Energiepreise vorerst konstant – doch das könnte sich 2022 schnell ändern

Versmold. Die massiven Preissteigerungen auf dem Energiemarkt bekommen derzeit auch die Stadtwerke Versmold zu spüren, wie Geschäftsführer Jörg Kogelheide im Gespräch mit dem Haller Kreisblatt erklärt: &bdquo;2020 haben wir Gas für zwei Cent je Kilowattstunde eingekauft, jetzt liegt der Preis bei sechs Cent." Beim Strom sei der Kurs sogar von vier Cent je Kilowattstunde vor einem Jahr auf aktuell 14 bis 15 Cent hochgeschossen. &bdquo;Trotzdem wollen wir die Preise für unsere Kunden in der so genannten Grund- und Ersatzversorgung zum Jahreswechsel stabil halten – bei Neukunden wird das allerdings nicht zu schaffen sein", so Kogelheide. Die Grundversorgung Wer keinen besonderen Strom- oder Gastarif vereinbart hat, wird als Haushaltskunde in der Grundversorgung zu den sogenannten &bdquo;Allgemeinen Preisen" beliefert. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn man in eine Wohnung einzieht, für die kein Energieliefervertrag besteht, und einfach Strom oder Gas nutzt. Wer nicht tätig wird, ist automatisch Kunde in der Grundversorgung. Aber auch wer seinen Einzug nur beim Grundversorger anmeldet, ohne einen gesonderten Tarif zu vereinbaren, landet in der Grundversorgung. Einige tausend Kunden Der sogenannte Grundversorger ist immer dasjenige Unternehmen, das vor Ort in einem bestimmten Netzgebiet die meisten Kunden beliefert. Bei den Stadtwerken Versmold ist das für Strom und Gas in Versmold und für Gas in Bad Rothenfelde der Fall. &bdquo;Wir haben einige tausend Kunden in der Grundversorgung", erklärt der Stadtwerke-Geschäftsführer. &bdquo;Eigentlich sollten wir deren Preis konstant halten können." Manch anderer Energieversorger senkt die Strompreise für 2022 sogar, doch das sei für die Stadtwerke nicht möglich, so Kogelheide. &bdquo;Zwar sinken Steuern und Abgaben um 2,6 Cent je Kilowattstunde (ct/kWh), aber das wird durch steigende Netzentgelte kompensiert." Einkauf wird teurer Nachhaltig teurer dürfte es für Bestandskunden dann mittelfristig werden, denn die Versorger kaufen ihre Energie vorausschauend in mehreren Tranchen über das Jahr verteilt ein – was sie jetzt für künftige Lieferzeitpunkte beziehen, wird natürlich deutlich teurer als bisher und bei Belieferung dann auch bei den Kunden zu Buche schlagen. Bei Neukunden tritt dieser Effekt natürlich sofort ein, weshalb die Stadtwerke Preissteigerungen nach eigenen Angaben hier auch nicht verhindern können. &bdquo;Da die zukünftige Entwicklung an den bewegten Energiemärkten heute noch nicht abzusehen ist, können zukünftige Tarifentscheidungen noch nicht abschließend getroffen werden. Die Stadtwerke behalten die Entwicklung der Märkte weiter im Blick und informieren frühzeitig", schreibt der Versorger in einer aktuellen Mitteilung. Aktuell liegt der Verbraucherpreis der Stadtwerke in der Grundversorgung beim Strom bei 30,81 ct/kWh, hinzukommen 107,10 Euro Grundpreis pro Jahr. Beim Gas zahlen die Kunden in der Grundversorgung 6,79 ct/kWh und einen jährlichen Grundpreis von 99,96 Euro. Die Stadtwerke bieten auch günstigere Sondertarife an, bei denen sich die Kunden dafür auch länger an das Unternehmen binden. Die Grundversorgung ist mit Zwei-Wochen-Frist kündbar. &bdquo;Wilder" Markt