Kirchen in Geldnot: Das sind die Folgen für Kitas in Steinhagen

Steinhagen. Jedes Kind hat in Deutschland ab dem ersten Geburtstag Anrecht auf einen Betreuungsplatz, ab dem dritten auf einen Kita-Platz. So die geltende Rechtslage. In der Praxis sorgt diese Vorgabe immer wieder für Probleme. Vor allem, was die Finanzierung angeht. Das zeigt sich naturgemäß dann am stärksten, wenn die Kassen knapp werden. So wie derzeit bei den Kirchen. Vor wenigen Tagen musste der Steinhagener Ausschuss für Schulen, Jugend, Sport und Kultur über einen Antrag der evangelischen Kirchengemeinden Steinhagen und Brockhagen entscheiden. Die fordern die Übernahme der kompletten Trägeranteile ihrer fünf Kindergärten in Steinhagen. Bereits jetzt finanziert das Rathaus die sogenannten &bdquo;Trägeranteile“ der Kitas Morgenstern, Emmaus, Arche Noah, Kapernaum und Waldbad zu 75 Prozent. Nun soll sie auch noch die restlichen 25 Prozent übernehmen. Der Trägeranteil freier Träger beträgt in NRW 7,8 Prozent. Die Kirchengemeinde Steinhagen begründet die Forderung mit den finanziellen Problemen der evangelischen Kirche in Deutschland. &bdquo;Das Landeskirchenamt hat inzwischen seine Prognose über die Entwicklung der Kirchensteuerzuweisungen für die einzelnen Kirchengemeinden bekannt gegeben“, erläutert Steinhagens Presbyteriums-Vorsitzender Andreas Kleen. Für die Steinhagener Gemeinde seien in 2025 Zuweisungen in Höhe von 340.000 Euro geplant. Steinhagener Presbyterium: &bdquo;Keine Denkverbote!“ Das klingt nach mehr, als es ist: 2023 waren es noch 566.000 Euro gewesen. Ein Rückgang von rund 40 Prozent. Und damit ein herber Schlag für das Presbyterium. Derzeit prüfe man alle Einsparmöglichkeiten. &bdquo;Es gibt keine Denkverbote“, hatte Andreas Kleen vor Kurzem im Gespräch mit dieser Zeitung statuiert. Man werde sich künftig wohl mehr auf die Kernaufgaben konzentrieren müssen. In den Finanzen der Landeskirche klafft ein gigantisches Loch. Erst vor wenigen Monaten hatte sich die Evangelische Kirche in Westfalen selbst einen &bdquo;strikten Sparkurs“ verordnet, um den Fehlbetrag von mehr als 14 Millionen Euro unter Kontrolle zu bekommen. Der katholischen Kirche geht es nicht besser. Zu den Kernaufgaben zählt die Kirche durchaus auch ihre Kitas. Allein, bei der Finanzierung will man kürzertreten. Das ist durchaus zulässig. Für AWO-, DRK- und andere Kinderbetreuungseinrichtungen zahlt das Steinhagener Rathaus bereits seit Längerem den vollen Trägeranteil. Arbeiterwohlfahrt, Rotes Kreuz und Co. hätten schlicht keine Gelder dafür. &bdquo;Insofern ist es nur eine Gleichbehandlung“, erklärt Bürgermeisterin Sarah Süß im Gespräch mit dieser Zeitung. Bei neuen Kitas würde heute eigentlich immer die volle Übernahme des Trägeranteils durch die Gemeinde vorausgesetzt. Kritik richtet sich gegen das Land NRW Neben diesem Anteil finanzieren sich Kindergärten durch das &bdquo;Kibiz“ - das Kinderbildungsgesetz. Und hier liegt das Problem. &bdquo;Das Konstrukt Kita hat insgesamt ein Finanzierungsproblem“, sagt Sarah Süß. Und beschreibt den Worst Case: &bdquo;Was würde passieren, wenn wir die Kitas nicht tragen würden?“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK Interessenvertreter wie der Deutsche Kitaverband warnen schon seit einiger Zeit vor den potenziell verheerenden Folgen der aktuellen Sparpolitik. Das Kita-Angebot sei vielerorts längst instabil. Mehr als 1.000 von rund 11.000 Kitas seien schon zu Beginn des Jahres von Stundenreduzierungen, Gruppenschließungen oder Komplettschließungen betroffen gewesen. Seitdem hat sich die Situation nicht gebessert. Durch die mangelhafte Finanzierung der Kita-Träger drohten sogar Insolvenzen, außerdem sei der Ausbau von U3-Plätzen in Nordrhein-Westfalen fast zum Erliegen gekommen, so der Verband. Wegen Personalmangels müssen Einrichtungen immer wieder ihr Angebot einschränken. Seit mehreren Jahren kündige die Landesregierung an, das Kibiz zu überarbeiten und auskömmlicher zu gestalten. Passiert sei wenig. Steinhagener Ratsmitglieder klagen über Situation Für Steinhagen bedeutet die Übernahme des vollen Trägeranteils ein jährliches Minus von 94.500 Euro. Geld, dass im knappen Haushalt fehlt, wie die Mitglieder des Jugendausschusses in der Sitzung beklagten. &bdquo;Das ist Landesaufgabe. Das Land nimmt seine Aufgabe der Kita-Finanzierung nicht wahr“, kritisierte Lina Hartleif (SPD). Andere Ratsmitglieder sahen das ähnlich. Trotz allen Unmutes wurde die Entscheidung - angesichts der Notwendigkeit - einstimmig getroffen. Äußerlich wird man die Umfinanzierung übrigens nicht wahrnehmen: Die Einrichtungen heißen weiterhin evangelische Kindergärten, beziehungsweise Tageseinrichtungen. Sie werden betrieben durch den Trägerverbund im Kirchenkreis Halle.

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