
Borgholzhausen. Mit einem Lächeln schaut Andreas Gartemann in die Runde: „Das kommt nicht oft vor, dass wir zwei Bürgermeister bei uns zu Gast haben", sagt der Geschäftsführer von Westfalia Europe. Und auch, dass sich das Unternehmen öffentlich äußert, hat es Jahre nicht mehr gegeben. „Erst Leistung bringen, dann Marketing", scherzt der Chef – und haut im nächsten Moment spannende Neuigkeiten raus, als würde er in einer seiner Hallen im Akkord produzieren.
Die Standortfrage
Als Westfalia seine schwere Krise im Jahr 2015 überwunden und damit Planungssicherheit hatte, rückten längst nötige Investitionen wieder in den Fokus: „Wir haben überlegt, wo sich ein Standort langfristig entwickeln lässt", erinnert sich Andreas Gartemann. Es wurde diskutiert, sich im Logistikzentrum des Mutterkonzern Wortmann AG in Löhne anzusiedeln, ehe dieser 2016 das Gelände in Pium von Westfalia-Gründer Ulrich Upmeyer komplett kaufte. „Das sollte erst reichen. Dachten wir", sagt Gartemann, der das Unternehmen mit Gründersohn Matthias Upmeyer führt.
Alles zu eng

Doch schnell stieß der gesundete Betrieb an seine Grenzen. Das Geschäft mit dem Schwesterunternehmen in York (USA) legte stark zu, die Auftragseingänge in Europa lagen weit über Plan. Westfalia hat sich auf automatische Lagersysteme spezialisiert und testet diese am Standort Borgholzhausen. Dafür braucht man Platz – zum Beispiel im von der B 68 gut zu sehenden Turm, der ein Hochregallager simuliert. „Mittlerweile stehen die Container mit Seefracht draußen auf einem Schotterparkplatz, und wenn sich ein Auftrag verzögert, haben wir in den Hallen Stau. Die Fahrzeuge ragen mitunter aus der Tür hinaus", berichtet Andreas Gartmann über die neuen Nöte. Dank der Investitionskraft von Siegbert Wortmann, Chef der Wortmann AG, fiel die Entscheidung: Ein neues Werk wird gebaut. Und dafür zog Westfalia seine Option im IBV.
Tetris mit Autos
Ein Wachstumstreiber ist das Geschäft mit vollautomatischen Parkhäusern. „Wir entwickeln Lösungen, mit denen die Autos einfach wegsortiert werden – bei Bedarf auch unterirdisch", erklärt Gartemann. Ein langfristiges Geschäftsfeld, dass auch bei Auftragsdellen Planungssicherheit bietet – und Fläche frisst. „Wir haben schon mal ein Drittel der Lagerfläche freigeräumt, um so etwas zu testen", verrät der Geschäftsführer.
Das neue Werk
Improvisation, die künftig der Vergangenheit angehören soll. Sieben Hektar hat sich Westfalia im IBV gesichert. „Unser Filetstück zwischen B 476, Erschließungsstraße und Düpmann", wie Borgholzhausens Bürgermeister Dirk Speckmann betont. Hier soll künftig Platz für den Parkhausbau, für vollautomatische Logistik – aber auch für neue Ideen sein. „Wir haben unsere IT-Abteilung in den vergangenen fünf Jahren auf 40 Mitarbeiter verdoppelt", sagt Andreas Gartemann. Hier entwickelt Westfalia intelligente Lösungen für seine langfristigen Partner, mehr als 50 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen mit Bestandskunden. „Wir müssen nicht auf Teufel komm raus Projekte übernehmen, um die Beschäftigung zu sichern", sagt der Chef. Er kann sich an der A 33 mittelfristig auch den Prototyp eines vollautomatischen Parkhauses vorstellen, mit Ladesäulen für E-Autos, kombiniert mit Projekten zum autonomen Fahren.
Die alte Heimat
Planmäßig werden die Hallen am bisherigen Standort Industriestraße abgerissen. Die Verwaltung bleibt, wo sie ist – zunächst einmal. Was mit den jetzigen Westfalia-Flächen langfristig passiert, muss noch entschieden werden. „Vielleicht gibt es ja innerhalb der Wortmann-Gruppe interessante Optionen", so Gartemann.
Der Fahrplan
Am Montag wurden die Mitarbeiter über die Pläne informiert, in Kürze werden die Verträge unterschrieben. „Wir beginnen jetzt mit den Planungen, werden zeitnah den Bauantrag stellen. Im Frühjahr oder Sommer 2019 würde ich gern die Bagger sehen", sagt Andreas Gartemann und lächelt wieder. Noch wird Westfalia nicht die gesamten sieben Hektar bebauen, sondern nur drei – aber die Zukunft hat begonnen.
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Aus der Krise auf Expansionskurs