Finanzen

Steuerklassen und Kindergeld: Diese Entlastungen plant die Regierung

Der Bundestag hat sich erstmals mit den von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungen bei der Einkommensteuer beschäftigt. Was konkret geplant ist.

Der Kinderfreibetrag soll rückwirkend erhöht werden und in den nächsten beiden Jahren weiter ansteigen. | © picture alliance / dpa-tmn

26.09.2024 | 26.09.2024, 17:55

Bundesfinanzminister Christian Lindner nannte es am Donnerstag eine „Frage der Gerechtigkeit“: Während die Sozialleistungen automatisch mit der Inflation stiegen, müssten nun auch diejenigen entlastet werden, die diese bezahlten. Deshalb werde der Staat vorsätzlich auf Steuereinnahmen verzichten, so der FDP-Chef bei der ersten Beratung der Vorhaben im Bundestag. Insgesamt sollen die Steuerzahlenden im Zeitraum von drei Jahren knapp 18 Milliarden Euro weniger zahlen müssen. Was sich mit den Steuergesetzen konkret für Bürgerinnen und Bürger ändert.

Steuerliche Freibeträge

Aus verfassungsrechtlichen Gründen darf das Existenzminimum nicht besteuert werden. Deshalb müssen der Grundfreibetrag, bis zu dem keine Einkommensteuer gezahlt werden muss, und der steuerliche Kinderfreibetrag regelmäßig an die Preissteigerungsrate angepasst werden. Zunächst soll es für 2024 rückwirkend zusätzlich zu einer bereits erfolgten Anhebung eine weitere Erhöhung geben: Der Grundfreibetrag steigt um 180 Euro auf 11.784 Euro. Im kommenden Jahr soll er um weitere 300 Euro auf 12.084 Euro angehoben werden, 2026 noch einmal um 252 Euro auf dann 12.336 Euro.

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Der steuerliche Kinderfreibetrag wird in diesem Jahr rückwirkend um 228 Euro auf 6.612 Euro erhöht. 2025 soll er um weitere 60 Euro auf 6.672 Euro steigen, 2026 noch einmal um 156 Euro auf 6.828 Euro. Die Zahlen für 2025 und 2026 sind vorläufig und können mit dem sogenannten Progressionsbericht im Herbst noch angepasst werden. Ausgehend von den bisher eingeplanten Werten wird ein Single mit einem zu versteuernden Einkommen von 30.000 Euro 2024 um 34 Euro im Jahr entlastet, 2025 um weitere 105 Euro und 2026 zusätzlich um 86 Euro. Bei einem Einkommen von 100.000 Euro wären es 34 Euro, 267 Euro und 220 Euro.

Kindergeld

2025 steigt das Kindergeld um fünf Euro pro Kind und Monat an. - © Jens Büttner
2025 steigt das Kindergeld um fünf Euro pro Kind und Monat an. (© Jens Büttner)

Ab Januar 2025 sollen Familien pro Monat und Kind 5 Euro mehr Kindergeld bekommen – also 255 statt bisher 250 Euro monatlich. 2026 steigt das Kindergeld um weitere 4 Euro auf dann 259 Euro. Die SPD fordert auch rückwirkend für dieses Jahr eine Anhebung – das lehnt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit Blick auf die kräftige Erhöhung 2023 aber ab.

Inflationsanpassung im Steuertarif

Die Grenzen bei der Einkommensteuer, ab denen der nächsthöhere Steuersatz fällig wird, werden mit der Inflationsrate nach oben verschoben – mit Ausnahme der Reichensteuer. Dieser Steuersatz, der mit 45 Prozent noch oberhalb des Spitzensteuersatzes von 42 Prozent liegt, soll weiterhin ab 227.826 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen gelten. Die Freigrenzen für den Solidaritätszuschlag dagegen werden auch angehoben. Mit der Verschiebung wird dafür gesorgt, dass die Steuerlast gemessen an der Kaufkraft gleich bleibt. Ohne die Anpassung würde zum Beispiel ein Gehaltsplus in Höhe der Inflation zu höheren Steuern führen – obwohl der Steuerzahlende sich gar nicht mehr leisten kann. Der Effekt wird als kalte Progression bezeichnet.

Steuerklassen

Die Kombination aus den Steuerklassen III und V wird abgeschafft. - © imago images/blickwinkel
Die Kombination aus den Steuerklassen III und V wird abgeschafft. (© imago images/blickwinkel)

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wird die bisherige Steuerklassen-Kombination III und V abgeschafft und durch die „Steuerklasse IV mit Faktor“ ersetzt. Weil die Finanzverwaltung für die technische Umsetzung offensichtlich viel Zeit braucht, wird das Verfahren aber erst zum 1. Januar 2030 umgestellt.

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Ziel der Reform ist es, die monatlich zu zahlende Steuerlast unter Berücksichtigung des Ehegattensplittings fairer auf beide Partner aufzuteilen. Bisher wählt die höher verdienende Person in der Regel die Klasse III, weil dort zwei Grundfreibeträge berücksichtigt werden. In der Klasse V ist dementsprechend gar kein Grundfreibetrag enthalten, weshalb die Belastung deutlich höher ist. Das gilt als Hemmnis für die Arbeitsaufnahme. Außerdem hängen auch viele Lohnersatzleistungen wie das Elterngeld vom Nettolohn ab und fallen bei Steuerklasse V entsprechend niedriger aus.

Das Faktorverfahren verteilt den Steuervorteil des Ehegattensplittings hingegen auf beide Partner, wie es ihren jeweiligen Anteilen am Gesamteinkommen entspricht. Die Wahl dieses Verfahrens ist bereits seit 2010 möglich. Es wird aber kaum genutzt, weil es zu kompliziert ist. Künftig soll das Verfahren weitgehend automatisiert erfolgen. Die Berechnungsgrundlage für die entsprechenden Faktoren ist das Vorjahreseinkommen.

Wichtig zu wissen: Die Steuerklassen bestimmen nur darüber, wie viel Beschäftigte von ihren monatlichen Gehaltszahlungen ans Finanzamt abführen müssen. Es handelt sich dabei um eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer. Die endgültige Belastung berechnet das Finanzamt erst im Steuerbescheid, wenn zuvor eine Steuererklärung abgegeben wurde. Die Wahl der Steuerklasse bestimmt also nicht die insgesamt zu zahlende Steuer, sondern schafft allenfalls mehr – oder bei falscher Festlegung – weniger Liquidität im Laufe eines Jahres. Der zweite wichtige Punkt: Das Ehegattensplitting wird durch die neue Regelung nicht angetastet. Es bleibt also dabei, dass bei der Berechnung der Steuerlast von Eheleuten oder Lebenspartnerschaften beide Einkommen zusammengerechnet werden. Auf die Hälfte dieses Betrags wird die Steuer berechnet und dann verdoppelt. Dadurch sinkt insbesondere bei starken Einkommensunterschieden die Steuerlast deutlich.