Haller Automobil-Zulieferer in der Krise: Kurzarbeit ab November

Halle. Die Nachricht aus Künsebeck, dem Hauptsitz für Produktion und Technologie der europäischen Wälzlagersparte von JTEKT (früher Koyo), kommt nicht überraschend. Auch der Haller Automobilzulieferer steckt in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Nachdem zuletzt bis Juli etwa 450 der rund 580 Beschäftigten der JTEKT Bearings Deutschland GmbH in Kurzarbeit waren, ist diese Maßnahme nach einer kurzen Unterbrechung ab November erneut angezeigt. Mit einem Unterschied: Dieses Mal sind alle Beschäftigten betroffen. Noch Ende Februar hatte Werksleiter und Prokurist Dieter Hohenbrink leise Hoffnungen geäußert, dass man die Maßnahme, die im Dezember 2023 eingeführt worden war, im Herbst 2024 würde beenden können. Doch dem ist nicht so: &bdquo;Auch JTEKT ist von der Krise in der Automobilbranche betroffen und leidet unter einem Rückgang des Auftragsvolumens bei gleichzeitig erhöhtem Kostendruck“, berichtet Hohenbrink jetzt auf Anfrage des &bdquo;Haller Kreisblatts“. &bdquo;Die wirtschaftliche Situation wird dadurch sehr erschwert.“ Dabei steht JTEKT nicht alleine vor diesen Herausforderungen, vielmehr handelt es sich um eine Kettenreaktion: Womöglich taumelt die gesamte deutsche Autoindustrie gerade in ihre schwerste Krise überhaupt. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Kunden sind maximal verunsichert und wissen zwischen Förderstopps und neu aufgelegten Förderprogrammen für Elektro-Autos teilweise nicht mehr, was sie kaufen sollen - was zu einer Kaufzurückhaltung führt. Andere wiederum haben nach den Krisen der vergangenen Jahre und gestiegener Inflationsrate gerade schlichtweg kein Geld, um ein neues Auto zu erstehen. Nicht zuletzt ist die Konkurrenz zwischen den Autoherstellern gewachsen - was wiederum Folgen für die verschiedenen Autozulieferer hat. JTEKT ist Zulieferer bei ZF Um die Dimensionen zu verdeutlichen: Zuletzt hatte ZF in Friedrichshafen, zweitgrößter deutscher Autozulieferer, mitgeteilt, dass man nur noch einen Umsatz zwischen 40 und 42 Milliarden Euro erwarte - mehr als zwei Milliarden Euro weniger als bislang geplant. Laut einer Mitteilung werde auch die bereinigte Ebit-Marge (Ergebnis vor Steuern und Zinsen im Verhältnis zum Umsatz) nur noch zwischen drei und vier Prozent liegen - die geplanten 4,9 bis 5,4 Prozent können offenbar nicht mehr erreicht werden. Noch heftiger ist der Einbruch beim bereinigten Cash Flow: Statt mehr als 800 Millionen Euro werden jetzt nur noch gut 100 Millionen Euro erwartet. Erschwerend kommt hinzu, dass ZF nach zwei Großübernahmen laut Medienberichten wohl mit mehr als zehn Milliarden Euro verschuldet ist, während Zinslasten von mehr als 600 Millionen Euro drücken. Bei ZF arbeiten nicht nur 54.000 Beschäftige an 35 Standorten in Deutschland für das Unternehmen, wobei zuletzt davon die Rede war, dass möglicherweise 14.000 Stellen gestrichen werden könnten. Vor allem ist auch JTEKT Zulieferer bei ZF. Das funktioniert dann so: Liefert ZF beispielsweise ein komplettes Antriebsmodul an BMW, stecken in diesem Antriebsmodul wiederum Nadellager aus Künsebeck. Herausforderungen an Autozulieferer sind vielfältig Was die Situation für die Autozulieferer besonders prekär macht: Sie sind oft auf die Herstellung einiger weniger Produkte spezialisiert. Und in der Konsequenz oft auch abhängig von einigen wenigen Auftraggebern beziehungsweise auch von einigen wenigen Autoherstellern, die allerdings sehr genaue Vorgaben machen und erwarten, dass die Zulieferungen &bdquo;just in time“ geliefert werden, wie Automobilexperte Jürgen Pieper beschreibt. Nicht zuletzt werden sie mit grundsätzlichen Veränderungen konfrontiert: Der Umstieg der Autohersteller auf die Elektromobilität setzt auch die Zulieferer unter Zugzwang - sie müssen sich schlichtweg neu erfinden. Wie geht es für die JTEKT-Beschäftigten weiter? Was heißt das nun für die JTEKT-Beschäftigten in Künsebeck? Ist Kurzarbeit längerfristig das Mittel der Wahl oder stehen unter Umständen noch ganz andere Maßnahmen im Raum? Wie das HK erfuhr, gab es am 8. Oktober eine Mitarbeiterversammlung, was Dieter Hohenbrink bestätigt. Und der darüber sagt: &bdquo;Es wurde über die schwierige wirtschaftliche Situation berichtet und diese allen Mitarbeitern näher erläutert.“ Und der Manager fügt auch das noch an: &bdquo;In dieser Mitarbeiterversammlung wurde dargelegt, dass JTEKT an Studien und Optionen arbeitet, um die beste Lösung zu definieren, diese schwierige wirtschaftliche Situation langfristig erfolgreich zu beherrschen.“ Hört sich im ersten Moment nach einem Plan an, der alle Optionen offenlässt. Und dennoch als Hinweis verstanden werden kann, dass es mitnichten das Ziel ist, das Werk zu schließen oder - ähnlich wie die ganz großen Automobilzulieferer - in großem Stil Personal abzubauen. Vielmehr kämpft die Geschäftsleitung offenbar strukturiert darum, eine Lösung zu finden, wie es mit JTEKT hier weitergehen kann. Diese Nachfrage kommentiert Dieter Hohenbrink so: &bdquo;Ich kann bestätigen, dass das Management daran arbeitet, die beste Option zu finden, um das Geschäft bestmöglich zu steuern.“

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