In dieser beliebten Haller Postfiliale kommt kein einziges Paket an

Halle. Vor zwölf Jahren wurden noch rund 58 Millionen Briefe pro Tag verschickt, heute sind es nur noch 38 Millionen. E-Mail, WhatsApp und Co. haben dem Papierbrief arg zugesetzt. &bdquo;Bei uns ist das noch etwas anders. Wir haben viele ältere Kunden, die sich noch über das Angebot vor Ort freuen“, sagt Helene Weinhold. Sie betreibt seit gut einem Jahr die Postfiliale in Künsebeck und freut sich, dass jeden Tag Kunden vorbeikommen und Briefe und Pakete auf Reisen schicken. &bdquo;Im Schnitt kommen täglich drei bis zehn Personen“, sagt Weinhold. Klingt im ersten Moment gar nicht nach so viel, bedenkt man aber, dass die Filiale montags bis freitags nur von 9 bis 11 Uhr sowie samstags von 8 bis 9 Uhr geöffnet hat, ist die Zahl recht hoch. Zudem ermöglicht die Post durch Online-Leistungen, wie etwa dem Aufschreiben von Zahlencodes als Briefmarkenersatz oder durch das Aufstellen von Packstationen, beliebte Alternativen. &bdquo;Es gibt uns hier an diesem Standort jetzt seit rund 16 Jahren“, sagt Weinhold. Und auch wenn solch eine kleine eigenständige, also nicht unter dem Dach eines anderen Händlers betriebene Filiale eher selten ist, hat sie ein Existenzrecht. &bdquo;In einem gewissen Umkreis muss es eine Postfiliale geben, das schreibt das Postgesetz vor“, erklärt Weinhold. Die Filiale ist eine Interimsfiliale, wie Anja Wixforth, Vertriebsmanagerin der Deutschen Post, erklärt. Also eine Filiale ohne Partnerlösung, die somit noch von der Post selbst betrieben wird. In ihrem Zuständigkeitsbereich, der den Kreis Gütersloh und Teile des Kreises Herford umfasst, sind von den 48 betreuten Filialen nur zwei Interimsfilialen. Lesen Sie auch: Paketbranche setzt auf Automaten – DHL peilt Verdoppelung an Personalengpass führte kürzlich zur vorübergehenden Schließung Helene Weinhold pendelt zwischen Künsebeck und Steinhagen, wo sie nachmittags in der Filiale an der Bielefelder Straße tätig ist. In der Regel gibt es für sie eine Vertretung bei Krankheit oder Urlaub. &bdquo;Kürzlich war dies leider nicht der Fall. Da war ich krank und meine Vertretung im Urlaub. Da musste die Filiale einige Tage geschlossen bleiben“, sagt Weinhold. Dies sorgte für Unmut bei der Interessengemeinschaft Künsebecker Bürger (IGKB). Demnach hätten die kurzen Öffnungszeiten der Filiale &bdquo;in der Vergangenheit mehrfach für Unmut in der Bevölkerung gesorgt“. Gerade für ältere Menschen oder Berufstätige sei, so die IGKB, der unregelmäßige Betrieb ein echtes Problem. Die Künsebecker Postfiliale sei für die Bewohner des Ortsteils nicht nur ein logistischer Knotenpunkt, sondern auch ein Stück Daseinsvorsorge im ländlichen Raum. In der Filiale, deren Eingang an der Finkenstraße liegt, die aber postalisch gesehen die Adresse Hauptstraße 13 trägt, können Pakete, Retouren und Briefe mit Adressaten in Deutschland abgegeben werden. Pakete empfangen werden können hier jedoch nicht, dafür ist nicht ausreichend Platz in der Immobilie, die einst als Bankfiliale diente und noch über eine schwere Stahltür im Eingangsbereich verfügt. &bdquo;Hier ist ein ruhiger Wohnbereich. Viele haben das per Abstellgenehmigung geregelt und lassen ihr Paket beim Nachbarn oder an einem festgelegten Ort platzieren“, sagt Weinhold. Selbstverständlich können in der Filiale auch Briefmarken gekauft werden. Ein wichtiger Service, zumal die letzten Briefmarkenautomaten Ende 2024 abgebaut wurden. Lesen Sie auch: Nein zur Packstation gefährdet Post-Standort Ohne Bargeld geht in dieser Haller Postfiliale wenig Und nicht zuletzt ist Weinhold auch für den einen oder anderen Schnack am Schalter zu haben. &bdquo;Ich bin manchmal auch ein bisschen Seelenbetreuerin. Die Leute plaudern gerne mal mit mir“, sagt Weinhold. Und nebenbei nimmt sie gerne auch Briefe und Pakete entgegen. Aber alles nur gegen Bargeld, denn eine EC-Zahlung, darauf weist ein Schild an der Eingangstür hin, ist hier nicht möglich. Die Tante-Enso-Filiale als Partner zu gewinnen, schlug in den vergangenen Monaten fehl, da diese nicht über den notwendigen Platz verfügt. &bdquo;Wir suchen jederzeit nach einer Partnerlösung oder alternativ nach einem Standort für eine Poststation, da wir unser Netz ausbauen wollen“, sagt Rainer Ernzer, Pressesprecher der Deutschen Post. Unter einer Poststation versteht man eine vollautomatische Einrichtung, ähnlich wie die Packstation. Jedoch können dort zusätzlich Briefmarken ausgedruckt und Einschreiben eingeworfen werden. &bdquo;Zudem kann man per Video-Call mit einem Mitarbeiter verbunden werden, der einem dann alles erklärt“, sagt Ernzer. Derartige Stationen gibt es bereits in Verl-Sürenheide (am Elli-Markt) und in Harsewinkel (am Rewe-Markt). Die Bundesnetzagentur erkennt diese, seit einer Gesetzesänderung zu Jahresbeginn, auch als Ersatz für eine Postfiliale an. Dies geschah kürzlich zum ersten Mal in Enger-Pödinghausen. Sollte sich dies durchsetzen, könnte die Existenz einer der kleinsten Postfilialen in der Region gefährdet sein. Allerdings, so erklärt Ernzer, muss die Gemeinde zustimmen, ob der Wechsel von einer Postfiliale zu einer Poststation erfolgen soll. Macht sie dies nicht, bleibt alles, wie es ist. Auch wenn dies für die Post die kostenintensivere Variante ist. Für die Künsebecker würde es den Fortbestand einer vertrauten Adresse bedeuten. 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