Bielefeld. Trotz hoher Ausbildungsbereitschaft klafft in Ostwestfalen eine zunehmend sichtbare Lücke zwischen Angebot und Nachfrage: Unternehmen bieten Ausbildungsplätze an – doch viele bleiben unbesetzt. Die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) warnt in ihrem aktuellen Bildungsreport vor einer anhaltenden Schieflage.
„Trotz vieler offener Stellen finden Betriebe und Ausbildungsinteressierte nicht immer zusammen – das darf den Ausbildungsmarkt nicht gefährden“, sagt IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker mit Blick auf die aktuellen Zahlen. Laut dem Report wurden 2024 in der Region 6.884 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen, ein Rückgang um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit folgt Ostwestfalen dem allgemeinen Landestrend.
Besonders alarmierend: Fast jede zweite Firma, die an einer bundesweiten DIHK-Umfrage teilnahm, konnte nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. Von den 415 befragten ostwestfälischen Betrieben gaben 181 – das entspricht 44 Prozent – an, dass angebotene Ausbildungsplätze vakant blieben. Insgesamt wurden 770 unbesetzte Stellen registriert.
Passungsprobleme: Jugendliche finden keinen Job
Diese sogenannten Passungsprobleme betreffen nicht nur einzelne Branchen, sondern ziehen sich durch viele Ausbildungsbereiche. Unternehmen suchen händeringend nach Nachwuchs, während Jugendliche – trotz grundsätzlich vorhandener Ausbildungsbereitschaft – nicht immer den Weg in die Betriebe finden. Gründe dafür reichen von fehlender Orientierung über unpassende Bewerbungen bis hin zu regionalen und berufsspezifischen Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage.
Die IHK verweist auf zahlreiche Maßnahmen, die helfen sollen, diese Lücke zu schließen. So setzt die Kammer auf frühzeitige und praxisnahe Berufsorientierung. Ende 2024 bestanden 268 Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen, zusätzlich besuchten 132 sogenannte Ausbildungsbotschafter Schulen, um Einblicke in den beruflichen Alltag zu geben. Mit 11.000 verteilten Ausbildungsatlanten will die IHK Jugendliche über Berufswege, Betriebe und Bewerbungsstrategien informieren.
Auch das Engagement der Betriebe ist nach wie vor hoch: 4.209 Unternehmen bildeten im Jahr 2024 aus, darunter 213, die erstmals eine Ausbildung anboten. Die Ausbildungsqualität hat für viele Firmen Priorität – das belegen 1.607 abgelegte Ausbildereignungsprüfungen, ein neuer Rekordwert.
Hohe Ausbildungsbereitschaft in Ostwestfalen
„Die Ausbildungsbereitschaft in unserer Region ist nach wie vor hoch. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, die Qualität der Beruflichen Bildung zu sichern und auszubauen“, betont IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke. Doch die Zahlen zeigen auch: Die Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt verlagern sich. Es geht weniger darum, neue Ausbildungsplätze zu schaffen – sondern vielmehr darum, passende Auszubildende dafür zu gewinnen.
Ein möglicher Lösungsweg liegt für die IHK in der gezielten Förderung von Zukunftsbranchen. So stand bei der Ausbildungstour des Präsidenten 2024 insbesondere die Ausbildung in Digitalberufen im Fokus. Diese gewännen im Zuge der digitalen Transformation zunehmend an Bedeutung, heißt es. Nur mit qualifizierten Fachkräften lasse sich dieser Wandel gestalten.
Um den Zugang zur Ausbildung zu erleichtern, verweist die Kammer außerdem auf das Online-Portal www.ausbildungschance-owl.de, auf dem auch nach Beginn des Ausbildungsjahres noch offene Plätze gelistet sind.