Gütersloh

Baggersimulator: In Gütersloh lernt man baggern, ohne Schäden zu verursachen

Die Unternehmensgruppe Hagedorn hat sich für ihre Hausakademie einen Baggersimulator gekauft. Damit kann man üben, wie man ein Haus abreißt, ohne Kollateralschaden zu verursachen.

Christian Kretschmer hat in der Kabine des Simulators Platz genommen. Normalerweise leitet der 38-jährige das Lager. | © Jens Dünhölter

05.08.2019 | 05.08.2019, 17:00

Gütersloh. Nein, Thomas Hagedorn ist sicher kein Maßstab. Schon im zarten Alter von acht oder neun Jahren saß der heutige Inhaber der 39 Einzelfirmen umfassenden Unternehmensgruppe zum ersten Mal in einem Bagger. Ein paar Jahre später gewann er Wetten, indem er mit den Zähnen eines Abbruchbaggers Bierflaschen in einer Kiste hin und her tauschte. 22 Jahre nach der Firmengründung startet die für ihre Einfälle bekannte Gruppe jetzt mit dem weltweit ersten Vollkabinen 3-D Abbruch-Baggersimulator in ein neues Zeitalter der praktischen Maschinenführer-Ausbildung.

Mit dem von Hagedorn mitentwickelten Vollkabinen 3-D Abbruchbaggersimulator hat ein neues Zeitalter der praktischen Maschinenführer-Ausbildung begonnen. - © Jens Dünhölter
Mit dem von Hagedorn mitentwickelten Vollkabinen 3-D Abbruchbaggersimulator hat ein neues Zeitalter der praktischen Maschinenführer-Ausbildung begonnen. (© Jens Dünhölter)

Nach gut eineinhalbjähriger Entwicklungszeit ist das 3,5 Tonnen schwere Gerät als fester Ausbildungsbestandteil in die „Hagedorn-Akademie" einbezogen. Ähnlich wie bei Flugzeug-, Panzer- oder Formel-1-Simulatoren können Bewerber damit ihre praktischen Fähigkeiten prüfen. Firmenchefin Barbara Hagedorn: „So können wir auf Anhieb erkennen, wer das passende Fingerspitzengefühl hat."

Ein Jahr dauerte die Programmierung

Christian Hülsewig, Geschäftsführer und Gesellschafter von Hagedorn Innovation, war an der technischen Realisierung beteiligt: „Alle sind total begeistert. Das fühlt sich wie echtes Baggerfahren an." Unterstützung bekamen die „Hagedorner" wie sich die Firmenangehörigen nennen, von zwei Seiten. Die Firma Zeppelin als Deutschlands größter Baumaschinenhändler lieferte die 1,5 Tonnen schwere Caterpillar-Kabine und übernahm die Hälfte der 350.000 Euro Entwicklungskosten. Ein Jahr dauerte die Programmierung. Sie wurde durch „sukzessives Herantasten unserer Experten bei unserem schwedischen Software-Partner umgesetzt", erläutert Hülsewig. Beispielsweise erwiesen sich anfangs die virtuellen Steinhaufen als viel zu leicht. „Die sind uns aus der Schaufel des Löffels gehüpft."

Kern des Simulators ist die klimatisierte, mit sieben Monitoren ausgestattete dreidimensionale Kabine. Der Fahrer bedient dort alle Hebel und Pedale der Steuerbereiche (Fahrzeugbewegung, Kabinendrehung, Ausfahren des Armes und Arbeiten mit den Anbauteilen) wie im echten Bagger. Um jeden potenziellen Einsatz üben zu können, stehen die sechs Programme „Abbruch", „Sortieren", „Pulverisieren", „Hämmern", „Schrott schneiden" und „Ladeszenarien" zur Verfügung.

"Wenn man die falsch einsetzt, wäre das doof" - und teuer für das Unternehmen

Begeht der Proband einen Fehler, leuchten Warnhinweise wie „Schaden in der Umgebung", „Maschinenschaden" oder „Kollision mit einem Felsen" auf. Ein spezieller Baggertrainer überwacht die Tätigkeiten an einem Kontrollmonitor, die Kommunikation erfolgt über Headsets. Hülsewig: „Die Bau-Maschinisten bewegen in den Baggern den Gegenwert von Einfamilienhäusern. Allein die Schrottschere kostet 160.000 Euro. Wenn man die falsch einsetzt, wäre das doof." Und teuer für das Unternehmen.

Mit dem Simulator will Hagedorn Mitarbeiter gewinnen, aber auch die Werbetrommel rühren. Hülsewig: „Bei uns bewegt sich total viel. Wir sind mit Hightech-Geräten unterwegs. Es ist eine coole, zukunftssichere Branche." Sollte die Firma bei ihren 90 bis 100 parallel laufenden Projekten nicht mehr genug Maschinisten einsetzen können, hätte sie ein Problem. Barbara Hagedorn: „Mit dem Bagger-Simulator können wir Bewerbern jetzt die Möglichkeit geben, sich den Beruf praktisch vorzustellen." Rund 500 Mitarbeiter beschäftigt die Gruppe inzwischen, beim Thema Abbruch sie ist deutschlandweit die Nummer eins.

Das nächste Gerät ist schon bestellt

Hilfreich sei der Simulator auch für das bestehende Personal: Nun können hausintern die 95 Maschinisten geschult, Bauhelfer zum Baggerfahrer ausgebildet, die Arbeitssicherheit verbessert und die Königsklasse Longfront-Bagger trainiert werden, Die Testfahrer können kniffelige Situationen wie das Einreißen von Dächern, Arbeiten an Fassaden, oder den Abriss in beengten Situationen ohne schwerwiegende Folgen üben.

Und das nächste Gerät ist schon bestellt: In drei bis vier Monaten zieht ein Raupen-Simulator in die Akademie ein, auch hier teilen sich Hagedorn und Zeppelin die 350.000 Euro Entwicklungskosten. Für Barbara Hagedorn ist das bestens angelegtes Geld: „Es ist eine Investition in die Zukunft unserer Unternehmensgruppe."