Meinung

Bielefeld richtet eine waffenfreie Zone ein – doch das ist sicher nicht genug

Die Ursachen von Gewalt verschwinden nicht mit der Einrichtung einer Waffenverbotszone. Sie ist nur ein winziges Puzzleteilchen.

So ein Schild "Waffen verboten" wie hier in Leipzig wird es schon bald auch in Bielefeld geben. | © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbil

Andrea Rolfes
15.07.2025 | 15.07.2025, 18:01

Bielefeld. Es ist noch nicht so lange her, da klang das Wort Waffenverbotszone wie aus einem dystopischen Zukunftsroman. Eine Innenstadt, in der eigens darauf hingewiesen werden muss, dass Schusswaffen, Messer mit über vier Zentimeter langer Klinge oder Elektroschocker nicht mitgeführt werden dürfen – das schien überzogen. Zumindest in Ostwestfalen. Und doch ist es nun Realität. Auch in Bielefeld werden Teile der Innenstadt schon zeitnah zu genau solchen Zonen erklärt. Weitere Städte in der Region könnten bald folgen.

Die Einrichtung von Waffenverbotszonen suggeriert, dass Städte wie Hamm, Bielefeld oder Münster so gefährlich geworden sind, dass ohne spezielle Zonen keine Sicherheit mehr gewährleistet werden kann. Fakt ist, dass das Tragen der meisten Waffen in der Öffentlichkeit sowieso verboten ist.

Waffenverbotszonen sollen also die Normalität wiederherstellen. Positiv ist, dass sie der Polizei mehr Möglichkeiten geben, frühzeitig einzuschreiten. Sie wirken präventiv, weil sie das Mitführen gefährlicher Gegenstände in Kriminalitätshotspots sanktionieren.

Gefühlte Sicherheit und mehr Ordnung

NRW-Innenminister Herbert Reul spricht davon, dass potenziellen Tätern bereits Waffen abgenommen wurden, bevor es zur Tat kam. Das wäre ein echtes Plus. In einer Zeit, in der sich immer mehr Menschen – gerade an Bahnhöfen und in Innenstädten – unsicher fühlen, zählt das.

Zudem gilt, dass die Einführung solcher Zonen in der Regel keinen Schaden anrichtet. Wenn überhaupt, bringen sie ein Mehr an Ordnung und manchmal sogar an gefühlter Sicherheit. Doch sie sind kein Allheilmittel. Die Ursachen von Gewalt verschwinden nicht mit der Einrichtung einer Waffenverbotszone. Die Effekte solcher Maßnahmen sind klein. Sie können unterstützen, vielleicht auch an Brennpunkten beruhigen. Doch sie lösen nicht das Problem.

Denn das ist ein anderes. Und es fängt im jungen Alter an: Rund 23 Prozent der männlichen Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren gaben einer Studie zufolge an, schon einmal ein Messer mit sich geführt zu haben – vor allem zur Selbstverteidigung. Das Gefühl, sich schützen zu müssen, scheint weit verbreitet.

Soziale Probleme, Perspektivlosigkeit und Gewaltverherrlichung

Das ist ein irritierender Zustand, der eine gesellschaftliche Schieflage spiegelt und viel mit dem Erstarken spezieller männlicher Rollenbilder zu tun hat. Dazu kommen soziale Probleme, Perspektivlosigkeit und Gewaltverherrlichung in den sozialen Netzwerken. Eine Mischung, die es in sich hat.

Wer an die Wurzel des Problems will, braucht ein ganzes Bündel von Abwehrkräften: Gewaltprävention in sozial benachteiligten Stadtvierteln und an Schulen, Jugendsozialarbeit, Vermittlung von sozialen Kompetenzen, Familienunterstützung. Doch dafür fehlt immer öfter das Geld. Das ändert aber nichts an der zwingenden Erkenntnis, dass es nicht reicht, ein Waffenverbotszonen-Schild aufzustellen. Die eigentliche Arbeit liegt woanders.