Spektakuläre Fotos: Zwei Versmolder jagen heftigen Stürmen in NRW hinterher

Versmold. Sascha Manke und Nadine Strauß begeben sich für ihr Hobby häufig in Gefahr. Die beiden "Sturmjäger" aus Versmold blicken direkt in die Zentren schwerer Unwetter. Ihr Lohn sind spektakuläre Fotos. Aber darum geht es den beiden "Stormchasern" nicht. Sie wollen die Bevölkerung warnen. Manke weiß, wovon er spricht. "Ich bin einmal in ein Unwetter hereingeraten. Unser Auto wurde von tennisballdicken Hagelkörnern getroffen. Da ging mir schon die Düse", gibt er zu. Später, als das Gewitter abgezogen war, zählte ein Gutachter 500 Dellen in seinem Auto - Totalschaden. "Man sieht dann, wie Bäume vom Hagel entlaubt werden." Das sorgt bei ihm und seiner Partnerin Nadine Strauß für ein mulmiges Gefühl. "Anfangs war ich heiß darauf, ins Unwetter rein zu fahren. Aber als ich gehört habe, was alles passieren kann, hat sich das schnell gelegt", sagt Strauß, die erst durch ihren Partner erste Gehversuche in dem Hobby unternommen hat. "Wir haben schon einige Trampoline durch die Luft fliegen sehen", fügt sie hinzu. Genau das wollen die beiden nicht. Sondern bei den Menschen ein besseres Bewusstsein dafür erzeugen, was Wetter anrichten kann. Die Bevölkerung soll sich im Falle von heftigen Stürmen und Gewittern vorbereiten können. Blumentöpfe von Balkonen, fliegende Gegenstände oder sogar ganze Baugerüste werden zu teils tödlichen Gefahren. Das Paar will aufklären. Fotos und Beobachtungen für Wetterdienste Dafür nehmen die beiden Versmolder einiges in Kauf. Sie legen pro Tour zu den Unwettern oft mehrere hundert Kilometer zurück. Ihr wichtigstes Arbeitsgerät dabei: das Smartphone. Mit verschiedenen Apps analysieren Manke und Strauß die Wetterlage. Sie navigieren genau dorthin, wo der Sturm gerade tobt. Das Paar versucht dann, vor die Gewitter- oder Sturmfront zu kommen. "Die meisten Unwetter kommen in Deutschland aus Südwest", sagt Sascha Manke. Dann beginnen die Versmolder mit der Dokumentation. Sie machen Fotos und beobachten, was sich am Boden abspielt. Die Sturmjäger fungieren für Wetterdienste so als eine Art verlängerter Arm. Manke erklärt: "Die beobachten von oben. Wir sind direkt vor Ort und geben Rückmeldungen." So entsteht ein umfassendes Bild über die extremen Wetterlagen. Selbst der Deutsche Wetterdienst greift auf die Daten zurück. Manke und Strauß sind sogar zertifizierte Sturmbeobachter und melden so regelmäßig mit dem Smartphone, wenn sprichwörtlich irgendwo "die Welt untergeht". Irgendwann werden die Situationen aber zu gefährlich - nämlich dann, wenn die Stürme immer näher kommen. Dann gibt's nur ein: die Flucht. "Wir schauen uns schon im Vorfeld die Gegebenheiten an. Sollte es einmal eng werden, haben wir meistens eine Fluchtmöglichkeit in der Hinterhand", sagt Nadine Strauß. Das können Parkhäuser oder Tankstellen sein - überall dort, wo große Regenmassen oder riesige Hagelkörner nicht so einfach hinkommen. Im Auge des Sturms herrscht eben manchmal sogar Lebensgefahr. So ist das Wetter in Versmold Solche extremen Wetterereignisse erlebt die kleine Familie in ihrer Heimatstadt Versmold selten. In der Umgebung allerdings schon. "In Versmold baut sich oft eine Unwetterfront auf, die zerfällt dann aber schnell", hat Nadine Strauß beobachtet. Die Kreisstadt Gütersloh, Paderborn oder Lippstadt sind deutlich häufiger von Stürmen und Gewittern betroffen. "Lippstadt war in der Vergangenheit oft ein Volltreffer", so Manke. Besonders häufig gehen Unwetter auch im Landkreis Osnabrück, zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald herunter. Dort, in der Nähe von Wallenhorst, machte Manke auch eine seiner spektakulärsten Entdeckungen: einen Tornado. Das war im September 2020. Er beobachtete den Wirbelsturm bei der Entstehung. Auf seinem Foto ist deutlich zu sehen, wie die Wolkendecke sich in der typischen Form des Tornados gen Boden bewegt. "Später hat ein Landwirt beobachtet, wie der Rüssel Bodenkontakt hatte", beschreibt er. Solche Beobachtungen sind in Deutschland übrigens gar nicht so selten. Etwa 80 bis 90 Mal werden die Wetterphänomene gesichtet. Bis Sascha Manke seinen ersten Tornado zur Gesicht bekommen hat, hat allerdings lange gedauert. Er beschäftigt sich nämlich schon mehr als 30 Jahre mit dem Wetter und seinen Auswirkungen. "Über das Schulfernsehen des WDR", wie er sagt, "bin ich darauf gekommen". Er war sofort Feuer und Flamme für heftige Stürme. Später hat er sich immer weiter vernetzt und auch seine jetzige Partnerin mit dem "Virus" infiziert. Das hätte bei NRWs Flutkatastrophe besser sein können Dabei hat Manke einiges an Wissen aufgebaut, was er gerne teilen möchte. Die Versmolder betreiben eine Facebook-Seite, mit der sie Menschen bei extremen Wetterlagen warnen können. Sie wollen auch mit Medien zusammenarbeiten, um ihre Reichweite zu erhöhen. Denn das sei das Entscheidende, wenn es zu einer Naturkatastrophe kommt. Die Menschen müssten schnell gewarnt werden. Das sei unter anderem bei der Flutkatastrophe im Ahrtal verbesserungswürdig gewesen. "Im Nachhinein haben wir etliche Fernseh- und Radiosender kontaktiert - aber keine Rückmeldung erhalten", kritisiert Sascha Manke. Durch frühzeitige Warnungen könnten nämlich zumindest einige Schäden abgewendet werden. Schließlich bedeuten Unwetter nicht nur für die Sturmjäger Lebensgefahr.

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