„Feuerteufel“ unterwegs: Die geheimnisvollen Brände von Borgholzhausen

Borgholzhausen. Manchmal ist es gut, Chronisten zu haben. Sie halten fest, was andernfalls vergessen werden würde. Im Fall der unheimlichen Brandserien von Borgholzhausen dürften die Feuer aus den 1970er Jahren einigen Menschen in Pium noch präsent sein. Lebendig schildern kann sie Wilhelm Wesselmann. Mittlerweile ist er in der Ehrenabteilung der Freiwilligen Feuerwehr von Borgholzhausen. Bei den Bränden von damals war er als junger Feuerwehrmann zum Teil mit im Einsatz. Im Feuerwehrhaus an der Sundernstraße hat er die Feuerwehrchronik vor sich liegen, die hauptsächlich Quelle für den folgenden Text ist. Das letzte Mal aktualisiert worden ist sie im Jahr 2001, als die Feuerwehr in Pium 125 Jahre alt wurde. Die unheimliche Serie 1971 in der Innenstadt Wie schreibt es der Feuerwehrchronist: Über mangelnde Arbeit konnten sich die Kameraden in diesem Jahr nicht beklagen. In der Innenstadt geht 1971 ein &bdquo;Feuerteufel“ um. So muss es sein, die Polizei geht bei allen der fünf Bränden von Brandstiftung aus. Aufgeklärt wird aber nur ein einziger. In der Chronik ist von einer &bdquo;unheimlichen Brandserie“ die Rede. Am 15. Februar steht ein Pkw in einer Scheune in Flammen. Größerer Schaden entsteht nicht. Es ist nur der Auftakt für zwei weitere unmittelbar folgende Feuer. Am 1. März gerät eine weitere Scheune in der Nähe nebst Wirtschaftsgebäude &bdquo;in voller Ausdehnung“ in Brand, wie es in der Chronik heißt. 200.000 D-Mark Schaden entstehen, schreibt das &bdquo;Haller Kreisblatt“. Spätestens, als nur sechs Tage später eine weitere Scheune am Klingenhagen/Ausgang Teutoburger Straße Feuer fängt (250.000 DM Schaden laut HK), erhärtet sich der Verdacht, dass Brandstiftung vorliegen muss. Wilhelm Wesselmann wird an diesem 7. März, einem Sonntag, als junger Feuerwehrmann zum Einsatz gerufen. &bdquo;Die Scheunen waren Riesendinger mit Dachböden voller Heu und Stroh. Das brannte wie Zunder“, sagt der Borgholzhausener. Es ist nicht das Ende der Serie. Zwar dauert es mehr als vier Monate, bis es wieder brennt. Aber dieses Mal sterben viele Tiere. Der 18. Juli 1971 ist erneut ein Sonntag, und wieder ist Wilhelm Wesselmann mit im Einsatz. Auf dem Osthof bei der heutigen Physiowelt am Hamlingdorfer Weg steht eine Hühnchenzucht in Flammen. &bdquo;Die Scheune ist niedergebrannt, Glutnester fielen auf die Hühnchen, die im Rauch verendet sind“, erinnert sich Wesselmann. Die Nummer fünf der Brandserie folgt dann wiederum nur wenige Tage später am 27. Juli. Da, wo heute das ehemalige Geschäftsgebäude der Landfleischerei Goldbecker am Uphof steht, brennt eine Kfz-Werkstatt. Der Fall wird aufgeklärt. Ein Auszubildender, der sich wegen eines Streits an seinem Meister rächen will, hat das Feuer gelegt. Die Polizei ist sich sicher: &bdquo;Dieser Fall hatte mit den anderen nichts zu tun.“ Die vier Brände zuvor werden nicht aufgeklärt. &bdquo;So kam es aber, dass die Stadt Borgholzhausen den letzten landwirtschaftlichen Betrieb aus der Innenstadt loswurde“, so der Chronist. Die Situation der Feuerwehr in den 1970er Jahren Wer heute in die Feuerwehr eintritt, gehört meistens zu den &bdquo;Digitale Natives“. Unvorstellbar ist für diese Generation, wie ein Einsatz damals abläuft. &bdquo;Das Gerätehaus befand sich damals noch an der Masch“, sagt Wesselmann. Brennt es, heulen nur die Sirenen in der Stadt. Eine Alarmierung per Funk gibt es noch nicht. Wachsame Menschen wählen schon damals die 112. Notrufe laufen in den 1970er Jahren noch im Tabakgeschäft Köhne an der Freistraße auf. Der Inhaber alarmiert dann das Gerätehaus an der Masch. Wenn es brennt: Hier bekommt Borgholzhausens Feuerwehr das Wasser her 1973: Böse Erinnerungen kommen auf &bdquo;Hatte man die unheimliche Brandserie noch in schlechte Erinnerung, zeichnete sich in diesem Jahr schon ab, dass ein neuer Serientäter sein Unwesen treiben sollte“, heißt es in der Chronik. Mindestens drei Brände dieses Jahres seien auf Vorsatz zurückzuführen. Am 27. Februar geht eine Scheune in Westbarthausen in Flammen auf. &bdquo;20 Meter hoch“ lodern die Flammen, schreibt das HK. Am 3. Oktober brennt eine weitere Scheune in Berghausen. Das besonders Grausige am letztgenannten Fall: In den Trümmern der Scheune findet man die Leiche des Hoferbens mit einem Strick um den Hals. Eine weitere Scheune in Westbarthausen wird ein Raub der Flammen. Noch vier weitere Großbrände 1971, 1974 und 1975 kommt es zu weiteren vier Großbränden im Stadtgebiet. Das Eloxalwerk der Firma Hufendiek, das später die Firma Schüco übernimmt, steht am 27. Oktober 1971 in Flammen. Am 17. Juni 1974 brennt es erneut. &bdquo;Trotz des Einsatzes aller Feuerwehren des Altkreises Halle war ein Totalschaden der Poliererei und der Eloxalanstalt nicht zu vermeiden“, heißt es. Viel später erst, im März 2019, ereilt auch die Firma Schüco dieses Schicksal, die mittlerweile Eigentümerin des Gebäudes ist. Lichterloh schlagen vor sechs Jahren die Flammen aus dem Werk, in dem Aluminium veredelt wird. Da wo heute der Pilz an der Mobilstation an der Versmolder Straße steht, befindet sich 1975 Mittendorfs Mühle. Sie wird im Sommer das nächste Opfer der Flammen. Die Feuerwehr bekommt den Brand schnell in den Griff. Kurioser ist das, was sich nebenan abspielt. &bdquo;Zu der Zeit stand dahinter noch das &bdquo;Hotel zum Bahnhof“. Im Schlafanzug kamen die Gäste rausgelaufen, weil sie Angst hatten, dass das Feuer auf das Hotel übergreift“, erinnert sich Wilhelm Wesselmann. &bdquo;Die kriminellste Brandstiftung“ findet am 1. Oktober 1975 statt. Der ehemalige Jägerkrug an der Bahnhofstraße steht in Flammen. Das Gebäude diente zwischendurch als Wohnheim für &bdquo;Gastarbeiter“, wie es vor 50 Jahren heißt. Nachdem auch dafür kein Bedarf mehr besteht, wird offenbar &bdquo;warm saniert“, so die Chronik. Für dieses Unglück gilt das Gleiche wie für die vier ominösen Brände des Jahres 1971: Ein Täter wird nie überführt. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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