Exotisches Tier im Haller Laibachpark: Tierschützerin sieht Umweltproblem

Halle. Florian Gahlstorf staunte bei einem Spaziergang nicht schlecht: Im Haller Laibachpark tauchte im Ententeich eine Gelbwangen-Schmuckschildkröte auf. Diese Tiere sind in dem kleinen Gewässer fehl am Platze. Es ist nicht der erste Vorfall in der Lindenstadt. "Ich habe die Schildkröte schon öfter gesehen", berichtet Gahlstorf ein paar Tage später. Das exotische Tier hatte es sich bei der jüngsten Sichtung auf einem Stein am Ufer des Ententeichs gemütlich gemacht. Gahlstorf und seine Frau konnten problemlos Fotos von der Schildkröte machen. Die Amphibie fühlt sich offenbar wohl. "Dort sind Rattenlöcher, in die sie sich verziehen kann", mutmaßt Gahlstorf. Das Quellgewässer bietet zwar laut Stephan Borghoff, Umweltingenieur im Haller Rathaus, Überlebens- und auch Überwinterungsmöglichkeiten für die Schildkröte, sei allerdings kein optimaler Lebensraum. "Es fehlt dort an Versteckmöglichkeiten und viele Futtertiere gibt es dort nicht. Allerdings friert der Teich im Winter nicht zu und die Wassertemperatur bleibt bei etwas zehn Grad", so Borghoff. Zumindest letzteres sind gute Bedingungen für die Exoten. Bielefelder Schildkröten-Station läuft über Der Park wird von der Stadt Halle gepflegt. Die Verantwortlichen werfen auch ein Auge auf die Tierarten, die sich dort tummeln. "Der Fall ist uns aber noch nicht bekannt", sagt Timo Klack, Pressesprecher der Haller Verwaltung, auf Anfrage des Haller Kreisblattes. Daher sei die Stadt auch bisher nicht tätig geworden. Das bestätigte Stephan Borghoff. "Das ist eine invasive Art. Wenn wir sie sichten, müssen wir sie abfangen", sagte der Umweltingenieur. "Allerdings erst dann, wenn die Unterbringung gegeben ist." Auf dem Bauhof, wo beispielsweise ausgebüxte Hunde für eine kurze Zeit untergebracht werden können, finden Tiere kein dauerhaftes Zuhause. Um die Unterbringung einer Schildkröte zu gewährleisten, hat die Stadt Kontakt zu verschiedenen, meist privaten Auffangstationen, da die offiziellen Tierheime die Amphibien nicht aufnehmen könnten. Eine davon ist die privat geführte von Ann-Kristin Beinhorn in Bielefeld-Ubbedissen. "Ich bin aber maximal voll", sagt die Tierschützerin. Sie kennt viele Fälle ausgesetzter Tiere und sieht darin auch ein politisches Problem - eines, das schon vor vielen Jahren anfing. Zwischen 1970 und 1990 sei es in Mode gewesen, Schildkröten beispielsweise im eigenen Garten zu halten. Die Halter seien nach vielen Jahren mit den Tieren überfordert oder Lebenssituationen hätten sich geändert. Da Schildkröten, ja nach Art, in privater Haltung bis zu 80 Jahre alt werden können, landen viele in der Natur. "Viele Ämter sind dann damit überfordert", berichtet Beinhorn. Einige Tiere würden sogar über Umwege ein trauriges Schicksal nehmen. In manchen Nachbarländern kämen Tötungen der Schildkröten häufiger vor. Umweltproblem - auch im Altkreis Halle "Man hat die Schwämme von Reptilien und Amphibien kommen sehen und sie ist voll da", sagt die Bielefelderin im Hinblick auf den großen Boom von Exoten als Haustier in den vergangenen 30 Jahren. Sie fordert ein Umdenken: "Tierheime müssen vernünftig finanziert und vorbereitet werden. Wir müssen den privaten Erwerb von Haustieren komplett neu überdenken." Damit spielt sie nicht nur auf Schildkröten, Schlangen und Co. an, sondern auch auf viele ausgesetzte Tiere während der Pandemie. "Wir haben so einfach ein riesen Umweltproblem", so Ann-Kristin Beinhorn. Schildkröten tauchen immer wieder in den Gewässern des Altkreises Halle auf. Beispielsweise sorgte jüngst ein Fall in Versmold für Aufsehen. In der Nähe des Naturschutzgebietes Bruch entdeckte Ingo Hanke eine Gelbwangen-Schmuckschildkröte. Zu diesem Fall bezog auch der Leiter der Biologischen Station Bielefeld/Gütersloh, Bernhard Walter, Stellung. Er berichtete, dass Schildkröten durchaus mit heimischen Arten um Futter konkurrieren, aber der biologische Schaden überschaubar sei. Heimische Lebewesen würden nicht verdrängt werden, die Panzertiere könnten sich auch nicht vermehren. In Halle kommt es häufiger zu derart bedauerlichen Eingriffen in die Natur. "Letztes Jahr wurde in Künsebeck eine Pseudemys concinna concinna /Hyroglyphenschildkröte (echte Schmuckschildkröte) gefunden", teilte Timo Klack mit. "Diese Schildkröte wurde vom Finder dann zur Wasserschildkrötenarche Bielefeld gebracht", so der Sprecher weiter. Auch im Vennteich werden immer wieder invasive Arten gesichtet. Wolfgang Kosubek beobachtete beispielsweise 2016, wie sich Gelbwangen-Schmuckschildkröten am Nest von Haubentauchern zu schaffen machten.

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