Meinung

Bärbel Bas verleiht der SPD-Spitze neues Profil gegen die Merz-Union

Die Herausforderung der beiden künftigen Vorsitzenden besteht darin, ihre Partei im Blick auf künftige Kanzlerkandidatur einig zu halten und zu profilieren, meint unser Autor.

Bärbel Bas, designierte SPD-Parteivorsitzende, bei einer Pressekonferenz zur Neuausrichtung der Partei. | © Christophe Gateau/dpa

Thomas Seim
12.05.2025 | 12.05.2025, 16:59

Nun ist es also offiziell: Die Ex-Bundestagspräsidentin und neue Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas wird SPD-Parteivorsitzende. Sie wird das Amt in der Doppelspitze mit Vize-Kanzler und Finanzminister Lars Klingbeil übernehmen, wenn der Parteitag dies im Juni so bestätigt. Daran dürfte nach dem Rückzug von Saskia Esken aus der Funktion kein Zweifel bestehen.

Bärbel Bas ist eine sehr spannende Personalentscheidung. Die Duisburgerin hat eine bemerkenswerte Lebensgeschichte, die sie über eine Fachoberschulreife, eine Berufsfachschule, in der sie u.a. das Schweißen erlernte, die Tätigkeit als Sozialversicherungsfachangestellte in die Personalleitung einer Krankenkasse führte. Parallel engagierte sie sich im Rat ihrer Stadt und seit 2009 im Bundestag, dort bis zu ihrem Wechsel an die Spitze des Parlaments auch als Parlamentarische Geschäftsführerin. Viel mehr klassische Sozialdemokratie verkörpert kaum jemand in der Spitze der SPD.

Darin liegen Chance und Herausforderung. Chance, weil Bärbel Bas einen sehr bodenständigen Zugriff auf die Politik hat. Bereits vor zwei Jahren hat sie bei einem Besuch unserer Redaktion die Defizite der SPD-Politik beschrieben. Ihre Partei habe sich das Thema „Wie gelingt ein klimaneutraler und zugleich sozialverträglicher Umbau der Industrie?“ wegnehmen lassen, so ihre Diagnose. Die Marktlücke für die SPD sieht sie darin, diese Transformation sozialverträglich zu gestalten. Sie will Menschen mit Ideen begeistern, statt sie mit Verboten zu gängeln.

Mit ihrem Vorstoß zur Rente setzt Bas ein Zeichen

Das ist kein schlechter Rat. Die Frage sicherer Renten über die Beteiligung von Beamten an der Finanzierung deutet einen solchen Kurs an. Zwar ist der Aufschrei des Koalitionspartners groß. Allerdings ist es ein für die Zukunft berechtigter Vorstoß, über den man inhaltlich streiten muss, vor allem wenn man sich über sichere Renten bis 2031 mit der Union geeinigt hat. Es geht um die Zeit danach. Außerdem sollten CDU und CSU bedenken: Eine Beteiligung von Beamten hatte schon ihr Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm als Lösung vorgeschlagen – und sie wird ja in Teilen über den Steuerzuschuss bereits vollzogen.

Die Herausforderung der neuen SPD-Doppelspitze aus den Landesverbänden NRW und Niedersachsen, Klingbeil und Bas, besteht darin, die eigene Partei trotz aller denkbaren Konkurrenz im Blick auf eine Kanzlerkandidatur einig zu halten und zugleich gegen den Koalitionspartner des Kanzlers Friedrich Merz zu profilieren. Dabei kann die aufgebaute enge Zusammenarbeit der Landesverbände sicher helfen. Aber diese Aufgabe ist mit dem Risiko des persönlichen Konflikts und Scheiterns verbunden, wie man aus der Erinnerung an die Doppelspitze Schröder/Lafontaine weiß.

Gleichwohl ist es eine spannende Herausforderung, die der SPD ein völlig neues Profil geben kann.