Neuer „Schuldneratlas“

Überschuldung steigt wieder: Jeder zwölfte Mensch in OWL in den Miesen

Von dem Trend zur Überschuldung sind inzwischen alle Bevölkerungsgruppen betroffen, warnen Experten. Besonders viele Fälle in der Region gibt es in Bielefeld.

Die Unternehmensgruppe Creditreform hat den Schuldneratlas 2025 veröffentlicht. | © Alexander Heinl/dpa

Jemima Wittig
18.11.2025 | 18.11.2025, 05:00

Bielefeld. In Ostwestfalen-Lippe ist die Zahl der Überschuldeten gestiegen. Das geht aus dem neuen „Schuldneratlas“ der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor. Es gibt große regionale Unterschiede.

In OWL sind 138.699 Menschen (8,12 Prozent) überschuldet. Das sind 4.409 mehr als 2024. Als überschuldet gilt, wer seine finanziellen Verpflichtungen langfristig nicht erfüllen kann.

Damit steht OWL besser da als der NRW- (9,79 Prozent) und sogar der Bundesdurchschnitt (8,16 Prozent). Dennoch haben sich in allen Kreisen die Werte verschlechtert. Während es die wenigsten überschuldeten Menschen in den Kreisen Höxter (7,01 Prozent) und Paderborn (7,25 Prozent) gibt, finden sich die meisten in Bielefeld (9,45 Prozent).

Diese Menschen sind besonders betroffen

Im Jahr 2016 lag die Schuldnerquote in Deutschland noch bei 10,06 Prozent, seitdem waren die Zahlen überall bis jetzt kontinuierlich rückläufig. Die jüngste Altersgruppe war im vergangenen Jahr die einzige, in der die Überschuldungsquote leicht angestiegen ist. Creditreform gab damals als möglichen Grund die verstärkte Nachfrage nach Ratenkrediten und „Buy now, pay later“-Angeboten (BNPL) an. Genau davor warnte dann im vergangenen Jahr auch die Schuldnerberatung Gütersloh. Auf diese Art des Konsumierens seien sowohl die jungen Menschen als auch deren Eltern oftmals nicht vorbereitet, hieß es gegenüber dieser Redaktion.

Inzwischen sind zwar immer noch hauptsächlich junge Menschen unter 30 von Überschuldung betroffen, aber nicht nur: „Wir sehen mittlerweile viele, die eigentlich gut situiert sind, aber ihre finanzielle Belastbarkeit überschätzt haben. Das betrifft zunehmend auch Menschen mit stabilem Einkommen und geregeltem Alltag“, sagt der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrick-Ludwig Hantzsch. Von der Überschuldung seien jetzt alle Bevölkerungsgruppen betroffen. Bei den Menschen über 60 Jahren komme hinzu, dass steigende Lebenshaltungskosten auf ein begrenztes Renteneinkommen stießen. „Nach Jahren des Angst-Sparens sind die Puffer vieler Menschen schlicht aufgebraucht“, sagt Hantzsch.

Denen, die sich Hilfe suchen, rät die Verbraucherzentrale NRW, Angebote von Schuldnerberatern gründlich zu prüfen und sich zu Beginn direkt über entstehende Kosten zu informieren: „Immer mehr gewerbliche Anbieter offerieren hierbei ganz unterschiedliche Leistungen – aber nur selten gibt es eine Beratung, die auf den Einzelfall zugeschnitten und wirtschaftlich sowie rechtlich fundiert ist. Statt dauerhafter Entschuldung folgen häufig horrende Gebühren für überflüssige oder schlechte Leistungen.“

Steigende Insolvenzzahlen, sinkende Sparquote

Aktuell ist keine Besserung in Sicht. Die OWL-Wirtschaft ist derzeit in einer Krise. Die Konjunktur in der Region stagniert. Auch namhafte Unternehmen müssen Insolvenz anmelden. So geht auch Creditreform davon aus, dass sich der negative Trend fortsetzen wird.

Da ist es wenig verwunderlich, dass auch die Sparquote sinkt. Die privaten Haushalte in Deutschland haben im 1. Halbjahr dieses Jahres 10,3 Prozent ihres Einkommens gespart. Damit war die Sparquote geringer als im ersten Halbjahr 2024 mit 11,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) jetzt mitteilt. 2020 und 2021 lag die Sparquote mit durchschnittlich 15,1 Prozent wesentlich höher.

Für seinen „Schuldneratlas“ wertet das Unternehmen anonymisierte Daten aus amtlichen Registern, von Online-Händlern und anderen Quellen aus.