Was die Situation derzeit so unübersichtlich macht, ist der aktuell &bdquo;wilde" Energiemarkt. Die extrem steigenden Preise haben bereits eine Pleitewelle bei kleinen Anbietern ausgelöst, zuletzt bei der Otima Energie AG aus Brandenburg, der Smiling Green Energy aus Hamburg und der Lition Energy aus Berlin. Die Erklärungen, die Otima für die Pleite angibt, stehen exemplarisch für das Problem: massiv gestiegene Großhandelspreise, daraus folgend ein massiver Anstieg der Vorauskasse- und Sicherheitsleistungen, fehlende Liquidität für den Einkauf. Knifflige Folgen Kunden, deren Anbieter insolvent geht, rutschen über die sogenannte Ersatzversorgung automatisch in den Grundversorgertarif des größten Versorgers vor Ort. &bdquo;Wir müssen alle beliefern, und es ist auch gut so, dass es dieses System gibt", sagt Jörg Kogelheide. &bdquo;Aber wenn wir viele solche Kunden neu aufnehmen müssen, bedeutet das natürlich auch, dass wir zusätzlich benötigte Energie zu teureren Konditionen zukaufen – und das würde dann den Grundversorgungstarif in die Höhe treiben", erklärt Jörg Kogelheide. Bislang seien die Stadtwerke davon nicht extrem betroffen – doch man beobachte die Entwicklung genau. Umstrittene Billigmasche Jörg Kogelheide kritisiert in diesem Zusammenhang die Strategie mancher Billiganbieter: &bdquo;Die offerieren Dumpingpreise, decken sich aber nicht mit genügend Energie ein. Wenn die Preise dann steigen, können sie ihre Konditionen nicht mehr halten oder den Einkauf nicht stemmen und gehen insolvent." In der Tat gab es zuletzt Berichte über Anbieter, die sich noch mit irrwitzigen Preissteigerungen über Wasser halten wollten – was die Insolvenz in einigen Fällen nicht verhinderte. Wechselvorteil schrumpft Zur Wahrheit gehört aber auch: Wer den Versorger wechselt, kann in Deutschland grundsätzlich sparen. Laut Verbraucherzentrale NRW beim Strom 30 Euro pro Jahr (bei 3.000 Kilowattstunden Verbrauch) und beim Gas 60 Euro pro Jahr (bei 18.000 kWh Verbrauch), zumindest in den zehn größten deutschen Städten. Dieser Wechselvorteil sei im Vergleich zu den Vorjahren sogar sehr gering, denn aktuell sind wegen hoher Beschaffungskosten Grundversorgungstarife wie auch Sondertarife des Grundversorgers oftmals preisgünstiger als andere Anbieter am Markt. Aber auch hier gebe es erhebliche Schwankungen. Neuer Tarif geplant Jörg Kogelheide will das Vorurteil, Stadtwerke seien teurer als ihre Wettbewerber, &bdquo;pauschal" ohnehin nicht so stehen lassen: &bdquo;Wir planen vorausschauend bei der Beschaffung, bieten faire Preise, Service und Wertschöpfung vor Ort. Riskante Boni-Modelle gehen wir nicht mit." Auch dass die Stadtwerke das Energienetz in Versmold und für Gas in Bad Rothenfelde besitzen, verschaffe ihnen keinen unlauteren Wettbewerbsvorteil: &bdquo;Das ist ein unabhängiger, staatlich regulierter Geschäftsbereich. Wenn Kunden nicht von uns wegwechseln, heißt das vielleicht auch, dass sie zufrieden sind." Die Stadtwerke werden jetzt den Aufwand in Kauf nehmen, und für ihre Bestandskunden einen weiteren Sondertarif schaffen. &bdquo;Damit wollen wir sie vor Preiserhöhungen schützen, die aufgrund zahlreicher neuer Kunden in der Grundversorgung entstehen könnten", kündigt Kogelheide an.

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