Halle. Das Familienunternehmen Kalwar ist in finanzielle Schieflage geraten. Das Bielefelder Amtsgericht hat am 27. März ein entsprechendes Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Firma mit Sitz am Gartnischer Weg angeordnet. Davon betroffen ist die Kalwar Fusionstechnik GmbH, eine der drei Firmen der Kalwar Group.
Deren Geschäftsführer Georg Kalwar hat dem „Haller Kreisblatt“ erklärt, worin die aktuelle Situation begründet ist und was man sich für die Zukunft erhofft. „Es hat uns hart getroffen. Wir dachten eigentlich, dass wir gut aufgestellt seien“, erklärt Kalwar. Das 1966 vom 2021 verstorbenen Klaus Kalwar in der Waschküche seiner Eltern in Amshausen gegründete Unternehmen hatte sich im Laufe der vergangenen Jahre zu einem weltweit agierenden Hersteller von Anlagen für die Optimierung von Kunststoffoberflächen entwickelt.
Aufgrund der weltweiten Krisen, allen voran die Energiekrise, sei der Markt für die hochpreisigen Maschinen eingebrochen. „Wir sind besonders stark getroffen worden. Die Planungen waren komplex und gut, aber Mitte 2024 nahm die Nachfrage stark ab. Es gibt halt Entwicklungen, wie Kriege und Krisen, die unvorhersehbar sind“, erklärt Kalwar. Das aktuelle Team von zwölf Mitarbeitern arbeite derzeit weiter, die Lohnzahlungen sind durch den Insolvenzantrag gesichert.
Know-how der Mitarbeiter soll unbedingt erhalten bleiben
„Wir suchen nun dringend Investoren, um das Unternehmen weiterführen zu können“, sagt der 58-jährige Firmenchef. An den erhofften Verhandlungen wird sich dann auch der Bielefelder Rechtsanwalt Dr. Bero-Alexander Lau beteiligen, der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde. „Ohne einen Investor wird es nicht gehen“, sagt Kalwar. Dennoch ist er optimistisch, dass man den Betrieb wieder auf Kurs bringt. Schließlich sei man so sehr spezialisiert, dass die Zahl der Mitbewerber überschaubar ist.
„Unsere Mitarbeiter verfügen auch über ein unheimliches Fachwissen. Solche Leute findet man nicht wie Sand am Meer. Es wäre eine Katastrophe, wenn dieses Wissen verloren geht“, sagt der 58-Jährige. Man habe noch viele Ideen, aber der Markt müsse halt funktionieren. Als einer der ersten Unternehmer weltweit hatte sich der gelernte Elektroinstallateur und Firmengründer Klaus Kalwar das sogenannte Coronaverfahren industriell zunutze gemacht. Wichtig war in den Anfangsjahren auch die Entwicklung von Patenten und Schutzrechten. Rund 130 wurden insgesamt angemeldet.
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Oberflächen so zu veredeln, dass sie für spezifische Zwecke genutzt werden konnten, machte sich Klaus Kalwar einst zur Aufgabe und zählte in diesem Gebiet weltweit zu den Pionieren. Im Jahr 1976 hatte die Firma bereits über 50 Mitarbeiter, die ersten Auszubildenden wurden eingestellt. Zehn Jahre später folgte dann der Durchbruch in der Automobilbranche. Ein weltweit führender Konzern orderte erstmals eine spezielle Sonderanlage zur Vorbehandlung von Armaturentafeln und Handschuhklappen von Kalwar.
Kalwar ist weltweit tätig für verschiedene Branchen
Seit dem Umzug vom Künsebecker Weg in das 11.000 Quadratmeter große Fertigungs- und Verwaltungsgebäude am Gartnischer Weg vor 25 Jahren hat sich das Unternehmen stets weiterentwickelt. Kalwar fertigt heute individuelle Vorbehandlungsanlagen auf Basis der Plasmatechnologie für Kunden aus allen industriellen Fertigungsbereichen wie Automobil- und Verpackungsindustrie, Baubranche, Luftfahrt oder Medizintechnik in aller Welt.
Für einen Zeitplan im Insolvenzverfahren ist es derzeit noch zu früh. „Unser Insolvenzverwalter hat noch gar nicht alle Unterlagen gesichtet“, sagt Georg Kalwar. Man wolle jedoch das Beste für das Unternehmen und richte den Blick nach vorn.

