Meinung

Netanjahus gefährlicher Kurs in den ewigen Krieg

Israels Ministerpräsident will den Krieg ausweiten – trotz aller Kritik. Gut, dass die Bundesregierung endlich Konsequenzen zieht, sagt unser Autor Can Merey.

Menschen gehen eine Straße entlang, die von Gebäuden umgeben ist, die durch israelische Bombardierungen im Gazastreifen zerstört wurden. | © Jehad Alshrafi/AP/dpa

08.08.2025 | 08.08.2025, 17:23

Die Befreiung der Geiseln aus der Gewalt der Hamas ist eines der Ziele, mit denen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Ausweitung des Kriegs im Gazastreifen begründet. Dass er damit gegen den ausdrücklichen Willen vieler Angehöriger handelt, ficht ihn nicht an. Das Forum der Familien der Geiseln und Vermissten spricht von einem „Todesurteil“ für jene Verschleppten, die noch leben. „Unsere Regierung führt uns in eine kolossale Katastrophe, sowohl für die Geiseln als auch für unsere Soldaten.“

Auch die Warnungen seines eigenen Armeechefs ignoriert Netanjahu. Die regierungskritische Zeitung „Haaretz“ sieht Israel bereits „auf dem Weg zum ewigen Krieg“. Richtig ist: Die Hamas hat diesen Krieg mit dem Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 begonnen, und Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung. Doch dieses Recht rechtfertigt nicht das gigantische Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen – für das nicht nur die Hamas, sondern auch Netanjahu Verantwortung trägt. Nach 22 Monaten Krieg ist jede Verhältnismäßigkeit verloren gegangen.

Dieses Leid wird mit einer Ausweitung der Kämpfe zunehmen, warnt der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk. Er hat Israel wiederholt Verstöße gegen das Völkerrecht vorgeworfen und fordert ein sofortiges Ende des Kriegs. Doch nicht nur die wachsende Kritik im eigenen Land, auch die aus dem Ausland prallt an Netanjahu ab. Umso richtiger ist es, dass Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) endlich entschieden hat, keine Waffen mehr an Israel zu liefern, die im Gazastreifen eingesetzt werden können.

Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson. Netanjahus Kurs dürfte langfristig kaum der Sicherheit dienen. Staatsräson darf zudem kein Freibrief sein, etwaige Völkerrechtsverstöße zu tolerieren – und schon gar nicht, sie mit deutschen Waffen zu unterstützen.