Haller Willem im 30-Minuten-Takt: Bahn-Fans kämpfen für besseren ÖPNV

Halle. 1984 wurde der Personenverkehr auf dem Gleis zwischen Dissen und Osnabrück eingestellt – die Deutsche Bundesbahn wollte Kosten sparen. Bürger, die damals das Gemeinwohl für wichtiger hielten als die wirtschaftlichen Interessen der Bundesbahn, gründeten deswegen vor 30 Jahren die Initiative Haller Willem. Dank ihres jahrelangen Drucks pendelt der Zug seit 2005 wieder regelmäßig zwischen Bielefeld und Osnabrück. Bis heute kümmern sich die Mitglieder um die Zukunftsfähigkeit der Strecke. Jetzt blickten sie in der Haller Remise auf ihre Geschichte zurück und stellten sich die Frage, wie der Erfolg des Neun-Euro-Tickets ihre künftige Arbeit beflügeln könnte. Wilhelm Meyer zu Erpen aus Dissen, einer der Gründer der Initiative, nannte als einen der ersten Meilensteine ihres Engagements die Durchsetzung des Brückenbaus über die Autobahn 33. Denn die sei ursprünglich ohne Brücke des Haller Willems geplant gewesen. Erst zahlreiche Eingaben hatten ein Einlenken bei Planern und Politikern bewirkt. &bdquo;Das war für mich der erste Erfolg unserer Gemeinschaft, alleine hätte ich das nicht geschafft“, sagte Meyer zu Erpen. Er befürwortete die Einführung des Neun-Euro-Tickets, da es den derzeitigen Tarif-Wust, den es auch beim Haller Willem gebe, aus der Welt schaffe. Hingegen kritisierte er das herrschende Missverhältnis zwischen neu gebauten Gleisen und neu gebauten Straßen. &bdquo;Im letzten Jahr wurden in der Bundesrepublik nur 74 Kilometer Schiene neu erstellt – gegenüber vielen Kilometern Straße. Da hinkt es an allen Ecken und Kanten“, sagte der überzeugte Bahnfahrer. Zug in Bielefeld vor der Nase weggefahren &bdquo;Wir haben die Strecke zwischen Bielefeld und Osnabrück gerettet“, sagte Dr. Christian Hahn aus Dortmund. Er freue sich über das angekündigte Nachfolgemodell zum Neun-Euro-Ticket. Ein Wermutstropfen sei aber die Kritik, dass das Neun-Euro-Ticket die ländliche Bevölkerung nicht erreicht habe. Da sei ihm der Wert des Haller Willem – einer Zugverbindung des ländlichen Raumes – erst wieder richtig bewusst geworden. Künftig müsse die Umweltfreundlichkeit des Zuges gestärkt werden. Er müsse weg vom Diesel: &bdquo;Das ist ein wesentlicher Schritt für die nächste Zeit.“ Außerdem müsse an den Anschlüssen der Bahn gearbeitet werden. Ihm sei bei seiner Ankunft auf dem Bielefelder Hauptbahnhof der Haller Willem vor der Nase weggefahren. &bdquo;Das ist eigentlich nicht mehr tragbar.“ Michael Dresbach, ehemaliger Projektmanager für den Haller Willem bei der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover, forderte eine intensivere Kooperation zwischen Straße und Schiene. Auch Bus und Bahn sollten nicht länger konkurrieren, sondern zusammenwirken. 49-Euro-Ticket kann nicht begeistern Willi Wächter vom Fahrgastverband &bdquo;Pro Bahn“ plädierte für kräftiges Investieren in Ausweichgleise, damit der Begegnungsverkehr auf der Strecke und damit die Fahrpläne &bdquo;stabiler werden“. Dr. Godehard Franzen Vorsitzender des Vereins &bdquo;Bielefeld pro Nahverkehr“, sagte, dass bei der Elektrifizierung &bdquo;mehr Dampf auf den Kessel“ müsse. Abschlägig urteilte er über das zurzeit angebotene 49-Euro-Ticket: &bdquo;Das ist es nicht“, sagte er knapp. Kai Schulte, hauptamtlicher Mitarbeiter des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen Lippe (NWL), bremste die Euphorie der Anwesenden, indem er daran erinnerte, dass alles stehe und falle mit dem Geld vom Land. &bdquo;Bei allem, was wir im Sinne einer Verkehrswende benötigen, zittere ich um den Bestand und nicht um den Ausbau“, sagte er. Eine Vollelektrifizierung der Strecke des Haller Willem etwa sei deswegen &bdquo;nicht darstellbar“. Willi Wächter vom Fahrgastverband &bdquo;pro Bahn“ widersprach: &bdquo;Geld ist da, es ist nur die Frage wofür man es ausgibt.“

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