Schäden nach Bestpool-Brand in Steinhagen: Betroffene sind verunsichert

Steinhagen-Amshausen. Am 7. Februar brannte der Betrieb Bestpool in der Liebigstraße lichterloh. Die Rauch- und Schadstoffsäule war kilometerweit zu sehen. Der Brand war schnell gelöscht, die Auswirkungen sorgen bis heute für ganz viel Unsicherheit. Am Donnerstag platzte der Saal in der Begegnungsstätte Alte Feuerwehr aus allen Nähten. Gut 100 Anwohner erhofften sich Antworten von den Bielefelder Anwälten Patrick Droll und Wolfgang Schneider, die zu einem Info-Abend eingeladen hatten. Bestpool bietet Komplettlösungen für große öffentliche, aber auch private Schwimmbäder an. Das zweite Standbein ist der Verkauf von Schwimmbad-Chemikalien, also Chlor in verschiedenen Varianten, Reinigungs- und Desinfektionsmittel und mehr. Beim Feuer waren gelagerte Chlor-Tabletten verbrannt. Ausflockungen des chemischen Stoffes Calciumhypochlorit hatten sich daraufhin im Gebiet rund um die Liebigstraße, in Amshausen bis hin nach Künsebeck abgesetzt. Für viele Anwohner zeigten sich spätestens am Morgen nach dem Brand die Auswirkungen in Form eines weißen Granulats, das sich auf Häusern, Gärten und Kraftfahrzeugen niedergelassen hatte. Wie nun mit den Schäden umgehen? Der oft wiederholte Rat der Juristen an diesem Abend: Nicht die eigenen Versicherungsverträge belasten. Auch nicht die Ansprüche beim Bestpool-Versicherer LVM anmelden. &bdquo;Melden Sie sich wegen der Regulierung direkt beim Unternehmen Bestpool", so Wolfgang Schneider. Der schnelle Griff zum Handy war Gold wert &bdquo;Sie alle haben einen Haftungsanspruch, denn geht von einem Betrieb eine Emission aus, gilt der Betrieb juristisch als Störer. Allein die Nutzung einer gefährlichen Sache reicht da schon. Da muss im Betrieb noch nicht einmal etwas falsch gemacht worden sein. Störerhaftung ist hier das Zauberwort." Wer ganz auf Nummer sicher gehen wolle, könne die Schäden seiner eigenen Versicherung melden. &bdquo;Aber dann mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass das nur vorsorglich gilt", betonte Schneider. Wer sofort nach dem Brand zum Handy oder zur Kameragegriffen habe, um seine Schäden zu dokumentieren, habe alles richtig gemacht. Aber auch wer diesen Moment verpasst hat, kann nach Auskunft der Juristen noch tätig werden. &bdquo;Machen Sie auch noch Fotos, wenn die Reinigung durch ist. Schauen Sie sich alles genau an: Dachziegel und Steine von Auffahrten und Wegen. Sprechen Sie Nachbarn an, die die Rückstände gesehen haben und den Zustand bezeugen können. Notieren Sie sich alles", riet Wolfgang Schneider den Betroffenen. Viele Schäden würden sich erst im Laufe der Sommermonate zeigen. Wie beispielsweise Lackschäden bei Autos. &bdquo;Die Sonne bringt es dann an den Tag", so Schneider, der auch einen Kfz-Sachverständigen eingeladen hatte. Der Steinhagener Mitarbeiter der &bdquo;Kfz Sachverständigen Company" berichtete, dass eine Teilkaskoversicherung nicht unbedingt einspringe. &bdquo;Es gab direkt an den Autos keine offene Flamme", so der Fachmann. Eine Besucherin berichtete, dass der Innenraum ihres Autos nach der Reinigung stark nach Chlor riechen würde. &bdquo;Das kriegen Sie nie wieder weg" – da war sich der Sachverständige sicher. Folgeschäden nach dem Bestpool-Brand zeigen sich eventuell erst spät Die Spätschäden-Problematik machte den Juristen ohnehin am meisten Sorgen. &bdquo;Es gibt im Moment keine Gesundheitslage, aber Flora und Fauna sind aus unserer Sicht