Steinhagen. 2003, als Alexander Alt in die FDP eintrat, sei dort noch eine bürgerliche Politik gemacht worden. „Mir hat damals imponiert, wie Jürgen Möllemann das Image der »Partei der besser Verdienenden« abgestreift hat. Mit den FDP-Positionen konnte ich mich zu der Zeit gut identifizieren", erklärt der Diplom-Verwaltungswirt gestern im Gespräch mit dem Haller Kreisblatt. Das kann er über die Lindner-FDP dieser Tage nicht mehr sagen.
Nach dem Wahldebakel 2013, als die Liberalen nicht mal mehr den Einzug in den Bundestag schafften und in die Bedeutungslosigkeit abdrifteten, habe Christian Lindner die Partei wieder erfolgreich aufgestellt, sagt Alexander Alt. Doch sukzessive seien auf Bundes- und Landesebene alle national-liberalen Vertreter abgewählt oder zurückgedrängt worden. Alt, der sich genau diesem Flügel zurechnet, fühlte sich in der Folge immer weniger in der Partei vertreten.
Programmatisch habe sich die FDP immer mehr den Grünen angenähert, ihr ursprüngliches Profil verwässere dagegen zusehends. Öffentlichen Äußerungen von liberalen Spitzenpolitikern habe Alt zuletzt immer öfter nur noch mit Kopfschütteln begegnen können. Als Beispiel nennt er die eilige Abschiebung des islamistischen Gefährders Sami A. im Juli vergangenen Jahres nach Tunesien. Als Fehler des Abschiebungsprozederes öffentlich wurden, hätten führende FDP-Politiker zuallererst den Rechtsstaat in Gefahr gesehen und die Abschiebung öffentlich bedauert. Das falsche Signal, meint Alexander Alt.
"Mir geht es bei meinem Austritt um den Oberbau der Partei"
Er betont, dass sein FDP-Austritt nicht dem Steinhagener Ortsverband geschuldet sei. Denn dort sei die Zusammenarbeit stets gut gewesen. 2014 war Alt sogar als Bürgermeisterkandidat für die Steinhagener FDP ins Rennen gegangen, unterlag gegen Amtsinhaber Klaus Besser aber deutlich. Dass er nun im Zuge des FDP-Austritts auch sein Ratsmandat abgibt, sei nur konsequent und fair gegenüber den Wählern. „Mir geht es bei meinem Austritt um den Oberbau der Partei. Vieles, was dort entschieden wird, ist für mich nicht mehr tragbar", sagt Alt, „ich mache das ja ehrenamtlich. Dann will ich auch voll und ganz hinter der Partei stehen können."
Das gelingt ihm bei der AfD inzwischen offenbar besser. Denn wie Alexander Alt mitteilt, möchte er der Alternative für Deutschland beitreten. Auf Kreisebene hatte der Steinhagener bereits fraktionsübergreifend mit AfD-Mitgliedern zusammengearbeitet. „Ich habe mich vor meiner Entscheidung am AfD-Programm orientiert. Da gibt es viele Berührungspunkte", erklärt Alt. Wie sein weiteres politisches Engagement in Steinhagen aussehen könnte und ob er gar einen AfD-Ortsverband in der Gemeinde gründen möchte – dazu äußerte er sich nicht.
Steinhagens FDP-Fraktionsvorsitzende Silke Wehmeier bedauert im HK-Gespräch den Austritt von Alexander Alt. „Wir haben sehr gut zusammengearbeitet und gehen freundschaftlich auseinander", teilte sie mit. Auf lokaler Ebene sei man meistens „auf einer Linie" gewesen. In manchen Fragen habe Alt „eine andere Grundhaltung". Das müsse eine Fraktion aber aushalten, so Silke Wehmeier.
Für Alexander Alt rückt Maik-Oliver Winzker in die Steinhagener FDP-Fraktion nach. Der 48-Jährige ist Betriebsleiter und Prokurist bei Anker Kassensysteme in Bielefeld.
Kommentar: Keine Überraschung
So wirklich überraschen dürfte Alexander Alts angekündigter Wechsel zur AfD kaum jemanden. Wer seine Wortbeiträge im Gemeinderat kennt, mag manches Mal gedacht haben, ob das, was er da sagt, nicht lupenreine AfD-Positionen sind. Wenn es beispielsweise um Migrations- und Flüchtlingsfragen ging, oblag es zumeist Alt, die Position des kritischen Nachfragers und Bedenkenträgers zu übernehmen.
Dass man so ein durchaus ehrenwertes kritisches Bewusstsein beim Thema Migration inzwischen fast automatisch mit der AfD assoziiert, sollte allerdings den etablierten Parteien zu denken geben. Ob Alexander Alt mit seinem national-liberalen Selbstverständnis in einer immer radikaleren und zunehmend irrlichternden AfD besser Gehör findet, bleibt abzuwarten. Als freiheitlich gilt dort oft nur der Wille zum Tabubruch.

