sohnes. Dabei war die Großmutter einer Enkelin drei Jahrzehnte lang im Marathonfieber. Über Beweggründe, Erinnerungen und Erlebnisse plauderte sie mit dieser Zeitung. Magret Brameier strahlt über das ganze Gesicht und ist ganz in ihrem Element, als sie einen grünen Rucksack auf den Tisch stellt. &bdquo;Den habe ich von der Familie für die Langstreckenläufe geschenkt bekommen“, freut sich die Ehefrau und fängt an, darin nach Erinnerungen zu kramen. Zum Vorschein kommen jede Menge T-Shirts von Wettbewerben, die ersten Laufschuhe, Butten, Plaketten, Zeitschriften, Fotos und Urkunden. Zu jedem Teil gibt es eine Geschichte. &bdquo;Ich habe landschaftlich wunderschöne Strecken kennengelernt und es gab viele tolle Begegnungen mit Menschen, die für immer lebendig bleiben“, schwingt etwas Wehmut mit, als sie 30 Jahre Laufgeschichte Revue passieren lässt. Dabei hatte sie als Kind nichts mit Laufen am Hut. Als Älteste von sechs Kindern und einer kränklichen Mutter musste sie sich um die Geschwister kümmern. Gern hätte sie einen Beruf gelernt, aber die ihr aufgebürdeten Aufgaben ließen keinen Raum für Wünsche. Erst als sie heiratete, fand sie Zeit für die Verwirklichung eigener Träume. &bdquo;Mein Mann hat mir in allen Lebenslagen immer den Rücken freigehalten“, freut sie sich über die Unterstützung ihres Ehemanns Karl-Heinz Brameier. Dazu gehörte auch der Erwerb des Autoführerscheins mit 42 Jahren. Versmolderin nimmt drastisch ab Für den ehemaligen Vogelzüchter war es selbstverständlich, seine Frau auch im Marathonfieber in den 1980er- und 90er-Jahren beizustehen. &bdquo;Er hat mich versorgt. Vor den Wettkämpfen mit Pasta.“ Die Extraportion Kohlenhydrate konnte Magret Brameier gut gebrauchen. Eigentlich vermied sie kalorienhaltiges Essen. &bdquo;Ich wog 180 Pfund und musste unbedingt was für meine Gesundheit tun“, erinnert sich die Großmutter an ihr Übergewicht und an Teilnahmen bei Weight-Watchers. Sportliches Vorbild waren die Brüder Michael und Fred Flottmann. Michael wurde Westfalenmeister im 800-Meter-Lauf. Fred steht bis heute im Fußballtor. Zum Sport brachte sie aber ein Ereignis, bei dem sie eigentlich etwas anderes lernen wollte: Ausschlaggebend war letztendlich ein Englisch-Kurs, bei dem Monika Stricker sie zur Teilnahme am Sportabzeichen überredete. &bdquo;Mit 400 Metern im Parkstadion fing alles an. Dann hat mich der Ehrgeiz gepackt, bis ich mich auf zehn Runden steigerte“, erzählt Magret Brameier. Ganz nebenbei nahm sie in drei Monaten 15 Kilogramm ab. Sie schloss sich dem Lauftreff in Halle und Dissen an und wurde Mitglied im Verein Solbad Ravensberg. In Astrid Kammann fand sie eine Gleichgesinnte, mit der sie viele der meistens 42 Kilometer langen Läufe absolvierte. &bdquo;Ich achtete darauf, in sieben Minuten einen Kilometer zu schaffen“, erklärt Magret Brameier ihre Herangehensweise. Dieser Traum wird nicht mehr wahr In besonderer Erinnerung bleibt dem AWO-Mitglied die Teilnahme am Marathon du Medoc in Frankreich. &bdquo;Ein Kostüm ist dabei Pflicht. Unser Team vom Solbad hatte sich Hühnerköpfe gebastelt“, beschreibt sie. Ein T-Shirt weist auf den amüsanten Wettbewerb durch Weinberge in der Nähe von Bordeaux hin. Unvergessen bleibt auch der Start beim Norderney-Marathon im Jahr 2004. &bdquo;Wir sind um 2 Uhr losgefahren, haben um 7 die Fähre genommen und um 10 Uhr sind wir gestartet“, ist der anstrengende Lauf durch den Sand noch präsent. Aber auch die Rennen in Hamburg, Berlin und am Rennsteig bleiben bist heute lebendig vor Augen. &bdquo;Platzierungen waren mir nie so wichtig. Ich laufe alle Probleme weg. Ich kann abschalten und bekomme den Kopf frei. Ich fühle mich danach wie neu geboren“, beschreibt Magret Brameier. Nach einem Unfall beim Lauftraining und einer Hüftoperation vor vier Jahren konzentriert sich heute auf bis zu zehn Kilometer schnelles gehen. Statt Vorfreude auf Marathonläufe ist das Ehepaar in freudiger Erwartung auf das Urenkelkind. Als Magret Brameier am Ende ihrer Erzählungen wieder alle Utensilien im Rucksack verstaut, gibt sie noch einen großen Wunschtraum preis. &bdquo;Ich wäre gern einmal beim Marathon in New York dabei gewesen.“

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