gefährdet", so Schneider. Die Ansprüche bei Bestpool geltend zu machen, sei auch deswegen sinnvoll, weil &bdquo;die eigenen Gebäudeversicherungen Garten und Pflanzen außen vor lassen" würden. Grundsätzlich gelte, dass Folgeschäden noch bis Ende Dezember 2026 geltend gemacht werden könnten. Wolfgang Schneider bezweifelte bei der Versammlung, ob es für die Firma Bestpool überhaupt ein Brandschutzkonzept gegeben habe. Dem widerspricht die Bürgermeisterin, die bei dem Treffen anwesend war, in einem Statement genauso wie dem Vorwurf, dass die Feuerwehr durch das Löschen mit Wasser die Schadtstoffwolke und damit die Umweltbelastung erst herbeigeführt habe (siehe Info-Kasten). Schon bei der Veranstaltung hatten sich zwei Besucher zu Wort gemeldet, die die große Wolke bereits vor dem Eintreffen der Feuerwehr bemerkt hatten. Die Veranstaltung war eigentlich im Dietrich-Bonhoeffer-Haus geplant gewesen. &bdquo;Vor zwei Tagen hat uns die evangelische Kirchengemeinde abgesagt. Die haben kalte Füße bekommen", berichtete Anwalt Wolfgang Schneider. In Abstimmung mit Sarah Süß wollen die beiden Juristen entscheiden, ob es noch eine Folgeveranstaltung in einem größeren Raum geben wird. So reagiert die Gemeinde auf die Vorwürfe Steinhagens Bürgermeisterin Sarah Süß reagierte am Freitag mit einer Stellungnahme auf die Aussagen der Juristen bei der Anwohnerversammlung. &bdquo;Einige Aspekte sind seitens der Gemeinde Steinhagen nachdrücklich richtig zu stellen", schreibt sie. Wolfgang Schneider habe die Auffassung vertreten, dass die Bestpool GmbH über kein Brandschutzkonzept verfüge. &bdquo;Dies ist ausweislich der durch die Bezirksregierung Detmold erteilten Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vom 27. September 2017 falsch. Das Konzept datiert vom 21. April 2017 und ist verbindlicher Bestandteil des Genehmigungsbescheids der Bezirksregierung Detmold." Die Umsetzung des Konzepts habe durch einen qualifizierten Fachbauleiter kontrolliert werden müssen. Darüber hinaus sei die Behauptung aufgestellt worden, dass die Feuerwehr nicht ordnungsgemäß – wie es das Sicherheitsblatt für Cacliumhypocholorit vorsehe – mit Sand, sondern mit Wasser gelöscht habe. Erst dadurch sei die Schadstoffwolke entstanden. &bdquo;Dies kann nach Rücksprache mit der Freiwilligen Feuerwehr Steinhagen nicht bestätigt werden. Wenn Calciumhypochlorit brennt, soll mit trockenem Quarzsand gelöscht werden. Das geht aber nur dann, wenn ausschließlich diese Chemikalie brennt und es sich nur um einen kleinen Brandherd handelt." Das Gebäude habe aber im Vollbrand gestanden. &bdquo;In einem solchen Fall kann nur mit Wasser gelöscht werden." Spezielle Feuerwehrpläne bei Industriebränden Ein Löschen nur mit Quarzsand sei auch deshalb nicht umsetzbar gewesen, weil durch das enorme Ausmaß des Vollbrandes riesige Mengen trockenen Sandes hätten beschafft werden müssen. &bdquo;Es wäre unter Umständen nicht einmal auszuschließen gewesen, dass Nachbargebäude ebenfalls den Flammen zum Opfer gefallen wären", so Süß. Zum generellen Vorgehen bei derartigen Industriebränden existierten Feuerwehrpläne, die an der Brandmeldeanlage aushingen. Im Falle eines Brandes orientiere sich die Feuerwehr darüber und erfahre so, was im Betrieb gelagert wird. Im Falle des Brandes am 7. Februar sei darüber hinaus der Inhaber vor Ort gewesen und habe die Leitung der Feuerwehr über die aktuell eingelagerten Chemikalien informieren können.

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