Ravensburg vs. Sparrenburg: Der Vorsprung ist gewachsen

In Bielefeld hat man nachgemessen und festgestellt: Der Turm der Sparrenburg ist viel niedriger als man mehr als 100 Jahre lang geglaubt hat. Jünger als die Burg Ravensberg ist die Anlage auch. Schon der Borgholzhausener Burgberg ist viel höher.

Sparrenburg-Besucherin Ann Josephine van der Does hält fürs Foto spaßeshalber einen Zollstock an. | © Sarah Jonek

Andreas Großpietsch
12.02.2020 | 12.02.2020, 05:20

Borgholzhausen. Ziemlich genau 176,4 Meter über Normal Null liegt die Erhebung des Teutoburger Waldes, auf der sich der Turm der Bielefelder Sparrenburg erhebt. 31,5 Meter hoch ist dieser Turm, wie neue Messungen im vergangenen Jahr ergeben haben. Damit ist das Bielefelder Wahrzeichen in Wirklichkeit 6,50 Meter kleiner als immer behauptet wurde.

In den gedruckten Flyern der Stadt Bielefeld und auf diversen Internetseiten wird meist noch der veraltete Wert von 37 Metern Abstand vom Boden bis zur höchsten Zinne genannt. Angeblich vergisst das Netz ja nichts und so wird die falsche Angabe wohl noch viele Jahre durch das Internet geistern. Von den vielen Büchern, in denen die Zahl abgedruckt ist, ganz zu schweigen.

Die falsche Höhenangabe hat ein hohes Beharrungsvermögen

Selbst auf der offiziellen Infotafel des Turms findet sich noch die Angabe 37 Meter. Doch bedenkt man, dass die letzte offizielle Messung aus dem Jahr 1905 stammt, so muss einen das Beharrungsvermögen der falschen Höhenangabe nicht wirklich verwundern. Die damalige Messung hatte übrigens eine Turmhöhe von 32,14 Metern ergeben.

Wieso man damals offensichtlich auch ein wenig falsch gemessen hat und warum in den städtischen Verzeichnissen die Angabe »37 Meter« auftauchte, ließ sich nicht mehr feststellen. Allerdings gab es generell schon immer Diskussionen, wie die Höhe eines Turms korrekt gemessen werden soll. Schließlich kommt es immer auch auf den Standort an. Ob der Bezugspunkt auf der einen oder anderen Seite eines solchen Bauwerks liegt, macht oft einen großen Unterschied.

Bei der heimischen Burg Ravensberg sind die Angaben ohnehin nicht ganz exakt. »Gut 20 Meter« hoch sei der Bergfried, heißt es auf Internetseite der Stiftung. Damit gehört der Turm absolut sicher nicht zu den höchsten Bauwerken seiner Art. Deshalb liegt der Fokus der Verantwortlichen auch auf einem anderen Aspekt.

Der 100 Meter tiefe Brunnen ist größte Besonderheit der Ravensburg

Das herausragende Merkmal der Burg Ravensberg, wie sie ganz korrekt genannt werden soll, ist ohnehin nicht ihre Höhe. 100 Meter reicht der Brunnen des Bauwerks in das Gestein hinab, auf dem die Burg errichtet worden ist. Dieser mittelalterliche Brunnen ist der zweittiefste, der bis heute in Deutschland erhalten geblieben ist. Und er war strategisch völlig unverzichtbar, damit die Burg ihre Funktion erfüllen konnte.

Denn die Burgbesatzung auf dem Berg, der übrigens 269 Meter über dem mittleren Meeresspiegel liegt (Normalnull), brauchte im Falle einer Belagerung unbedingt Wasser, um lange durchhalten zu können. Das war bereits den Burg-Erbauern im Jahr 1080 klar. Man nimmt heute an, dass schon diese ersten Grafen von Ravensberg den Brunnen errichten ließen.

Erst viel später, etwa in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, ließen die Herren zu Ravensburg die Bielefelder Sparrenburg errichten. Dass der Berg dort doch ein gutes Stückchen niedriger ist als der in Borgholzhausen, hat nichts gemacht. Denn den Überblick ins weite Umland liefern beide Bauwerke.