Giftiger Rauch, Feuer und Co.: Wie werden wir im Ernstfall im Kreis Gütersloh gewarnt?

Kreis Gütersloh. Giftige Rauchwolke durch Großbrand. Meiden Sie das betroffene Gebiet. Halten Sie Türen und Fenster unbedingt geschlossen. Mit einem schrillen Ton und Gefahrensymbolen auf dem Handy-Bildschirm wurden vor etwas mehr als drei Wochen zahlreiche Bürger im Kreis Gütersloh vor dem massiven Brand auf dem ehemaligen Gelände der Firma Pfleiderer in Rheda-Wiedenbrück gewarnt. Zumindest diejenigen, die eine der bekannten Warn-Apps wie Nina oder Katwarn installiert haben. Aber wie zuverlässig sind die Apps überhaupt – und warum wurden manche eher gewarnt als andere? Wer entscheidet im Ernstfall im Kreis Gütersloh? Generell ist die Bevölkerungswarnung in Nordrhein-Westfalen per Landeserlass geregelt. Um einen möglichst hohen Verbreitungsgrad einer Meldung zu erreichen, soll ein Mix aus unterschiedlichen Warnmitteln genutzt werden. Darunter fallen laut Erlass unter anderem Hinweise im Radio, in den Sozialen Netzwerken oder eben über Warnapps. Wie Ansgar Kanther, Leiter der Gütersloher Kreisleitstelle der Feuerwehr, auf Nachfrage mitteilt, obliegt die fachliche Bewertung und Entscheidung zur Warnung letztlich dem Einsatzleiter. Die technische Umsetzung erfolge dann in der Leitstelle. Die ist über dafür vorgesehene Rechner an das System Mowas des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe angebunden. Darüber werden die Apps wie Nina oder Katwarn letztlich ausgelöst. Grundsätzlich wird in drei Warnstufen unterschieden. Die Texte dafür sind in Mustertexten – jeweils anlassbezogen – vorgegeben. Auch welche Warnmittel wann genutzt werden sollen, steht fest. Warum warnen manche Apps eher als andere? Wie die Stadt Rheda-Wiedenbrück auf Nachfrage mitteilt, wurde am Abend des Großbrandes nach Entscheidung des Einsatzleiters um 22.33 Uhr die Bevölkerungswarnung über den oben geschilderten Weg durch die Leitstelle mittels Mowas ausgelöst. &bdquo;Dass verschiedene Apps gegebenenfalls zeitlich versetzt gewarnt haben, ist nicht örtlich begründet, sondern mit der dortigen Anbindung und Freischaltung der Warnungen zu erklären", sagt Stadtsprecherin Lena Henkenjohann. Niklas Reinhardt vom Fraunhofer Institut Fokus, das die Warn-App Katwarn entwickelt hat, ergänzt, dass unterschiedliche Warnzeiten generell verschiedenste Gründe haben können – durchaus auch einen beabsichtigten oder unbeabsichtigten verspäteten Versand durch die verantwortliche Behörde. Aber auch ein Fehler bei der Installation der App könne ursächlich sein; ebenso wie Verzögerungen aufseiten der Dienste von Apple und Google oder technisch bedingte Störungen beim Internetprovider. &bdquo;Auch können Einstellungen wie zum Beispiel die Aktivierung der Ortserfassung oder ein zeitweiliger Aufenthalt außerhalb des bewarnten Gebietes zu dem Eindruck nicht erfolgter Warnungen führen", sagt Reinhardt. Wie viele Menschen nutzen die Warn-Apps? Mehr als 14 Millionen Menschen nutzen laut Anuschka Johnson, Sprecherin des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, aktuell die Nina-Warnapp (Notfall-Informations- und Nachrichten-App). Über eine Karte können Nutzer dort einstellen, für welche Orte sie im Ernstfall Warnungen per Push-Nachricht erhalten möchten. Die Nutzerzahlen für die Katwarn-App, die ähnlich wie die Nina-App funktioniert, sind laut Sprecher Niklas Reinhardt nicht so eindeutig zu bestimmen, da Katwarn komplett pseudonym arbeitet. &bdquo;Das bedeutet, dass wir keine personenbezogenen Daten der Nutzer haben, sondern die jeweiligen Apps nur über eine zufällige ID erfasst werden." Als ungefähre Richtgröße nennt Reinhardt mehr als fünf Millionen Nutzer. Während Nina und Katwarn vor allem für große Katastrophenlagen genutzt wird, ist die Biwapp-App (Bürger Info und Warn App) deutlich niedrigschwelliger angesiedelt. Sie kann auch für kleinere Warnungen wie Schulausfälle oder Straßensperrungen genutzt werden. Zugriff auf die App haben laut Sprecher Frank Dalock nur Städte und Landkreise, die eine Lizenz beantragt haben. Sie können dann innerorganisatorisch die Zugriffsrechte an Feuerwehr, Polizei und Co. weitergeben. Mehr als 250 Millionen Push-Nachrichten wurden im vergangenen Jahr versendet; etwa eine Million Mal wurde die App 2022 heruntergeladen. Wie Dalock weiter mitteilt, kooperiert Biwapp mit dem Nina-System des Bundesamtes. &bdquo;Meldungen, die in die Nina-App gelangen, werden auch in Biwapp mit veröffentlicht – und anders herum." Was ist mit Cell Broadcast im Kreis Gütersloh? Das neue Warnmittel Cell Broadcast steht erst seit Ende Februar zur Verfügung. Die Technik kann verwendet werden, um Warnmeldungen an alle in einem bestimmten Abschnitt des Mobilfunknetzes, einer sogenannten Funkzelle, befindlichen Mobilfunkendgeräte zu versenden. Lediglich drei Bedingungen müssen erfüllt sein, um die Nachrichten zu erhalten: Das Gerät ist eingeschaltet, befindet sich nicht im Flugmodus und hat das aktuellste Betriebssystem. Am Abend des Großbrandes gab es Möglichkeit Cell Broadcast allerdings noch nicht. &bdquo;Um Gewöhnungseffekte zu verhindern, wird aktuell empfohlen Cell Broadcast zukünftig ausschließlich in der Warnstufe 1 und in Ausnahmefällen in der Stufe 2 zu nutzen", betont Ansgar Kanther von der Gütersloher Kreisleitstelle der Feuerwehr. Das beziehe sich beispielsweise auf Fälle von Schadstofffreisetzung, Hochwasser oder gegebenenfalls auch Rauchgase. Die letztendliche Entscheidung obliege aber auch beim Auslösen von Cell Broadcast dem jeweiligen Einsatzleiter.

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