Abschiedsgeschenk: Auf dieser Bank setzt sich Halles Bürgermeisterin zur Ruhe

Nach 18 Jahren als Bürgermeisterin verabschiedet sich Anne Rodenbrock-Wesselmann von den Ratsmitgliedern. Trotz eines äußerst positiven Fazits muss die große Feier leider ausbleiben.

Wolfgang Bölling (von links), Dieter Baars, Jürgen Keil und Hendrik Schaefer verabschieden Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann mit viel Applaus. Nach 18 Jahren im Amt macht sie nun Platz für ihren Nachfolger und wechselt vom Schreibtischstuhl auf die gemütliche Holzbank, die ihr zum Abschied überreicht wurde. | © Uwe Pollmeier

Uwe Pollmeier
30.10.2020 | 30.10.2020, 15:00

Halle. „Uns allen ist heute etwas komisch im Bauch. Die Situation tut uns sehr weh, es war anders geplant. Nun läuft es ein bisschen auf Schmalspur", sagt die Bürgermeisterin, als sie in die Endphase ihrer letzten Ratssitzung einbiegt. Mit ihr gemeinsam in der Mensa des Schulzentrums auf der Zielgeraden unterwegs waren am Mittwochabend 16 Ratsmitglieder, die mit Ende der Legislaturperiode ausscheiden. Teils geplant, teils ungewollt und in einem Fall aus einem nachvollziehbaren Grund. „Thomas Tappe hatte ich erst gar nicht auf der Liste, aber auch er ist nicht länger Ratsmitglied, sondern hat nun etwas Besseres vor", sagte die scheidende Bürgermeisterin zu ihrem Nachfolger.

„Ich möchte jetzt gar nicht viel sagen, dazu habe ich ja bald noch ausreichend Gelegenheit", erwiderte Tappe. Der Mann, der laut Rodenbrock-Wesselmann mit „Haut und Haaren Politiker ist" und „ordentlich Geld für die sportliche Infrastruktur rausgeholt hat", erklärte daher nur noch kurz den feinen Unterschied im Text der Gemeindeordnung hinsichtlich seiner bisherigen und seiner zukünftigen Funktion. „Ich bin jetzt kein Ratsmitglied mehr, sondern Mitglied des Rates".

Bölling, Sommer und Baars setzen Zeichen

Im Mittelpunkt der Verabschiedung standen jedoch die politischen Urgesteine Wolfgang Bölling (SPD, seit 1979 Ratsmitglied), Ulrike Sommer (SPD, 1984), Karin Otte (SPD, 1994), Dieters Baars (CDU, 1994), Detlev Kroos (CDU, 1999) und Hendrik Schaefer (CDU, 1999). „Sie haben Jahrzehnte der Politik gewidmet und wir haben viel gemeinsam erlebt", sagte Rodenbrock-Wesselmann.

„Wolfgang, man kann es nicht glauben, du bist seit 41 Jahren im Rat", sagte Rodenbrock-Wesselmann zu Wolfgang Bölling, der zudem seit 1999 Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten ist. „Für Dich beginnt eine krasse Zäsur, aber Du hast es so gewollt." Die Haller hätten dem 67-Jährigen „unfassbar viel zu verdanken". „Du hättest ein großes Fest verdient", sagte die scheidende Bürgermeisterin zum scheidenden Ratsmitglied.

Wolfgang Bölling erhielt als dienstältestes ausscheidendes Ratsmitglied ein besonderes Dankeschön. Er zieht sich nach 41 Jahren zurück. - © Uwe Pollmeier
Wolfgang Bölling erhielt als dienstältestes ausscheidendes Ratsmitglied ein besonderes Dankeschön. Er zieht sich nach 41 Jahren zurück. (© Uwe Pollmeier)

Fünf Jahre nach Böllings Premiere im Stadtrat kam Parteigenossin Ulrike Sommer 1984 hinzu. „Auf Ulrike konnten wir immer zählen", lobte Rodenbrock-Wesselmann die Künsebeckerin. Sie habe sich stets zu 100 Prozent mit der Stadt und den Menschen identifiziert. „Ein unfassbares Lebenswerk. Du hast eine Vorlage gegeben, die nur schwer zu toppen sein wird."

"Das ist halt Dieter"

Dieter Baars, der nach 26 Jahren Ratsmitgliedschaft aufhört, habe, so die Bürgermeisterin, „immer viel Leidenschaft gezeigt". Man habe stets viel Spaß zusammen gehabt und niemand sei dem anderen böse gewesen, wenn die Meinungen mal auseinandergingen. „Am Samstag geht er noch einmal in offizieller Funktion zu den Kaninchenzüchtern. Das ist halt Dieter", kommentierte Rodenbrock-Wesselmann die letzte Amtshandlung des stellvertretenden Bürgermeisters am 31. Oktober.

Auf eine ebenso lange Ratsmitgliedschaft blickt Karin Otte zurück. „Du bist unglaublich geradeaus und scharfsinnig", sagte Rodenbrock-Wesselmann. „Sie sagt stets, was sie denkt. Auch wenn es nicht Mainstream ist."

Blumen und Dankesworte erhielten auch folgende Mitglieder, die in der kommenden Legislaturperiode nicht mehr dabei sind: Renate Bölling (SPD, seit 2009), Katrin Flöttmann (SPD, seit 2004, gibt ihr gerade erworbenes Ratsmandat aus privaten Gründen freiwillig zurück, für sie rückt Daniel Kühnpast nach), Klaus-Peter Kunze (FDP, 2009), Frank Marquard (SPD, 2009), Michael Müller (SPD, 2019), Dr. Ute Müller (CDU, 2004), Anke Ruprecht (SPD, 2014), Reinhard Schacht (CDU, 2009) und Heike Tesche (SPD, 2014).

"Gibt keinen spannenderen Beruf"

„Du wirst in der Chronik unserer Stadt einen besonderen Platz einnehmen", begann schließlich Dieter Baars seine Verabschiedungsrede an die scheidende Bürgermeisterin. In der Folge blickte er auf Projekte zurück, die Anne Rodenbrock-Wesselmann während ihrer Amtszeit realisiert hat. Dazu zählend er Ravenna-Park, der A 33-Lückenschluss oder die Gesamtschulgründung. Rodenbrock-Wesselmann sei eine Frau, die „eine Bürger-Meisterin im besten Sinne des Wortes gewesen ist".

„All die Jahre habe ich dieses Amt mit Überzeugung und Leidenschaft ausgeführt. In meinen Augen gibt es keinen spannenderen Beruf", sagte Anne Rodenbrock-Wesselmann in ihrer Abschiedsrede. Sie habe mit allen Menschen und Themen zu tun gehabt und kein Tag habe dem anderen geglichen. Sie danke ihren Wegbegleitern für die faire Zusammenarbeit und ziehe ein durchweg positives Fazit. „Lassen sie uns in Kontakt bleiben!"

Politiker aller Parteien überreichten ihr als Geschenk eine Holzbank, auf der die Skyline der Stadt abgebildet ist. Gemeinsam mit ihrem Mann Gerd und den Enkeln kann sie sich dort zur Ruhe setzen.