Der heutige Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn hat nach der Corona-Pandemie ein Buch geschrieben: „Wir werden einander viel verzeihen müssen“ lautete der Titel. Wie viel, wird erst mit jahrelanger Verzögerung klar: Zwischen 2,3 Milliarden und 3,5 Milliarden Euro beträgt der Streitwert verschiedener Gerichtsverfahren, die Verkäufer von Corona-Schutzmasken gegen den Bund angestrengt haben, nachdem der damalige Gesundheitsminister Spahn ihnen ein unwiderstehliches Angebot gemacht hatte. Der Bund kaufte Masken ohne Mengenbeschränkung und Qualitätsprüfung für einen überhöhten Preis an.
2,3 Milliarden, gar 3,5 Milliarden Euro - beide Zahlen sind nur schwer vorstellbar. Rechnen wir sie also einmal um, anhand eines zufällig gewählten Beispiels: 243 Millionen Euro musste der Bund an Schadenersatz an das Pkw-Maut-Konsortium zahlen, mit dem Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) voreilig Verträge schloss, aus denen er dann nicht mehr herauskam. Um die 600 Millionen Euro Steuergelder könnte Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für die gescheiterte Northvolt-Batteriefabrik ins Marschland an der schleswig-holsteinischen Westküste gesetzt haben.
1 Spahn ergibt also um 10 bis 14 Scheuers, oder 4 bis 5 Habecks. Dennoch scheint sich die schwarz-rote Koalition darauf verständigt zu haben, dem mächtigen Unionspolitiker um des lieben Koalitionsfriedens willen keine Unannehmlichkeiten zu bereiten. Ein von Spahns Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) beauftragter Kontrollbericht ist seit Januar fertig, wird den Abgeordneten des Haushaltsausschusses aber nicht vorgelegt. Darin wird Spahn schwer belastet.
Die Opposition drängt zu Recht auf die Offenlegung des Berichts. Schließlich hat auch Spahn nie gefordert, wir müssten einander alles verzeihen.