Meinung

Streit um Digitalsteuer: Der NRW-Finanzminister beugt sich den US-Konzernen

NRWs Finanzminister Marcus Optendrenk macht sich zum Lobbyisten der US-Digitalkonzerne. Das ist mehr als ein Aufreger, meint unser Autor. Es ist ein Skandal.

Logos für Apps der US-Internetkonzerne Google , Amazon und Facebook sind auf dem Display eines Smartphones zu sehen. Seit Monaten ist eine Debatte um die Einführung einer Digitalsteuer für Techkonzerne entbrannt. | © picture alliance/dpa

Klaus Schrotthofer
08.07.2025 | 08.07.2025, 17:00

Marcus Optendrenk gilt als eher unauffälliger CDU-Funktionär, der allerdings 2022 das Unglück hatte, das Amt des Finanzministers in NRW zu erhalten. Seither bemüht er sich um die Haushaltsdisziplin im Land und muss eine mitteldynamische Finanzverwaltung am Laufen halten. Womöglich ist das selbst ihm zu unauffällig? Jetzt jedenfalls macht er sich zum Lobbyisten der US-amerikanischen Digitalkonzerne. Und das ist mehr als ein Aufreger. Es ist ein Skandal.

Rund 100 Milliarden US-Dollar hat der Google-Mutterkonzern Alphabet 2024 verdient, Amazon strich einen Gewinn von knapp 60 Milliarden, die Facebook-Mutter Meta rund 62 Milliarden ein. Hierzulande gilt, dass unternehmerischer Erfolg mit einer Verpflichtung für das Gemeinwohl verbunden ist. Ergo: Wer viel verdient, zahlt Steuern.

Auch deutsche Großkonzerne entwerfen gern komplizierte Konstrukte, um Umsätze am deutschen Finanzamt vorbei in Länder mit geringeren Steuersätzen zu verschieben. Aber kaum jemand hat darin eine solche Perfektion entwickelt wie die US-Internetriesen.

Techkonzerne bezahlen lächerlich geringe Steuern

Das liegt an eigensüchtigen europäischen Geisterfahrern wie Irland oder Luxemburg, die zulassen, dass die Amerikaner geradezu lächerlich geringe Steuern auf ihre europäischen Gewinne bezahlen. Das liegt aber vor allem am Geschäftsmodell selbst, das eben digital ist und deshalb ohne örtliche „Betriebsstätten“ auskommt, auf die eine nationale Finanzbehörde zugreifen könnte.

Genau deshalb soll eine Digitalsteuer zumindest für etwas mehr Gerechtigkeit sorgen. Würden digitale Transaktionen im Land der jeweiligen Kunden mit einer maßvollen Steuer belegt, müssten auch die US-Konzerne ihren fairen Beitrag zu jener Infrastruktur leisten, die ihnen ihr Geschäftsmodell erst ermöglicht.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) spricht sich klar gegen eine Digitalsteuer aus. - © Friso Gentsch/dpa
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) spricht sich klar gegen eine Digitalsteuer aus. (© Friso Gentsch/dpa)

Finanzminister sollte Interesse an Digitalsteuer haben

Man sollte meinen, dass ein deutscher Finanzminister größtes Interesse an einer solchen Regelung hat. Schließlich sammelt er Steuern bei eben jenen Einzelhändlern und mittelständischen Unternehmen ein, die von den US-Giganten auf unfaire Weise existenziell bedroht werden. Aber Herr Optendrenk findet, dass eine Digitalsteuer „Verunsicherungen“ schaffe und zudem den Zollstreit mit den USA „neu entfachen“ könnte.

Womöglich ist dem Minister entgangen, dass die Verunsicherung längst ganze Branchen erreicht hat, die von monopolistischen Digitalstrukturen unter Druck gesetzt werden? Vielleicht denkt er kurz darüber nach, woher der obszöne Reichtum stammt, mit denen sich die US-Milliardäre weltweit politischen Einfluss kaufen? Von Marcus Optendrenk hat man in diesen Kreisen vermutlich noch nichts gehört. Aber man wäre dem Finanzminister des größten Wirtschaftsstandorts in Deutschland sicher dankbar für derart kleinkarierte Politik.