Kurz nach der erneuten Machtübernahme der Taliban sprach Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble von einer „moralischen Verpflichtung“, die Deutschland gegenüber den Afghanen habe. Der inzwischen verstorbene CDU-Politiker betonte damals: „Wir dürfen die Menschen nicht im Stich lassen.“ Die Bundesregierung aus Union und SPD lässt nun ausgerechnet jene Afghaninnen und Afghanen im Stich, die unter dem Taliban-Regime als besonders gefährdet gelten – und denen Deutschland die Aufnahme fest zugesagt hat. Das ist nicht nur rechtlich fragwürdig, sondern auch moralisch verwerflich.
Rund 2000 Afghaninnen und Afghanen mit einer Aufnahmezusage warten teils seit mehr als einem Jahr darauf, von der deutschen Botschaft in Islamabad ein Visum zu bekommen. Weil ihre Visa für Pakistan längst abgelaufen sind, haben die pakistanischen Behörden mehr als 200 davon nach Afghanistan abgeschoben – wo die Betroffenen jetzt um ihr Leben bangen.
Verantwortlich ist die schwarz-rote Bundesregierung, die wie schon ihre Ampel-Vorgängerin die Erteilung von Visa für Deutschland verschleppt. Die Koalition aus Union und SPD will die Aufnahmeprogramme beenden und hat die Einreisen aus Afghanistan ausgesetzt.
Bundesregierung muss Prozesse beschleunigen
Die gefährdeten Afghaninnen und Afghanen – darunter Frauenrechtlerinnen, Juristen und ehemalige Ortskräfte - sind längst zum Spielball der Bundespolitik geworden. Solange es politisch opportun erschien, ihnen zu helfen, wurden mit großen Worten Aufnahmeprogramme verkündet. „Wir handeln und erfüllen unsere humanitäre Verantwortung“, sagte die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Oktober 2022. Als die öffentliche Stimmung kippte, war es Faesers Ministerium, das Aufnahmen ausbremste.
Ihr Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU) führt nun Sicherheitsüberprüfungen als Erklärung ins Feld, warum sich die Aufnahmeverfahren noch über Monate hinziehen sollen. So notwendig Sicherheitsüberprüfungen sind – das Vorgehen wirkt wie eine weitere Verzögerungstaktik.
Die Bundesregierung muss die Prozesse beschleunigen, um die Betroffenen schnell aus der Gefahrenlage zu bringen. Sie muss mit Pakistan einen Abschiebestopp vereinbaren und für die Rückkehr der bereits abgeschobenen Afghanen sorgen.
Auch Glaubwürdigkeit Deutschlands steht im Fokus
Außenminister Johann Wadephul (CDU) teilte kürzlich mit, die Situation der in Pakistan mit einer Aufnahmezusage für Deutschland ausharrenden Afghanen bereite der Bundesregierung „große Sorge“. Das ist absurd, schließlich könnte die Bundesregierung diese Sorge selbst aus der Welt schaffen.
Die schwarz-rote Koalition trägt Verantwortung für das Leben dieser Menschen, die vor dem Nichts stehen, weil sie sich auf die Schutzzusage Deutschlands verlassen haben. Es geht daher auch um Glaubwürdigkeit. Deutschland hat diesen Menschen ein Versprechen gegeben. Es ist nicht an der Bundesregierung, dieses Versprechen zu brechen.